1202 - So enden sie alle
und zunächst zu Atem kommen musste.
»Ich habe mich selbst befreit«, sagte sie dann.
»Wie denn?«
Suko griff ein. Er zog Maxine von Carlotta weg. »Bitte, lass sie erst mal nachdenken.«
»Entschuldige.«
Carlotta dachte nicht lange nach. Sie schaute in die gespannten Gesichter und erzählte mit leisen Worten, was sie in der Zwischenzeit geschafft hatte. Dass sie sich endlich auf ihre Kräfte verlassen hatte und es ihr gelungen war, Elax zu überwältigen.
»Dann habe ich euch gesucht.«
»Gut«, lobte Suko die Kleine. »Aber was ist mit Babur? Hast du den auch gesehen?«
»Nein, den nicht. Ich weiß nicht, wo er steckt. Aber er ist bestimmt noch hier unten.«
»Und wie bist du an den Schlüssel gelangt?«
»Draußen neben der Tür ist ein kleiner Kasten. Da hat er gelegen. Babur muss ihn extra dort hingelegt haben, damit auch andere zu euch kommen können.«
Das konnte durchaus sein. Es war zudem zweitrangig. Zunächst zählte, dass sie nicht mehr eingeschlossen waren. Suko ging zur Tür und spähte sehr vorsichtig nach draußen.
»Siehst du was?«, fragte Maxine,
»Nein.«
»Dann können wir ja…«
»Nicht so schnell, Max. Wichtig ist, welche Meinung Carlotta dazu hat. Du kennst dich hier unten doch aus - oder?«
»Klar, ich war lange genug hier.«
»Wunderbar. Und hast du schon einen Plan?«
»Es wird schwer sein, hier herauszukommen. Der Fahrstuhl kann nicht so einfach betreten werden. Man braucht eine Karte.«
»Wer hat sie?«
»Der Professor, die Cannon und auch Babur, denke ich.«
»Dann müssen wir sie uns holen«, sagte Maxine mit einem Blick auf Suko.
»Sicher.«
»Aber da gibt es noch ein anderes Problem, bei dem uns Carlotta helfen kann.« Maxine trat dicht an das Vogel-Mädchen heran und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Du hast von anderen Kindern gesprochen, die hier unten festgeha lten werden. Stimmt das? Oder habe ich mich verhört?«
»Nein, das hast du nicht.«
»Können wir sie sehen?«
Carlotta überlegte. »Ja«, sagte sie schließlich und senkte den Kopf. »Ich weiß, wo sie sind. Aber das ist nicht der Weg zum Ausgang, das muss ich schon sagen.«
»Spielt keine Rolle. Wir wollen sie auf keinen Fall in den Fängen dieser Verbrecher lassen.«
Suko war da skeptischer. Es kam auf die Menge der Kinder an. Wenn es zu viele waren, konnten sie wohl kaum alle auf einmal befreit werden.
Maxine drehte Suko den Kopf zu. »Gehen wir?«, fragte sie.
»Ja, ich übernehme die Spitze.«
Suko zog die Tür wieder auf. Zuvor hatte er noch einen Blick in das Gesicht des Vogel-Mädchens geworfen. Die Anspannung hatte bei ihr eine Gänsehaut hinterlassen. Sie wollte lächeln, doch mehr als ein Zucken der Lippen brachte sie nicht fertig.
Er zog die Tür wieder auf. Im kahlen, mäßig beleuchteten Gang zeigte sich kein Mensch. Tiefe Stille lastete über dieser unfreundlichen Umgebung.
Suko winkte den beiden zu.
Auch sie verließen den alten Duschraum. Maxine hatte Carlotta wie ein Kind an die Hand genommen. Sie war in diesen Augenblicken so etwas wie ein Mutterersatz, und sie sah so aus, als wollte sie das Vogel-Mädchen nie mehr loslassen…
***
Die Fahrt in die Tiefe dauerte nicht lange. Obwohl wir uns in einem engen Raum befanden, hatte ich meine Waffe nicht weggesteckt. Nach wie vor zielte die Mündung auf Dr. Shirley Cannon, deren Gesichtsausdruck noch kälter und überheblicher wirkte als sonst. Sie blickte mich an, aber sie schaute auch durch mich hindurch und hielt die Lippen zusammengepresst.
Mit mir reden wollte sie nicht. Ihre Pupillen waren blass. Es wäre mir schwer gefallen, dort eine Farbe zu erkennen.
Nach einem kurzen Rucken stoppte die Kabine.
»Sie gehen zuerst!«, sagte ich.
»Klar.«
Shirley drehte mir den Rücken zu und verließ den Lift. Sie betrat als Erste einen grauen Flur oder Gang, in dem mir die kahle Wand auffiel, aber auch die Türen an der gegenüberliegenden Seite. Was sich dahinter verbarg, war leider nicht zu sehen.
Shirley Cannon bemerkte meine Uns icherheit und meinte:
»Sie haben die Wahl, Sinclair.«
»Weiß ich. Bis jetzt war Ihr Chef, Professor Elax, ein Pha ntom. Das soll sich ändern. Führen Sie mich zu ihm. Ich möchte die Besichtigung hier unten gern zu dritt durchführen.«
»Wie Sie wollen.«
Furcht zeigte die Frau nicht. Sie schaute meinen Revolver gar nicht an, als sie mich passierte. Als wollte sie irgendwo einen Besuch machen, ging sie recht locker vor mir her, bis sie eine bestimmte Tür erreichte und davor
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