1207 - Ich komme aus der Hölle
gewesen wäre. »Sieht nicht gut aus, oder?«
»Was willst du, Suko. Es ist kein normaler Mord. Der Killer stammt möglicherweise nicht von dieser Welt.«
»Oder er ist wieder zurückgekehrt.« Ich war neben dem Rover stehen geblieben und schaute Suko an. »Wie meinst du das?«
»Die Hölle hat ihn entlassen, weil sie ihn nicht mehr wollte. Oder wer auch immer.«
»Ja, wer auch immer«, wiederholte ich nachdenklich.
***
Wir saßen im Rover, fuhren aber noch nicht ab, weil wir darauf warteten, dass sich Sir James meldete. Ich zumindest ging davon aus, dass mit Ben Fuller einiges nicht stimmte. Das behielt ich auch nicht für mich und sprach mit Suko über das Thema.
»Ja, ich widerspreche dir nicht, John. Da muss einiges nicht mit rechten Dingen zugegangen sein.«
»Mord?«
»Keine Ahnung.«
»Selbstmord.«
»Oder ein Unglück.«
Ich nickte. »Das ist alles möglich. Jedenfalls gehe ich davon aus, dass dabei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Wie es zudem scheint, hat Evelyn Fuller über den Tod ihres Mannes auch kaum mit anderen Menschen gesprochen. Ich bezweifle, dass sie sich in ihrer Trauer vergraben hat. Sie wird andere Gründe gehabt haben, stelle ich mir vor.«
»Meinst du, dass sie mehr über ihren Mann gewusst hat?«
»Ja.«
Suko räusperte sich. »Er war ein Eigenbrötler. Er hat sein Leben gelebt. Er hat sich praktisch in seinem Garten versteckt, wenn man so will. Und sicherlich nicht, weil er mit der Natur so verwachsen war. Das muss andere Gründe gehabt haben.«
»Dann kann er durch ein eigenes Leben neben dem seiner Frau…«
Ich wurde unterbrochen, weil sich das Handy meldete. Sekunden später hörte ich die Stimme unseres Chefs.
»Ich habe mich erkundigt, John. Es war nicht leicht, deshalb hat es mit dem Anruf auch so lange gedauert. Aber Sie haben Recht. Es gab einen Mann namens Ben Fuller, der verbrannt wurde.«
»Er wurde verbrannt, Sir?«
Der Superintendent lachte. »Genau das ist die Frage, die mir die Kollegen auch nicht beantworten konnten. Man hat nicht herausgefunden, ob das Feuer gelegt worden ist. Jedenfalls hat man in den Resten das Skelett des Ben Fuller gefunden. So weit ist alles noch normal…«
Ich horchte auf, weil ich meinen Chef kannte. Die Überraschung bewahrte er sich immer bis zum Schluss auf. Auch diesmal täuschte ich mich nicht.
»Dann ist etwas Merkwürdiges passiert, John. Das Skelett des Mannes sollte einer forensischen Untersuchung unterzogen werden. Nur kam es dazu nicht mehr. Es war plötzlich verschwunden.«
»Ach!« Ich bekam große Augen, und Suko, der einiges von dem verstanden hatte, schüttelte den Kopf.
»Ich kann es leider nicht ändern, John. Das Skelett ist verschwunden.«
»Gestohlen?«
»Das nimmt man an.«
»Ich kann mir vorstellen, dass die Kollegen den Fall nicht weiterverfolgten.«
»Richtig getippt.«
Wir hatten wirklich einen Schuss vor den Bug bekommen. Es konnte natürlich sein, dass jemand das Skelett gestohlen hatte.
Es wäre die einfachste Lösung gewesen, aber es gab auch noch eine zweite Möglichkeit, und über die dachte ich kurz nach, bevor ich sie in das Handy hineinsprach.
»Wir haben schon des Öfteren mit lebenden Skeletten zu tun gehabt, Sir. Deshalb will ich nicht ausschließen, dass es auch in diesem Fall so gelaufen sein könnte.«
»An diese Alternative habe ich ebenfalls gedacht. Sie haben ja etwas von dem Killer gesehen.«
»Nur seinen Kopf. Dabei habe ich nicht erkennen können, ob sich noch ein Körper darunter befand. Außerdem war dieser Kopf kein Totenschädel, sondern mit einer, wie ich meine, grünlichen und sehr dünnen Haut überzogen.«
»Sollte das stören?«
»Nein.«
»Das sehe ich ebenso. Man kann mit aller Vorsicht sagen, dass da jemand aus dem Leben geschieden ist, um später wieder als andere Person oder als mordgieriges Monster zurückzukehren.«
»So ist es.«
»Dann suchen Sie den Killer aus dem Jenseits oder aus der Hölle. Ich befürchte, dass er es nicht bei dem einen Mord belassen wird. Der hat den Weg einmal eingeschlagen und wird ihn so rasch nicht wieder verlassen.«
»Wir werden unser Bestes tun, Sir.«
»Ich weiß. Viel Glück.«
Das Gespräch zwischen uns war beendet. Ich saß noch für einen Moment unbeweglich hinter dem Lenkrad und ließ das Handy dann in der Außentasche verschwinden. Durch die Scheibe schaute ich gegen die Bäume, die ihr erstes Grün bekommen hatten.
»Hast du eine Idee, wo wir anfangen sollen, John?«
»Nein. Im Moment nicht.
Weitere Kostenlose Bücher