Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1208 - Leichenwelten

1208 - Leichenwelten

Titel: 1208 - Leichenwelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
ob das ein Vorteil für sie war. Eher nicht, denn Goya zeigte sich in seiner wahren Gestalt sicherlich nur Menschen, von denen er wusste, dass sie ihm nicht gefährlich werden konnten.
    Das würde auch für sie, Jane Collins, gelten. An die nahe Zukunft wollte sie in diesem Zusammenhang erst gar nicht denken.
    Das Gehirn war nicht grau. Auch nicht direkt rosa. Seine Farbe lag irgendwo dazwischen. Es drehte und wand sich. Die Windungen lagen aufeinander, sie zuckten hin und wieder, und von ihnen ging ein feuchter Glanz aus. Der gesamte Kopf machte auf Jane einen übergroßen Eindruck.
    Es war ihr klar, dass sie etwas unternehmen musste. Sie war auch nicht die Frau, die sich so einfach fertig machen ließ, auch wenn dieser Anblick hier einer der Höhepunkte in ihrem Leben war und sie brutal überrascht hatte.
    Seit der Entdeckung hatte sie kein Wort gesprochen. Auch Goya hatte sich zurückgehalten und einfach nur gelächelt. Der Hut lag locker auf seinen Knien, die Augen bewegten sich, und Jane sah darin ein leichtes Schimmern.
    Wie lange Jane den Atem angehalten hatte, konnte sie nicht zeitlich bestimmen. Irgendwann war es vorbei. Da stieß sie die Luft mit einem zischenden Geräusch aus und atmete eine Sekunde später tief durch.
    »Geht es Ihnen jetzt besser, Jane?«, fragte Goya.
    Er besaß noch immer die gleiche Stimme. Er benutzte völlig normale Wörter. Er war wie immer, und das überraschte Jane irgendwie.
    Möglicherweise war sie zu stark durch den Film beeinflusst worden und darauf eingestellt gewesen, einen Menschen zu hören, der beim Sprechen alles durcheinander warf. Er redete jedoch normal. Er behielt sogar seinen gewissen Charme, der mit seinem Äußeren allerdings nicht zu vereinbaren war. Und er wartete auf eine Antwort.
    »Es ist mir nicht schlecht gegangen«, sagte Jane.
    »Ach - tatsächlich nicht? Auch nicht bei meinem Anblick? Das überrascht mich. Da gehören sie zu den ganz wenigen Menschen, denen das nichts ausmacht. Aber das glaube ich Ihnen nicht. Sie haben sich nur gut in der Gewalt. Das schafft auch nicht jeder. Das wiederum sagt mir, dass sie eine besondere Person sind. Es könnte sogar sein, dass Sie nicht ganz zufällig meine Ausstellung betreten haben, aber da bin ich mir nicht sicher. Da müssten Sie mir weiterhelfen.«
    Jane schwieg. Sie war noch immer im negativen Sinne fasziniert.
    Während seiner kurzen Rede hatte sie nicht gewusst, wohin sie schauen sollte. Auf den Kopf oder auf das Gesicht? Es war einfach zu viel für sie gewesen, und sie musste zunächst tief durchatmen.
    Aristide Goya legte den Kopf schief. »Sorry, ich weiß, dass ich Sie durch meinen Anblick zu sehr ablenke. Sie wissen ja jetzt Bescheid. So werde ich Ihnen mein Bild ersparen.«
    Er lächelte, wie ein Vater seine Tochter anlächelt, dann hob er seinen rechten Arm an und damit auch den Hut. Mit einer oft geübten Bewegung setzte er ihn auf und rückte ihn danach mit beiden Händen kurz zurecht, damit er so saß, wie er es sich vorgenommen hatte.
    »Zufrieden, Jane?«
    »Das ist Ihre Sache«, gab sie flüsternd zurück.
    »Nicht nur, denke ich. Wir wollen uns schließlich beide wohl fühlen.«
    Der Hut saß normal. Goya sah wieder normal aus. Der eigentliche Anblick war nur noch Erinnerung, die Jane Collins vorkam wie das schlechte Standbild aus einem Film.
    Sie raffte sich wieder zu einer Frage auf. »Haben sich die Objekte, die Sie fotografierten, auch wohl gefühlt, wenn Sie sich schon so besorgt geben?«
    »Welch große Worte, Jane. Können sich Tote denn wohlfühlen?«
    »Das weiß ich nicht. Eigentlich nicht, da haben Sie Recht. Bei Ihnen bin ich mir nicht sicher, ob die Menschen, die sie fotografiert haben, überhaupt tot waren.«
    »Oh! Sie stellen mich als Lügner hin?«
    Jane hob die Schultern. »Ich weiß nicht, ob es Lüge ist. Es kann Täuschung sein.«
    »Gut, belassen wir es dabei. Sie meinen also, dass die Menschen noch gelebt haben, als ich sie zu den Objekten meiner Kunst machte. Sehe ich das so richtig?«
    »Irgendwie schon.«
    »Haben Sie sich die Bilder genau angeschaut?«
    »Darauf können Sie sich verlassen.«
    »Gut, Jane. Und glauben Sie tatsächlich, dass Menschen so schauspielern können, dass sie einfach aussehen wie Tote? Ist das wirklich Ihre Meinung?«
    »Sie müssen ja nicht unbedingt leben.«
    »Oh?«, sagte er wieder. »Ein neuer Aspekt. In welche Richtung haben Sie denn gedacht?«
    »Es ist gar nicht mal schwierig«, sagte sie leise, »wenn man die Fakten beachtet. Es gibt

Weitere Kostenlose Bücher