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120, rue de la Gare

120, rue de la Gare

Titel: 120, rue de la Gare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Eindeutiges Ergebnis: Das hier ist die Waffe, mit der Ihr Freund erschossen wurde. Seien Sie mal ehrlich, Burma... Als wir das Ding in Carhaix’ Küche gefunden haben, haben Sie das doch geahnt, oder?“
    „Ach“, wehrte ich ab. „Wodurch hätte ich darauf kommen sollen? Durch das Kaliber? Es gibt mehr als eine Automatic mit 32er Kaliber.“
    „Stimmt. Einiges konnten Sie noch nicht wissen. Zum Beispiel, daß die Kugeln in Colomers Leiche aus einer Pistole ausländischen Fabrikats stammten. Das hat uns zuerst auf die falsche Spur gelockt, es handele sich um ein politisches Verbrechen. Ich glaube, Sie haben auch so was erwähnt...“
    „Allerdings.“
    „Mein Fehler, muß ich gestehen. Ich hätte daran denken müssen, daß internationale Verbrecher wie Jo Tour Eiffel und seine Bande nur ausländische Waffen benutzen.“
    „Jo Tour Eiffel?“
    „Ach ja, das Schönste kennen Sie noch gar nicht! Was meinen Sie: Wie hieß der Mann, der Sie gestern nacht überfallen hat?“
    „Hören Sie auf, mich auf den Arm zu nehmen. Auch wenn Lyon die Hauptstadt des Spiritismus’ ist, glaub ich nicht daran, daß sich die Toten hier versammeln, um mit Pistolen zu spielen.“
    „Nein, nein! Jo ist nicht Colomers Mörder, wenn Sie das damit sagen wollten. Colomers Mörder — und Ihrer, wenn ich mich so ausdrücken darf — ist ein gewisser Paul Carhaix. Jedenfalls steht dieser Name in seinem Wehrpaß. Aber ich glaube lieber an diese beiden kleinen Zeichnungen. Die kann man nämlich nicht verändern...“
    Er legte mir zwei weitere Fotos vor.
    „Sehen wir uns diese Fotos aus dem Familienalbum an“, sagte er lachend. „Nr. 2: die Fingerabdrücke der Leiche dieses Carhaix. Nr. 1: die Fingerabdrücke eines gewissen Paul Jalome. Ein alter Bekannter von uns, nebenbei bemerkt. Mit einer beeindruckenden Visitenkarte: aus dem Zentralgefängnis ausgebrochen, Aufenthaltsverbot, Sicherheitsverwahrung und... Mitgliedschaft erst in der Bande von Georges Parry, dann in der von Villebrun. Carhaix und Jalome sind ein und derselbe. Na, geht Ihnen ein Licht auf?“
    Überrascht schnippte ich mit den Fingern. Zu einer richtigen Antwort ließ mir Bernier keine Zeit:
    „Colomer muß den ehemaligen Komplizen des Perlendiebs wohl aufgespürt haben. Erinnern Sie sich an die Zeitungsausschnitte Ihres Mitarbeiters? Aber ich glaube nicht, daß er nur alleine deswegen umgebracht wurde. Jalome hätte auch zu fliehen versuchen können. Schließlich waren Colomers Möglichkeiten begrenzt. Nein, da ist noch was anderes. Dieser Paul Jalome-Carhaix ist nicht nur der Komplize von Jo Tour Eiffel gewesen, sondern auch der von Villebrun. Der ist vor kurzem aus der Haft entlassen worden und unserer Meinung nach fähig, sich zu rächen. Was wäre einfacher für den ehemaligen Bankräuber als sich durch die Hand seines Komplizen rächen zu lassen, der damit auch gleichzeitig einen lästigen Zeugen gegen sich selbst verschwinden lassen könnte? Sie werden einwenden, daß diese Pfade etwas zu verschlungen sind für einen kleinen Ganoven. Aber ich sage Ihnen, in der Unterwelt sind die Wege oft sehr verschlungen. Das wissen Sie so gut wie ich.“
    „Allerdings“, stimmte ich dem Kommissar zu. „Aber trotzdem... Warum hat Colomers Mörder auf dem Bahnhof von Perrache eine Pistole benutzt, gegen mich auf der Brücke aber nur seine Fäuste gebraucht? Wieder ein verschlungener Gedankenpfad?“
    „Der Lärm, Monsieur Burma, der Lärm...“ Er nahm die Waffe wieder in die Hand. „Der Aufsatz, den Sie hier sehen, ist ein Schalldämpfer Marke Hornby. Mit dem Ding kann man im Getöse eines Bahnhofs unbemerkt einen Schuß abgeben. Vor allem, wenn eine Kapelle schmissige Blasmusik spielt. In der nächtlichen Stille dagegen ist ein Schuß trotz Schalldämpfer zu hören. Doch ich will Ihnen offen sagen, daß meiner Meinung nach Paul Jalome sich nicht freiwillig den Bahnhof von Perrache als Tatort ausgesucht hat. Ich glaube, er ist Colomer gefolgt und hat ihn dann... äh... gezwungenermaßen erschossen. Als nämlich Ihr Mitarbeiter zu Ihnen ans Abteilfenster gerannt ist, hat der Mörder befürchtet, Colomer würde Ihnen wichtige Dinge enthüllen. Da ist er aufs Ganze gegangen.“
    „Aber was wollte Bob auf dem Bahnsteig?“
    Bernier trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte.
    „Ist das nicht klar? Colomer wollte aus Lyon fliehen. Hatte sich an einen zu großen Fisch gewagt. Jalome alleine, das ging ja noch. Aber mit Villebrun im Rücken wurde es zu schwierig.

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