1213 - Comeback des Grusel-Stars
Sie?«, fragte Rosetti.
Ich nickte ihm zu. »Ja, er lässt sich trinken. Da muss ich Ihnen wirklich Recht geben. Ein ausgezeichneter Tropfen, den Sie uns kredenzt haben.«
»Ich freue mich über das Lob aus berufenem Munde.«
»Bitte, Mr. Rosetti, ich bin kein Weinexperte.«
Er musste lachen. »Eher einer für Geister.«
Ich trank noch einen zweiten Schluck und stellte das Glas dann ab.
»Wenn Sie so wollen, muss ich Ihnen zustimmen, Mr. Rosetti. Ich bin der Experte, aber ich denke, dass Sie das alles wissen.«
»In etwa.«
»Von Father Ignatius?«
»Ja. Er hat es mir gesagt. Wir haben so manchen Abend oder auch manche Nacht bei einem Glas Rotwein in Rom verbracht. Da haben wir dann über Gott und die Welt gesprochen. Natürlich fiel auch Ihr Name, Mr. Sinclair.«
Ich fing einen Blick meiner Begleiterin auf. Lilian saß ruhig neben mir, aber sie war innerlich nicht ruhig. Ich spürte förmlich ihre Nervosität, und sie hielt ihr Glas fest, als wollte sie es zwischen den Händen zerbrechen.
»Dann haben Sie also gewusst, Mr. Rosetti, dass ich hier in diesem alten Kloster erscheinen würde.«
»Das habe ich.«
»Durch Ignatius?«
»Ja.«
Ich lächelte knapp. »Es wundert mich, dass mir Ignatius nichts von Ihnen gesagt hat. Ich wäre dann nicht so überrascht gewesen und hätte mich schon gefreut.«
Rosetti nuckelte an seinem Wein und zuckte die Achseln.
»Auch Ignatius wird seine Geheimnisse gehabt haben. Man muss sich ja seine besondere Position vorstellen. Er wird auch nicht alles sagen, was er weiß, denke ich mal.«
»Schade. Aber er hat mich hergeschickt.«
»Natürlich.«
»Wie lange sind Sie hier, Mr. Rosetti?«
Die Antwort klang ausweichend. »Schon etwas länger, Mr. Sinclair.«
»Was haben Sie hier vor?«
»Ich wollte nach dem Rechten sehen.«
Die Worte klangen mir zu sehr nach einer Ablenkung. Ich ging davon aus, dass hier ein Spiel ablief, in dem ich allmählich integriert wurde.
Wenn Rosetti so etwas wie eine Wahrheit zugab, dann höchstens scheibchenweise. Irgendwas machte er mir vor, auch jetzt, als er lächelnd seinen Wein trank.
Neben mir atmete Lilian hörbar. Sie fühlte sich in dieser Lage alles andere als gut. Den fremden Mann beobachtete sie mit misstrauischen Blicken, und dann platzte es aus ihr heraus.
»Wissen Sie was, Mr. Rosetti?«
»Nein.«
»Ich glaube Ihnen kein Wort.« Lilian sprach wie eine Anklägerin.
»Kein einziges Wort. Hier ist nichts, wie es sein sollte. Es geht nicht mehr. Das Haus… ich… ich… weiß es…«
»Was wissen Sie?«
Ich wollte Lilian warnen. Einmal in Fahrt ließ sie sich nicht aufhalten.
»Ich nehme Ihnen nicht ab, dass Sie hier ein Altersheim unterhalten, Mr. Rosetti. Das ist etwas ganz anderes. Der Begriff Altersheim ist für mich nur Tarnung.«
»Alle Achtung.«
»Warum?«
»Das hat mir noch niemand gesagt.«
»Dann wurde es Zeit.«
Rosetti behielt seine Überlegenheit bei. Für mich grenzte sein Verhalten bereits an Arroganz. Da mir das Gespräch aus dem Ruder gelaufen war, griff ich nicht ein, sondern überließ es Lilian, weiterzusprechen.
»Hier geht etwas vor, Mr. Rosetti. Die Menschen in Yerby spüren es auch. Hier hat sich etwas versammelt. Das Böse, verstehen Sie?«
»Nein.«
»Ist auch egal. Jedenfalls glaube ich Ihnen von Ihrem Gesülze kein Wort. Sie verheimlichen uns einiges. Ich wette, dass wir hier keine Menschen finden werden, wenn wir zu einer Besichtigung starten. Das glaube ich fest.«
Lilian wollte provozieren und Rosetti aus der Defensive locken. Der sagte zunächst nichts und beschäftigte sich mit seinem Wein. Er drehte das Glas zwischen seinen Händen, schaute sich die Kreisbewegungen der Flüssigkeit an, lächelte wieder und fragte mit leiser Stimme: »Was sollte denn hier verheimlicht werden?«
Ich war gespannt auf Lilians Antwort. »Alles, Mr. Rosetti, einfach alles. Sie haben es verstanden, sich zu tarnen. Die Menschen in der Umgebung wissen von einem zum Altenheim umgebauten Kloster, aber mehr wissen sie nicht. Und das bereitet mir Sorge. Hier kann man etwas verstecken.«
Rosetti stellte sein Glas ab. Dafür trank Lilian einen kräftigen Schluck.
»Was hätte ich denn Ihrer Meinung nach hier alles verstecken sollen?«
»Keine Ahnung, Mr. Rosetti. Aber Gutes führen Sie nicht im Schilde, das weiß ich.«
»Was wollen Sie eigentlich?«
»Das kann ich Ihnen sagen. Ich suche eine Frau. Eva Sardis. Sie ist zufällig meine Schwester.«
»Ah, interessant. Trotzdem hätte ich da eine Frage.
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