1202 - So enden sie alle
gefallen.
Carlotta erschrak vor ihrer eigenen Courage. Der Professor bewegte sich nicht. Sie befürchtete, dass er nicht mehr lebte.
Sie wollte keine Mörderin sein. Sie hatte sich von ihrer Wut übermannen lassen, und nur so hatte sie den Professor überraschen können.
Zitternd und nach Atem ringend beugte sich das Vogel-Mädchen vor. Das Licht reichte aus, um den Mann richtig sehen zu können. Seine Haut hatte einen Stich ins Bläuliche bekommen, und am Hals des Mannes entdeckte Carlotta die Spuren ihrer Finger.
War er tot?
Nein, er lebte. Er atmete schwach. Es war mehr ein Röcheln.
Carlotta fiel ein Stein vom Herzen. Sie schluchzte auf, machte kehrt und lief auf die offene Tür zu.
Wie schon einmal, als sie es geschafft hatte, ihrer Welt zu entwischen…
***
»Ratlos?« fragte Maxine.
Suko zuckte mit den Schultern. »Nicht unbedingt. Wir leben noch, und das allein zählt.«
Die Tierärztin konnte ein Lachen nicht unterdrücken. »Ja, wir leben noch. Aber alles andere kannst du vergessen. Ich fühle mich hier wie in einer Gruft, aus der es kein Entrinnen gibt. Nach oben lassen wird man uns nicht mehr, und hier unten funktioniert nicht mal ein Handy. Perfekt gemacht.«
Da hatte sie Recht. Es sah nicht gut aus, was ihre Befreiung anging. Ein kleines Fenster, zudem noch vergittert, ließ etwas frische Luft in den Raum, der mal als Dusche oder Bad benutzt worden war. Die Luft fuhr durch einen Kamin nach unten, der auf der anderen Seite Kontakt zu einer Außenwelt hatte, von der Maxine und Suko nur träumen konnten.
Sie hatten keine Chance gegen Babur und dessen Maschinenpistole gehabt. Er war hinter ihnen hergegangen, mit dem Finger am Abzug. Eine falsche Bewegung ihrerseits, und es wäre vorbei gewesen. So hatten sie sich in ihr Schicksal ergeben.
Obwohl Suko die Augen offen gehalten hatte, war ihm nicht die Möglichkeit gegeben worden, an seinen Stab zu gelangen.
Babur war einfach zu aufmerksam gewesen. Zudem hatte Suko seine Hände hinter dem Nacken verschränken müssen.
Und dort spürte er noch den Druck. Nach dem Aufschließen der Tür hatte Babur blitzschnell zugeschlagen und Sukos Hinterkopf getroffen. Der Inspektor war in das Gefängnis hineinkatapultiert worden. Seine Auszeit hatte nur wenige Sekunden betragen, doch die hatte dem Killer ausgereicht, die Tür zuzuschlagen und blitzartig abzuschließen.
Sie hingen fest.
Zum Glück gab es Licht. Eine alte, mit Staub bedeckte La mpe wirkte wie eine Totenleuchte. So waren der schmutzige Boden aus Fliesen und die drei verrosteten Duschtassen zu sehen, die in der Decke befestigt waren und kein Wasser mehr abgaben. An der Wand dahinter klebte Schimmel, der aussah, als hätte jemand dort mit graugrüner Farbe gestrichen.
Maxine hatte sich mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt und die Arme vor dem Körper verschränkt. »Was meinst du, wie lange man uns hier schmoren lässt?«
»Bis gewisse Dinge geregelt sind.«
»Super. Und welche?«
Suko sah die Dinge gelassener. »Ich denke, dass Elax schon in gewissen Schwierigkeiten steckt. Bisher ist alles für ihn glatt gelaufen, nun aber weiß er, dass wir ihm auf der Spur sind. Nicht nur wir wissen Bescheid, auch Carlotta. Ihr ist die Flucht gelungen, sie hat reden können, und er wird darüber nachdenken, mit wem sie alles Kontakt gehabt hat. Wenn er schlau ist, geht er davon aus, dass wir nicht die Einzigen sind, mit denen sie gesprochen hat. Er wird erst mal zusehen, dass er sie zurückbekommt. Genau das, schätze ich, wird nicht einfach sein.«
»Du denkst dabei an John?«
»Ja.«
»Ist er denn wirklich ein so guter Schutzengel?«, fragte Maxine zweifelnd. »Ich will ihm nichts. Ich habe ihn erlebt, ich fand sein Eingreifen damals toll, aber wir müssen auch davon ausgehen, dass sie ihn jagen werden. Um an Carlotta heranzukommen gehen sie über Leichen.«
»Stimmt.«
Die Tierärztin schüttelte den Kopf. »Wie kannst du da nur so ruhig und locker sein?«
Suko gestattete sich ein Lächeln. »Wenn jemand so viele heikle Situationen erlebt hat wie ich, dann muss er so reagieren. Warum soll ich mich verkrampfen? Warum soll ich mich innerlich fertig machen lassen? Ich muss es einfach so nehmen wie es ist. Und bisher hat es für mich noch immer eine Chance gegeben, das darfst du nicht vergessen. Trotz allem, was John und ich schon erlebt haben. Deshalb kann ich mir diese - sagen wir Lockerheit - leisten.«
»Danke.«
»Wofür?«
»Dafür, dass du mich aufheitern willst.«
Er winkte ab. »Das
Weitere Kostenlose Bücher