1215 - Mich jagte die blonde Bestie
Tiefe würde irgendwann ein Ende nehmen.
Suko war hellwach und schaute sich immer wieder um, da er mit einem Angriff aus dem Hinterhalt rechnete.
Nein, es blieb alles ruhig, und nur die Spannung stieg in ihm noch weiter.
Er ging dicht hinter Carlo Rosetti. Nach einem Vampir hatte er ihn bewusst nicht gefragt, und auch Rosetti selbst hatte ihn darauf nicht angesprochen. Es konnte sein, dass er Suko dieses Phänomen als große Überraschung präsentieren wollte.
Die Luft hier unten war feucht, sie war kühl, aber sie war trotzdem zu atmen. Die Strecke nach unten glich dem Weg tief hinein in eine große Gruft. Es war kein Laut zu hören, und erst am Ende der Treppe blieb Rosetti stehen und lachte leise.
»Ist das nicht die Welt des Bösen, wie man sie sich immer wieder vorstellt?«, fragte er, nachdem auch Suko die letzten Stufen hinter sich gelassen hatte.
»Ich weiß es nicht genau.«
»Doch. Sie lügen jetzt. Sie wissen es. Sie müssen es einfach wissen, mein Lieber.«
Suko sprach von einem anderen Thema. »Ist das unser Ziel?«
»Nein, es geht noch weiter. Nur brauchen Sie keine Sorge zu haben. Die entsprechende Tiefe ist erreicht. Ein Zentrum, auf das wir alle lange hingearbeitet haben.«
»Sie reden in der Mehrzahl. Bisher habe ich nur Sie gesehen, Mr. Rosetti.«
Der Mann setzte einen Schritt vor den anderen. »Ich halte oben die Wacht, Inspektor, denn ich muss immer damit rechnen, dass neugierige Besucher erscheinen.«
»Ja, verstehe. Und hier unten halten Sie dann die Vampire versteckt, nicht wahr?«
Rosetti, der vorging, blieb plötzlich stehen und drehte sich abrupt auf der Stelle um. »Was reden Sie da?« Sein Gesicht hatte einen lauernden Ausdruck angenommen.
Suko spreizte die Hände. »Bitte, was soll ich da reden? Ich habe von Vampiren gesprochen.«
»Wie sind Sie darauf gekommen?«
»Das ist sehr einfach. Diese Umgebung ist doch ideal dafür. Oder meinen Sie nicht?«
Rosetti lächelte falsch. »Wenn Sie das so sehen, dann schon, Inspektor. Es ist nur interessant, dass Sie gerade die Vampire erwähnen. Aber lassen wir das.«
»Wie Sie wollen.«
Rosetti schaute Suko noch einmal scharf an. Aber er sah nur in ein gleichmütiges Gesicht, in dem sich nicht abzeichnete, was der Inspektor dachte.
Schweigend setzten die beiden Männer ihren Weg fort. Es ging tatsächlich nicht mehr in die Tiefe. Sie schritten durch einen schmalen Gang, der ebenfalls durch schattentrübes Licht alter Deckenleuchten schwach erhellt wurde.
Für Suko gab es keinen Zweifel, dass Carlo Rosetti noch einige Trümpfe in den Händen hielt, die er noch nicht ausgespielt hatte. Und sie mussten verdammt stark sein, sonst hätte er sich nicht mit dieser Sicherheit bewegt.
Es war kein Keller, sondern mehr eine Katabombe, da hatte Rosetti schon Recht gehabt. Manchmal sahen die Steine aus wie unebene Gesichter, die irgendjemand in die Felswand geschlagen hatte. Hin und wieder glänzten durch Schwitzwasser gebildete Pfützen auf dem Boden, und auch an den Wänden zeigte sich Nässe. Die Decke war so hoch, dass beide Männer normal gehen konnten.
Das hörte auf, als sie eine Tür erreichten und Carlo Rosetti davor stehen blieb. Er öffnete sie noch nicht, sondern drehte langsam den Kopf.
»Sie werden etwas zu sehen bekommen, Inspektor, das noch kein Mensch vor Ihnen gesehen hat. Glauben Sie mir.«
»Nicht John Sinclair?«
»Den lasse ich als Ausnahme gelten.«
»Wie großzügig.«
»Das kann man in bestimmten Positionen durchaus sein.«
Die Antwort war nicht dazu angetan, Sukos Laune zu heben.
Allmählich nahm die Sorge um seinen Freund John Sinclair zu, und er spürte auch den leichten Schweißfilm auf den Händen.
Dass John nichts passiert war, das konnte er nicht so einfach hinnehmen. Er war ein Mensch, der sich immer wehrte, und Suko stellte sich vor, ihn jenseits der Tür als Gefangenen zu erleben. Oder als eine Person, die kein Mensch mehr war, weil ihr das Blut ausgesaugt worden war.
Das Knarren des Holzes brachte ihn von seinen Gedanken weg. Carlo Rosetti war dabei, die Tür zu öffnen. Er tat es langsam und trat hinein in eine finstere Welt.
Es war so stockdunkel, dass Suko im ersten Moment nicht die Hand vor den Augen sehen konnte. Das blieb auch bestehen, als er die Höhle oder Grotte betreten hatte. Hinter ihm drückte Rosetti die Tür zwar zu, schloss sie allerdings nicht, sodass noch ein fahler Streifen Licht in die Dunkelheit drang und sich wie ein kurzes helles Lineal verteilte.
Suko fasste bereits
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