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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Architekt, nicht? Hat Mr. Brouard von ihm etwas Besonderes verlangt?«
    »Wenn ja, hatte Nobby an dem Abend vor Mr. Brouards Tod keine große Lust, es ihm zu geben«, erklärte Valerie. »Sie haben nach dem Feuerwerk drüben beim Ententeich gestritten. ›Ich lass mich von Ihnen nicht in den Ruin treiben‹, hat Nobby gesagt. Würde mich interessieren, was er damit gemeint hat.«
    Das war ein allzu durchsichtiger Versuch, ihn von ihren Verwandten abzulenken. St. James dachte nicht daran, sich so leicht abschütteln zu lassen. Er sagte: »Seit wann arbeiten Sie und Ihr Mann schon für die Brouards, Mrs. Duffy?«
    »Seit dem ersten Tag.« Sie sah demonstrativ auf die Uhr.
    »Sie kennen also ihre Gewohnheiten.«
    Sie antwortete nicht gleich, aber ihre Augen verengten sich ein klein wenig, als sie überlegte, was hinter der Bemerkung stecken könnte. »Gewohnheiten?«, sagte sie.
    »Zum Beispiel Mr. Brouards Gewohnheit, jeden Morgen zu schwimmen.«
    »Davon wusste jeder.«
    »Auch von dem Getränk, das er jeden Morgen zu sich nahm? Dem Ginkgo- und Grüntee? Wo wurde der übrigens aufbewahrt?«
    »In der Küche.«
    »Wo genau?«
    »Im Schrank in der Speisekammer.«
    »Und Sie arbeiten in der Küche?«
    »Wollen Sie etwa behaupten, dass ich -«
    »Wohin Ihre Nichte kam, wenn Sie mit Ihnen reden wollte und wohin auch Ihr Bruder kam - wenn er auf dem Gelände tätig war -, um ein bisschen mit Ihnen zu plaudern?«
    »Die Küche steht allen offen, die hier im Haus ein und aus gehen. Wir halten hier nicht auf Förmlichkeit. Wir machen keine feinen Unterschiede je nachdem, was einer ist oder tut. So was gibt's in diesem Haus nicht. Das ist nicht die Art der Brouards und ist es nie gewesen. Das war auch der Grund, weshalb -« Sie brach ab. Packte das Lakenbündel fester.
    »Das war der Grund, weshalb...?«, wiederholte St. James fragend.
    »Ich hab Arbeit«, erklärte sie. »Aber ich würde Ihnen gern was sagen, wenn Sie nichts dagegen haben.« Sie wartete nicht auf seine Zustimmung. »Unsere Familienangelegenheiten haben mit Mr. Brouards Tod nichts zu tun, Mr. St. James. Aber ich denke, wenn Sie ein bisschen weitergraben, werden Sie feststellen, dass die von jemand anderem damit zu tun haben.«

19
    Frank war nach der Rückgabe der Pastetenform nicht so schnell wieder von Betty Petits Hof weggekommen, wie er gehofft hatte. Betty, die verwitwet und kinderlos war, bekam selten Besuch, und wenn einmal jemand vorbeikam, musste er zu Kaffee und frischen Brioches bleiben. Hätte Frank nicht seinen Vater vorschieben können, so wäre ein Aufbruch vor Ablauf einer Stunde nicht möglich gewesen.
    Der Satz: Ich kann meinen Vater nicht lang allein lassen, leistete ihm, wenn nötig, gute Dienste.
    Als er auf den Mühlplatz fuhr, sah er als Erstes den Escort, der neben seinem Peugeot stand. Ein großer Harlekin-Aufkleber auf dem Rückfenster verriet, dass es ein Mietwagen einer Agentur auf der Insel war. Sein Blick flog sofort zum Haus, dessen Tür offen stand, wie er mit einem Stirnrunzeln bemerkte. Als er hinkam, rief er »Dad?« und »Hallo?«, dann war ihm klar, dass das Haus leer war.
    Das ließ nur eine Schlussfolgerung zu. Frank rannte zum ersten der beiden Häuser, in denen ihre Sammlung untergebracht war. Was er hinter dem kleinen Fenster der ehemaligen Wohnstube erblickte, als er daran vorüberkam, jagte ihm das Blut in den Kopf. Der Bruder dieser Amerikanerin, dieser River, stand mit einer Rothaarigen an seiner Seite neben dem Aktenschrank. Die oberste Schublade war offen, und vor ihr stand sein Vater, eine Hand um den Rand der Schublade geklammert, um sich aufrecht zu halten. Mit der freien Hand kämpfte er mit einem Packen Papiere, den er herauszuziehen versuchte.
    Mit drei Schritten war Frank an der Haustür und stieß sie auf. Das aufgequollene Holz schrammte quietschend über den alten Fußboden. »Was, zum Teufel, ist hier los?«, rief er scharf. »Was tun Sie hier? Dad! Lass das! Die Dokumente sind brüchig.« Was natürlich jeden vernünftigen Menschen zu der Frage veranlassen musste, warum sie dann in einem ungeordneten Wust in diese Schublade hineingestopft waren. Aber jetzt war nicht der Moment, sich davon nervös machen zu lassen.
    Als Frank durch das Zimmer stürmte, blickte Graham auf. »Es ist Zeit, mein Junge«, verkündete er. »Ich hab's immer wieder gesagt. Du weißt, was wir zu tun haben.«
    »Hast du den Verstand verloren?«, fuhr Frank ihn an. »Weg von der Schublade.« Er packte seinen Vater am Arm und

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