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12 - Tod Bei Vollmond

12 - Tod Bei Vollmond

Titel: 12 - Tod Bei Vollmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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sie. Sein Gesicht blieb unverändert.
    Sie ließ sich vom Pferd herab, und er begrüßte sie mit starkem Akzent, aber in ihrer Muttersprache: »Gesegnet seist du, Fidelma von Cashel.«
    »Es ist sehr unklug, so allein unterwegs zu sein, Bruder Dangila«, erwiderte sie ohne Umschweife auf griechisch. »Die Leute hier sind immer noch in Panik, und wir sind weit davon entfernt, geklärt zu haben, wer der Mörder ist. Du solltest dich nicht außerhalb des schützenden Klosters aufhalten.«
    Bruder Dangila neigte würdevoll den Kopf.
    »Danke, daß du dich so um mich sorgst, Fidelma von Cashel«, antwortete er nun auch auf griechisch. »Der Gott König Salomos wird mich beschützen. Ich fürchte mich nicht.«
    Fidelma schlang die Zügel ihres Pferdes um einen kleinen Strauch und setzte sich dann auf einen der Steine, die längs hingestreckt lagen. Der hochgewachsene Aksumiter nahm ebenfalls wieder Platz und betrachtete sie neugierig.
    »Der Abt hatte mir versichert, daß du die Abtei nicht verlassen würdest«, sagte sie gereizt.
    »Hast du mich nur aus Sorge um mein Wohlergehen gesucht?« fragte er. Er lächelte dabei leicht, als wüßte er es besser. Einen Moment lang war Fidelma verlegen. Auf einmal fixierten ihre Augen sein weißes wollenes Gewand.
    »Heute trägst du ja gar nicht dein silbernes Kreuz«, stellte sie fest.
    Sofort fuhr Bruder Dangilas Hand an seinen Hals. Er zögerte erst, doch dann nickte er. »Ich muß es im Dormitorium vergessen haben. Keine Angst. Dort liegt es gut, ich glaube, ich weiß auch, wo. Hat dich also doch die Sorge um mich hierhergeführt?«
    Dabei hob sich fragend eine Augenbraue, die einzige Regung im Gesicht des fremden Mannes.
    »Sind das die Steine, die man den Steinkreis der Wildschweine nennt?« fragte sie.
    »Ich glaube, ja«, erwiderte Dangila ernst. »Die Steine sehen aus wie kleine Frischlinge, die sich um die Bache geschart haben.«
    »Und hier wurde …?« Sie ließ die Frage offen.
    »So hat man es mir gesagt.«
    Sie wartete eine Weile, und als ihr Gegenüber nicht sprach, fragte sie: »Kommst du oft hier auf den Hügel, um zu meditieren?«
    »Mein Volk sinnt gewöhnlich auf diese Weise über die Werke des Gottes von König Salomo nach, aus dessen Samen mein Volk abstammt«, erwiderte Bruder Dangila. »Steht nicht in den Psalmen geschrieben: ›Wenn ich sehe den Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst?‹«
    In seinem Griechisch hatten die Worte des Psalms einen wunderbaren Klang.
    »Dann kommst du also nachts her, um Mond und Sterne zu betrachten?« entgegnete sie schnell.
    Bruder Dangila blickte sie lächelnd an. »Du hast einen flinken Verstand, Fidelma von Cashel.«
    »Ich schätze, daß Brocc dich in jener Nacht gesehen hat, nicht wahr?«
    »Habe ich das zugegeben? Wen immer Brocc gesehen haben mag, er muß ihn identifizieren. Ehe er das nicht getan hat, gibt es nichts weiter zu sagen.«
    »Das kann er nicht. Das weißt du genausogut wie ich. Was mich bewegt, ist, daß man am nächsten Tag Escrachs Leiche ganz in der Nähe fand, und zuvor die Leiche von Beccnat.«
    »Ich gebe dir mein Wort, ich habe sie nicht umgebracht«, erwiderte er mit ruhiger Stimme.
    »Dann wollen wir eine Hypothese aufstellen.«
    »Welcher Art?«
    »Brocc denkt, daß derjenige, der auf dem Felsen saß und den Sternenhimmel betrachtete, böse Absichten hegte, insbesondere da es bei Vollmond war und genau in jener Nacht seine Nichte umgebracht wurde.«
    »Das, was Broccs Gedanken so in Aufruhr versetzt, ist etwas, das ganz allein in ihm begründet liegt«, entgegnete Bruder Dangila. »Ich bin nicht verantwortlich für seine Gedanken.«
    »So könntest du vielleicht eine unschuldigere Erklärung dagegenhalten. Gehen wir doch von einer anderen Annahme aus, um zu sehen, worin diese harmlosere Deutung bestehen könnte.«
    Der Aksumiter dachte einen Augenblick nach, dann zuckte er die Schultern. »Nehmen wir einfach mal an, daß da ein Mann wie ich gesessen hat, der Gottes Schöpfung betrachtete und die Sterne auf ihren Bahnen durch das All beobachtete. Er war einzig in die Geschehnisse am Himmel vertieft und sah nichts um sich herum. Er würde sagen, er sei nach einer Weile wieder fortgegangen – ohne irgend etwas von den bösen Taten mitbekommen zu haben.«
    »Du und deine Gefährten – ihr interessiert euch für die Bahnen der Sterne?«
    »Diese Wissenschaft ist schon sehr alt, Fidelma von Cashel. Dein Volk befaßt sich

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