1203 - Die Höllenfratze
hinschauen. Sie gingen leicht zu den Seiten hin weg, aber sie fielen auf die Knie. Es war ein fester Busen, ideal nicht nur, um ihn zu malen. Die beiden Brustwarzen waren leicht aufgerichtet und erinnerten an dunkelrote Knospen. Die Hüften und Oberschenkel waren wohlgeformt.
Jane sah, dass Roberta nicht zum ersten Mal Modell saß. Sie schlug die nackten Beine mit einer routinierten Bewegung übereinander und faltete ihre Hände am Hinterkopf zusammen.
Eine Haltung, an die man sich auch erst gewöhnen musste.
Jane war froh, nicht so sitzen zu müssen, aber Roberta war ein Profi. Auf ihren Lippen zeichnete sich sogar ein Lächeln ab, als würde ihr die Sitzung Spaß bereiten.
Mit einem Seufzen griff Errol Fisher als erster zum Kohlestift. Bevor er begann, meldete sich Lia Stone zu Wort.
»Bitte, wir wollen heute keine engen Grenzen setzen. Jeder von euch kann so malen wie er es möchte. Also keine Technik. Ich schreibe nicht vor, dass nur der Kopf mit dem Gesicht im Profil gemalt wird und auch nicht nur der Körper. Wir werden Rücksicht auf unsere neue Schülerin nehmen. Sie soll versuchen, das zu malen, was sie mit ihren eigenen Augen sieht.«
Lia wandte sich jetzt direkt an Jane. »Du wirst sicherlich Hilfe brauchen. Wende dich an mich, damit ich dir einige Tipps geben kann. Es ist für einen Anfänger auch wichtig, wenn er Hilfslinien zeichnet.«
»Danke.«
»Dann viel Erfolg, meine Freunde.«
Auch Jane griff zu ihrem Malstift. Innerlich musste sie schon lächeln. Lia würde etwas über sich kriegen, wenn sie die ersten Ergüsse zu Gesicht bekam. Aber das war eben so, das musste man ihr zugestehen. Jeder fing mal klein an.
Jane wusste nicht so recht, wohin sie schauen sollte. Ob auf ihr Blatt oder auf Roberta. Sie konnte nicht hinblicken und zugleich malen. Sie schaute sich den Kopf an, versuchte zu behalten, was sie gesehen hatte und fing an, mit dünnen Strichen das Gesicht der Frau zu malen. Zudem im Halbprofil.
Schon nach den ersten Versuchen hätte Jane das Blatt am liebsten abgerissen und zusammengeknüllt. Was sie da aufs Papier gebracht hatte, war nicht mal des Hinschauens wert. Sie sah es als völlig unbegabtes Gekritzel an. So hätte ihrer Meinung auch ein kleines Kind malen können.
Zu allem Überfluss bewegte sich auch Lia Stone noch auf sie zu, und Jane bekam einen roten Kopf.
»Schau lieber nicht hin.«
»Warum nicht?«
»Weil das Mist ist.«
»Warum sagst du das?«
»Es ist so.«
Lia blieb neben ihr stehen. Jane beobachtete den Kopf der Frau. Sie wollte die Reaktion von den Zügen ablesen, aber da bewegte sich nichts. Lia zeigte mit keiner Reaktion, was sie dachte.
»Warum lachst du mich nicht aus?«, fragte Jane.
»Sollte ich das denn?«
»Bei dem Gekritzel.«
»Jeder Anfang ist schwer.«
»Das kenne ich von irgendwoher.«
»Du musst dich an die Regeln halten, die es auch hier gibt, Jane.«
»Die kenne ich nicht.«
»Deshalb bin ich ja zu dir gekommen.« Sie nahm Jane den Stift aus der Hand, und Jane rückte so gut wie möglich zur Seite, um Lia Platz zu schaffen.
Sie nahm ein anderes Blatt. »Jetzt schau mal genau zu. Man kann das Malen lernen, wenn man sich an gewisse Techniken hält, nach denen sich auch die großen Künstler richten. Du musst tatsächlich mit einem Koordinatensystem anfangen und das Gesicht unserer lieben Roberta damit in vier Hälften teilen. So…«
Jane schaute zu, wie Lia malte. Sie konnte es. Leicht glitten der Stift und ihre Hand über das feste Papier. Sie hinterließ dabei keine dicken Striche. Diese hier sahen mehr aus wie ein Hauch, aber sie waren zu erkennen und die Größe des Gesichts stimmte ebenfalls. Dann deutete sie gestrichelte Hilfslinen an und sprach von Schnittlinien für Augen und Mund.
»Meinst du, dass ich das jetzt besser schaffe?«
Lia legte den Stift weg.
»Davon bin ich überzeugt. Du musst nur in diesem Rahmen bleiben und ein Gefühl für die Proportionen bekommen. Danach wird alles besser laufen.«
Sie zog sich wieder zurück. Auch die anderen beiden Schüler waren beschäftigt, so dass sich Jane endlich um ihre Arbeit kümmern konnte.
Bevor sie jedoch anfing, warf sie Roberta einen Blick zu. Sie hatte sich nicht bewegt und auch keine andere Haltung eingenommen.
Trotzdem kam sie Jane irgendwie verändert vor.
Es konnte durchaus an ihrem Gesicht liegen, auf dem sich das Lächeln verändert hatte. Es wirkte auf Jane irgendwie wissend.
Ja, als wusste die Frau, dass sich gleich etwas verändern würde.
Jane wunderte
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