121 - Das Scheusal aus dem Nichts
langgestreckt, mit
kleinen Fenstern, rot-weiß karierten Gardinen und Holztischen mit gedrechselten
Beinen im Lokal.
Hier gab es handfeste Hausmannskost und ein
gutes Bier. Die Leute aus dem Dorf kamen gern. Hier wurden die letzten Neuigkeiten
ausgetauscht, hier kannte jeder jeden.
Drei ältere Männer waren um die Nachmittagszeit im ,Krug‘ .
Steinhusen schob seinen Freund an einen
Tisch. Der Wirt und die drei Alten blickten auf. Ihre Mienen blieben ernst.
Steinhusen grüßte freundlich. Man kannte ihn
hier, und er war beliebt. Die drei Alten knurrten irgend etwas in ihren Bart,
der Wirt antwortete nur mürrisch auf den Gruß und hantierte noch eine ganze
Weile hinter dem Tresen, ehe er sich bemühte die neuangekommenen Gäste nach
ihren Wünschen zu fragen.
Er nickte nur flüchtig und mied Liepert
anzusehen.
„Was ist denn heute hier los? Etwas
passiert?“ erkundigte Steinhusen sich, dem die Stimmung nicht behagte.
„Nein, alles in Ordnung“ knurrte der Gastwirt.
Er war stark beleibt Eine graue Schürze spannte sich über seinen Bauch, daß man
beim nächsten Atemzug einen Riß befürchten konnte.
„Ärger mit der Frau gehabt? Dir ist doch
irgendeine Laus über die Leber gelaufen, Heinrich!“ Ferdinand Steinhusen ließ
nicht locker Er kannte die Mentalität der Leute Er war hier groß geworden war
einer von ihnen. Und er merkte, daß der Wirt gern etwas sagen wollte, daß er es
aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund unterließ.
„Nichts ist in Ordnung“, knurrte da einer der
drei Dorfbewohner. Ein Mann mit schütterem Haar, spitzem Gesicht und schmalen
Lippen griff nach seinem Glas, einen flüchtigen Blick zu den beiden Besuchern
herüberwerfend. „Du kannst es ihm ruhig sagen!“ Damit war der Wirt
angesprochen. „Drei Stück Vieh sind bei den Porkars verreckt.“
„Das ist ja schrecklich' Steinhusen
schüttelte den Kopf. „Das tut mir leid!
Was saßt der
Tierarzt? Ist es eine Seuche?“
„Möglich. Aber keine von den herkömmlichen“.
antwortete der mit dem spitzen Gesicht anstelle des Wirts, dem das Ganze
offensichtlich peinlich war. Der Sprecher warf einen bösen Blick zu dem Tisch
hinüber, am dem sie saßen.
Bevor Steinhusen etwas erwidern konnte, sagte
der zweite Bauer am Tisch, dem Spitzgesichtigen gegenübersitzend:
„Wahrscheinlich sind bei Steinhusens noch keine Kühe und Kälber eingegangen und
noch keine Schweine verendet. Aber das kann sich ja noch ändern. So . . . wie
die Sache aussieht.“
„Wie welche Sache aussieht?“ Ferdinand
Steinhusens Stimme wurde hart. „Hier stimmt doch etwas nicht. Was sollen die
dummen Andeutungen? Rückt doch raus mit der Sprache!“
„Dein Gast“, begann der Wirt.
„Was ist mit meinem Gast?“
Der Wirt kam nicht dazu, daraufhin etwas zu
sagen. Die Tür ging auf. Zwei junge Burschen betraten den Schankraum. stutzten
kurz, warfen sich einen schnellen Blick zu und steuerten dann auf einen
Ecktisch zu. von dem aus man das ganze Lokal überblicken konnte.
„Zwei kühle Blonde, Heinrich!“ rief der eine,
ein kräftiger, breitschultriger Bursche mit wuscheligem Haar und Sommersprossen.
Der andere machte im Gegensatz zu ihm einen etwas dümmlichen Eindruck, war
klein und untersetzt, hieß Balduin Krächt, und alle im Dorf und der näheren Umgebung
wußten, daß auch mit dem Geisteszustand des jungen Bauernburschen etwas nicht
stimmte. Das sollte in der Familie hegen.
„Ja. sofort.“ Der Wirt machte auf dem Absatz
kehrt, zapfte zwei Glas Bier ab und stellte sie den beiden Neuankömmlingen auf
den Tisch.
Steinhusen mußte zweimal schlucken, ehe er
die Sprache wiederfand. „Das gibt es doch nicht!“ murmelte er. „Warum bedienst
du uns nicht. Heinrich?“
„Weil er an Leute, die eine Gefahr nicht
unterbinden, kein Bier ausgibt“
sagte der Bauer mit dem Wuschelkopf an
Balduin Krächts Tisch. „Ich war heute morgen bei
Porkar. Die Stimmung dort ist auf dem Nullpunkt. Der Arzt steht vor einem
Rätsel. Es gibt keine deutlich erkennbaren Zeichen dafür, warum das Vieh
verendet ist. Es fällt einfach um. Tot! Und damit nicht genug. Auch bei den
Porkars selbst stimmt’s nicht mehr. Sie sollen beide plötzlich krank sein.
Amelia Porkar hat ihre Schwester aus der Stadt kommen lassen, die sie versorgt.
Auch die Porkars sind krank. Komisch, was? Dabei haben die ein Leben lang nichts
gehabt.“
„Einmal wird jeder krank -jedenfalls die
meisten“, warf Ferdinand Steinhusen ein. „Was, zum Teufel, hat das mit uns
tun?“
„Jetzt
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