Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1212 - Niemand hört die Schreie

1212 - Niemand hört die Schreie

Titel: 1212 - Niemand hört die Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
irgendwie war sie das auch. Ich blieb stehen. Nur das Unterteil des primitiven Sargs hatte ich zur Seite geschoben, damit es mich nicht mehr behinderte. Von der Besitzerin des Hauses sah ich nichts. Es konnte sein, dass sie durch einen Ausgang, den ich nicht kannte, geflüchtet war.
    Die Tür hatte innen einen Knauf. Er strahlte in einer matten silbrigen Farbe wie ein kleiner Knopf. Ich sah, dass sich die Hände der Vampirin dem Knauf näherten. Sie wusste verdammt genau, was sie zu tun hatte, nur ließ ich es nicht so weit kommen. Bevor sie den Knauf berühren konnte, erreichte sie meine Stimme.
    »Lass es lieber sein!«
    Louise Baker hatte mich schon verstanden. Ihre Hände zuckten schon vorher zurück. Auch hatte sie die Nähe des Kreuzes gespürt, das nun nicht mehr so weit von ihr entfernt war.
    »Lass die Hände sinken!«
    Sie zitterte, aber sie folgte schließlich meinem Befehl. Allerdings traute sie sich auch jetzt nicht, den Kopf so zu drehen, dass sie mich anschauen konnte.
    Noch immer presste sie sich so hart gegen die Tür, als wollte sie hineinkriechen. Ich gab ihr noch einige Sekunden. Es war auch sehr still geworden. Sie atmete nicht, das brauchte sie nicht, aber die Geräusche, die aus dem offenen Mund wehten, hörten sich beinahe so an wie ein schweres Atmen. Unter dem Stoff des Oberteils zeichneten sich recht dünne Arme ab, das konnte ich jetzt gut erkennen. Nur durfte man nicht davon auf die Kraft eines Blutsaugers schließen. Sie waren kräftig. Sie waren ohne besondere Waffen einzusetzen, nicht verletzbar.
    Sie waren jedem Menschen überlegen, und dieses Wesen hätte hier auch die gesamte Einrichtung mit seinen Händen zertrümmern können, ohne dass es sich verletzt hätte.
    »Ich will von dir wissen, woher du kommst! Du wirst mir sagen, wer dich zur Blutsaugerin gemacht hat. Alles will ich wissen. Jedes Detail. Du wirst mir auch erklären, wie du dir deine Zukunft vorstellst oder wie man sie dir gemacht hat…«
    Sie hatte mich verstanden, aber sie schüttelte den Kopf. Das so heftig, dass sie gegen das Holz an der Innenseite der Tür prallte und so etwas wie Trommelgeräusche hinterließ.
    »Hör zu, Louise, meine Geduld ist nicht unendlich. Du weißt, dass ich Mittel und Wege habe, dich zu zwingen. Ich kann dich schreien, verbrennen und verfaulen lassen. Deshalb ist es besser, wenn du etwas sagst, viel besser.«
    Es war meine letzte Aufforderung an sie gewesen. Ich hoffte, dass ich damit Erfolg hatte.
    Tatsächlich bewegte sie sich. Sehr langsam drehte sie jetzt den Kopf und präsentierte mir ihr Gesicht, das sich in der Tat verändert hatte.
    Der Mund war von den Winkeln her nach unten gezogen. Er wirkte deshalb wie ein gekrümmter Halbmond, aus dessen oberer Mitte etwas hervorsickerte.
    Da Vampire keinen Speichel besitzen, musste es eine andere Flüssigkeit sein, die sich im Rachen gesammelt hatte. Sie schimmerte in einem leichten Gelb und erinnerte mich an Eiter.
    »Also: Wer hat dich zur Blutsaugerin gemacht. Rede!«
    »Sie wird nichts sagen, Sinclair!«
    Urplötzlich hörte ich die Stimme der Hausbesitzerin wieder.
    Sie hatte sich verändert. Sie klang nicht mehr ängstlich, sie klang auch nicht normal, sondern hart und entschlossen.
    Ich drehte den Kopf herum.
    Betty Florman stand in der offenen Tür. Sie war bewaffnet.
    Die Pistole hielt sie mit beiden Händen fest, obwohl es nur eine Damenpistole war, die aussah wie ein Spielzeug. Es konnte auch eine Derringer sein, so genau sah ich das nicht. Sie hielt die Waffe auch irgendwie falsch, denn die Hände fuhren immer leicht von oben nach unten. Es konnte aber auch an ihrer Nervosität liegen. Gerade vor sehr nervösen Menschen fürchtete ich mich. Die hatten sich nicht unter Kontrolle. Bei ihnen kam es leicht zu Affekthandlungen.
    Wieder einmal hätte ich mich selbst irgendwo hintreten können. Ich alter Profi hatte mich tatsächlich von dieser Person täuschen lassen und natürlich auch von den Umständen. Dass viele Menschen zwei Gesichter haben, wurde mir hier wieder bestätigt.
    Rechts hockte die Blutsaugerin, wenn ich nach links schaute, sah ich die Frau mit der Waffe. Ich war eingekeilt.
    »Ruhig, Mrs. Florman, ganz ruhig…«
    »Das bin ich, Sinclair. Sie haben sich über-, und mich haben Sie unterschätzt. Sie hätten einfach verschwinden sollen. Dafür ist es jetzt zu spät. Da wird Ihnen auch das verdammte Kreuz nicht helfen. Weiß der Teufel, woher Sie es haben.«
    Ich konnte mir das Grinsen vor der Antwort nicht

Weitere Kostenlose Bücher