12 - Tod Bei Vollmond
sie überrascht an. »Woher weißt du das?«
»Das war nur geraten«, erwiderte sie leise. »In einer Stunde werden wir zum Abendessen erscheinen.«
K APITEL 15
»Können wir wirklich nichts unternehmen, bis Accobrán zurück ist?« wollte Eadulf wissen, als sie in ihrem Zimmer unter sich waren. »Ich hätte gedacht, daß es für uns eine Menge zu tun gibt. Was ist zum Beispiel mit Gobnuid? Und Bruder Dangila und Goll müssen uns auch einiges erklären.«
»Du bist zu ungeduldig, Eadulf«, erwiderte Fidelma ruhig. »Ich verliere unseren Auftrag schon nicht aus den Augen. Wenn alles gutgeht, werden wir morgen mit unserer Untersuchung fortfahren. Doch nun zeig mir den Goldklumpen, den ihr gefunden habt.«
Eadulf griff in sein marsupium und holte ihn hervor. Fidelma betrachtete ihn eingehend.
»Ich würde sagen, daß Menma recht hat. Es ist echtes Gold, so wie bei Síoda. Macht dich das nicht stutzig?«
»Ich dachte, wir suchen eigentlich nach dem Mörder der drei Mädchen, oder?«
»Scientia potestas est« , erwiderte Fidelma leise. »Wissen ist Macht. Du führst doch immer gern derartige Sprüche im Munde, Eadulf.«
»Ich begreife einfach nicht, was die Geschichte des Hügels mit dem Mord an den drei Mädchen zu tun hat. Wir wissen nur, daß ein Verrückter sie bei Vollmond tötete. Ich verstehe auch nicht, was es mit dem alten Stollen auf sich hat, außer, daß es dort immer noch Gold gibt. Und überhaupt sehe ich, was die Morde angeht, kein Licht am Horizont.«
»Dann solltest du dich an eine andere Maxime erinnern – perspicuam servare mentem . Wenn du einen klaren Kopf bewahrst und dich nicht von Nebensächlichkeiten ablenken läßt, wirst du die Wahrheit erkennen.«
Am nächsten Morgen, als es immer noch keine Nachricht von Accobrán gab, nahmen Fidelma und Eadulf die Pferde und ritten zu Goll hinaus. Sobald sie auf die Lichtung vor seiner Hütte gelangten, öffnete sich die Tür und Gabrán erschien. Er sah sie überrascht an und blieb mit finsterem Gesicht am Eingang stehen.
»Ich dachte, daß ich nun von jedem Verdacht befreit bin«, begrüßte er sie mürrisch.
Eadulf war erstaunt, wie unhöflich der junge Mann auftrat, nach all dem, was Fidelma für ihn getan hatte. Fidelma blickte auf Gabrán hinunter.
»Wie du weißt, bist du, was Lesrens Tod betrifft, über jeden Verdacht erhaben. Doch die anderen Morde sind noch nicht aufgeklärt.«
»Auch da hat man mich von Lesrens falschen Anschuldigungen freigesprochen«, erwiderte Gabrán herausfordernd.
Fidelma schwang sich vom Pferd und stellte sich vor den streitlustigen jungen Mann.
»Ich möchte mit deinem Vater reden«, sagte sie mit strenger Stimme, daß er blinzeln mußte und einen Schritt zurücktrat. »Wo ist er?«
Gabrán zögerte, doch dann zeigte er auf einen der Schuppen. »Dort hinten.«
»Danke. Und wo ist deine Mutter?«
»Sie ist am Fluß Wäsche waschen. Soll ich sie rufen?«
»Nein, wir wollen Goll sprechen.« Fidelma ging zu dem Schuppen hinüber, auf den Gabrán gezeigt hatte. Eadulf stieg nun auch vom Pferd und band die Tiere an einem Pfahl fest. Dann folgte er ihr. Gabrán blickte ihnen mißtrauisch hinterher.
Die Tür zum Schuppen war offen. Drinnen stand Goll über eine Werkbank gebeugt; er war gerade damit beschäftigt, ein großes Stück Holz zu polieren. Sogar Eadulf bemerkte, daß es sich um ein Stück roter Eibe handelte, in das gewundene Muster geschnitzt waren.
»Gott sei mit dir, Goll«, sagte Fidelma, während sie die Tür weiter aufstieß und eintrat. Goll schaute verblüfft auf.
»Was wollt ihr hier?« fragte er mißgelaunt.
»Ich könnte schwören, Goll, du und dein Sohn, ihr freut euch nicht gerade darüber, die dálaigh zu sehen, die eine gerichtliche Fehlentscheidung von eurer Familie abgewendet hat«, sagte Fidelma erheitert.
Goll rang sich ein Lächeln ab. Er legte den Polierlappen beiseite und griff nach einem anderen für seine Hände.
»Verzeiht. Ich bin gerade sehr beschäftig.« Er bemerkte Eadulfs Blick auf die Schnitzerei. »Das ist ein Türsturz. Er ist für die Kapellentür der Abtei. Der Abt hat ihn schon vor einer Weile in Auftrag gegeben. Entschuldigt meine mangelnde Höflichkeit. Tut mir leid. Ich bin sehr dankbar für das, was ihr für meinen Sohn getan habt.«
Er schaute von Eadulf zu Fidelma. »Was gibt es?«
»Da draußen steht eine Bank«, sagte Fidelma. »Setzen wir uns dort einen Moment.«
Goll nickte und folgte ihnen vor die Tür.
»Was weißt du vom Eberdickicht,
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