1214 - Draculas Rivalin?
ersten Moment war ich beruhigt. Wenn er mir einen Menschen präsentierte, konnte das nicht weiter schlimm sein.
Warum dann dieses ganze Theater?
War es tatsächlich ein Mensch?
Meine Zweifel wuchsen, obwohl sich die Gestalt nicht veränderte. Vom unteren bis zum oberen Enden nahm der Ankömmling die Spiegelfläche ein. Er hielt sich noch ein wenig im Hintergrund, dann aber drang er immer stärker vor, sodass ich jetzt seine gesamte Gestalt sah. Sie war düster oder dunkel.
Etwas anderes hätte ich auch nicht von ihr erwartet. Kannte ich sie überhaupt?
Zumindest hatte ich die Ahnung, diesen Ankömmling zu kennen, der sich in den folgenden Sekunden immer deutlicher hervorschälte, sodass in mir allmählich ein Erkennen hochstieg.
Ja, das stimmte schon, auch wenn ich noch nicht genau wusste, wer diese Gestalt war.
Sie hatte sich verändert. Sie sah nicht mehr so lebendig aus.
Sie wurde heller und heller, und ich sah das Gesicht mehr als eine Totenmaske. Die gesamte Haut hatte sich verändert. Sie war bleicher geworden. Faltenlos, irgendwie straffer. Um den Kopf herum wuchsen öligschwarze Haare, und auf den schmalen Lippen lag ein kaltes Lächeln. Mir schien es, als gälte das Lächeln nur mir allein. Ich empfand es als wissend, als kalt und irgendwie auch als grausam. Mich interessierte der Körper nicht, nur der Kopf, das Gesicht…
Hinter meiner Stirn rasten die Gedanken. Ja, verdammt, ich kannte ihn. Es lag lange zurück, dass ich ihn gesehen hatte.
Ich hatte auch nicht mehr mit seiner Rückkehr gerechnet, doch nun…
Ich wollte den Namen aussprechen, aber Dracula II kam mir zuvor. »Das ist er, Sinclair. Er ist wieder zurück. Er ist wieder da: Vincent van Akkeren, der Grusel-Star…«
***
Suko hatte gewusst, dass noch etwas passieren würde, und er hatte sich nicht getäuscht. Auf dem letzten Rest der Strecke erwischte ihn noch der Nebel, der sich wie ein gewaltiges Tuch ausgebreitet und über die Landschaft gelegt hatte.
Er war herangeschlichen. Aus südwestlicher Richtung und damit vom Meer her trieb er heran. Es war wohl eine Art Küstennebel, der sich stark ausbreitete und Suko zwang, langsamer zu fahren. Die Landschaft verschwand allmählich, als wäre sie aufgesaugt worden. Bald waren auch die Straßenschilder nicht mehr zu sehen. Suko musste sich auf das Licht der Scheinwerfer verlassen, das allerdings auch nicht viel brachte. Und so kroch er durch die für ihn fremde Gegend weiter und hoffte nur, dass er sich nicht verfuhr und weitere Zeit verlor.
Er hatte jedoch Glück. Schon bald sah er, dass sich der Nebel lichtete. Vor ihm entstand eine helle und dunstige Welt, in die die Sonne strahlte, und wenig später rollte er aus der Nebelglocke hervor. Er entdeckte ein Straßenschild, auf dem der Name Yerby stand.
Nur noch acht Kilometer!
»Die schaffe ich auch«, flüsterte Suko. Ob es in Yerby einen Hinweis auf das Rest House gab, wusste er nicht. Wenn nicht, dann würde er einen Bewohner fragen.
Es dauerte nicht lange, da hatte er den Ort erreicht, der nicht mehr so klar im Licht des Tages lag, denn von der Küste her kroch wieder der graue Dunst heran. Zum Glück nicht so stark.
Er war seichter und schwächer, und Suko konnte sogar in ihn hineinschauen.
Der Ort wirkte selbst zu dieser Tageszeit wie ausgestorben.
Er sah so gut wie keine Menschen auf der Straße. Die Häuser sahen recht alt aus. Sie duckten sich in die leicht hügelige Landschaft hinein. Alte Reklameschilder wirkten wie verblichene Toteninschriften von Waren, die es längst nicht mehr gab. Zwei Kinder spielten an einer Pfütze und ließen Holzbötchen auf dem Wasser schwimmen. An den Laternen hingen Werbebotschaften, die auf einen großen Jahrmarkt in Milford Haven hinwiesen.
Suko, der nur Schritttempo fuhr, hielt Ausschau nach einem großen Gebäude. Dieses Rest House musste die anderen einfach überragen. Die Menschen konnte man nicht in einem kleinen Haus unterbringen. So sehr er sich auch bemühte, er sah nichts. Aber ihm fiel der Turm einer kleinen Kirche auf, die schon mehr einer Kapelle glich. Sie lag links von der Dorfstraße. Zu ihr führte eine schmale Straße, schon mehr eine Gasse.
Suko wäre schon fast an der Einmündung vorbeigefahren, als er zufällig noch einen Blick nach links warf. Ihm fiel die kleine Gruppe von Menschen auf, die mit hastigen Schritten der Kirche entgegeneilten.
Der Inspektor stoppte.
Bei dem Verhalten der Leute musste einfach Misstrauen in ihm aufsteigen. Sie rannten fast auf die
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