1205 - Wer die Totenruhe stört
hörten wir schon die gellenden Schreie der beiden Zurückgebliebenen…
***
Die beiden Männer hatten das Haus verlassen, und Elsa Groof schaute auf die Tür, die hinter den Polizisten zugefallen war.
»Er ist da, Craig. Wir können uns nicht dagegen wehren. Er hat uns bereits voll im Griff.«
Er wollte nicht so pessimistisch sein. Schließlich war es ihm schon einmal gelungen, der Gefahr zu entfliehen. »Bitte, Elsa, warte doch mal ab, was die beiden unternehmen.«
Elsa schüttelte den Kopf. Im Licht der Stehlampe sah ihr Gesicht gelb aus. Aber sie hatte keine Krankheit, sie litt einfach nur unter ihrer Angst und den bösen Vorahnungen.
»Du kannst es drehen und wenden wie du willst, Craig, der Fluch der Vergangenheit hat auch uns erwischt. Wir müssen für das büßen, was unsere Vorfahren falsch gemacht haben.«
»Verdammt, was hätten sie denn tun sollen?«
»Verbrennen. Sie hätten das Böse dem Feuer übergeben müssen. Diese Chance ist jetzt vorbei.«
»Dann muss es eben anders vernichtet werden.«
»Und wie, wenn ich dich fragen darf?«
»Wir sind dem verdammten Friedhof entkommen, und wir werden auch hier überleben.«
Elsa schaute ihren Gast an. Sie sagte nichts, aber ihr Blick sprach Bände.
Craig Averell wollte aufstehen. Er hatte seine Hände bereits auf die Lehnen gelegt, als er zusammenzuckte und starr in dem Möbel hocken blieb. Unter seinen Füßen hatte er das Grollen vernommen. Dieses verdammte, dumpfe, Angst machende Geräusch, das er schon vom Friedhof her kannte. Er wusste jetzt wie nahe das Grauen war. In diesem Augenblick verlor er auch die Nerven.
»Wir müssen weg! Wir können nicht mehr hier im Haus bleiben, Elsa. Lass uns nach draußen gehen…«
»Nein, Craig, nein.« Sie schüttelte den Kopf und blieb stur.
»Nicht ich, junger Mann. Ich habe mein Leben hinter mir. Ich weiß, dass ich dem Grauen nicht entwischen kann. Es hat mich gesucht, und es hat mich gefunden, denn schließlich ist meine Ahnherrin Cilly auch dabei gewesen. Du kannst es schaffen, ich gönne es dir, aber lass mich bitte hier.«
»Das kommt nicht in Frage. Ich will nicht, dass du hier in deinem Haus stirbst.« Er wusste genau, was er tun musste, um die Frau zu retten. Mit einem Griff hatte er sie am Oberarm gepackt. Er schaute von oben herab in das erschreckte Gesicht und zerrte die Frau trotz ihres Widerstands aus dem Sessel hoch.
»Bitte, Craig!«
»Nein, Elsa. Manche Menschen muss man eben zu ihrem Glück zwingen. Wir müssen raus.«
Genau da passierte es. Plötzlich brach der Boden auf. Der Knall war nicht mal so groß, aber der breite Spalt zog sich quer durch das kleine Zimmer und war auch in ihre Nähe geraten.
Ein Spalt, der breiter war als der auf dem Friedhof. Craig merkte, dass er mit seinen Füßen nach vorn rutschte. Er konnte die alte Frau nicht mehr länger halten, denn er musste bis an die Wand zurück. Das war seine letzte Chance, dem Tod zu entgehen.
Er ging einen Schritt nach hinten. Dabei ließ er Elsa los und fand selbst an der Wand Halt. Ihm wurde in diesen Augenblicken klar, dass die alte Frau nicht mehr leben wollte, sonst hätte sie sich anders benommen. Sie hätte noch aufstehen können, doch das tat sie nicht. Nahezu phlegmatisch saß sie in ihrem Sessel, die Hände zum Gebet gefaltet und schaute in das Gesicht ihres Besuchers.
»Komm jetzt!«, schrie und keuchte er sie an.
»Nein!«
Es hatte keinen Sinn mehr. Er hörte das Knacken, und wie von einem Band gezogen schaute er in die Tiefe. Dort lief das Ungeheuerliche ab. Der Spalt breitete sich weiter aus. Er verwandelte sich dabei immer mehr in eine tödliche Falle und griff auch nach den Sitzmöbeln, um sie mit in die Tiefe zu zerren.
Zuerst kippte das Sofa, auf dem die beiden Polizisten gesessen hatten. Es fiel einfach nach hinten weg, und es gab nichts, was es noch aufhalten konnte.
Zugleich bewegte sich der Tisch. Das Geschirr rutschte über die Platte hinweg und wurde von dem Spalt verschluckt wie von einem riesigen Maul.
Aus ihm quoll der dunkle Nebel hervor. Wie Dampf aus der Hölle, dachte Craig, der sich nicht von seinem noch sicheren Platz an der Wand wegbewegte.
Der Sessel folgte. Darauf saß Elsa Groof wie eine Figur, die sich nicht mehr bewegte. Auf ihrem Gesicht lag ein ungewöhnlicher Ausdruck. Dort malte sich das Wissen ab, dass es für sie keinen Ausweg mehr aus dieser Lage gab. Sie wollte es auch nicht, und sie gab keinen Laut von sich, als der Sessel zusammen mit ihr zur Seite kippte.
Es geschah
Weitere Kostenlose Bücher