1216 - Drei Ritter der Tiefe
Kräfte formieren, um uns notfalls verteidigen zu können. Wie stehst du dazu, Ghaatin?"
Der Kyrlier blickte bezeichnend zur grauen Nebelwand, die drohend näher kam.
„Wie sollen wir diese Erscheinung bekämpfen?" fragte er. „Und was können wir gegen dieses Heer erreichen, das die Wolke mit sich bringt? Es müssen Tausende von Grauen sein, wenn nicht sogar Millionen, die das Gebiet um den Tortransmitter besetzt halten. Ich habe fast alle meine Leute verloren."
„Um so wichtiger ist es, daß wir zusammenhalten", sagte Emser.
„Einverstanden", sagte Ghaatin. „Aber ich habe keine Ahnung, was wir unternehmen könnten."
Illor lag noch immer mit geschlossenen Augen auf dem Boden und bewegte die Lippen lautlos. Wöleböl und Chulch begaben sich zu ihm. Als er ihre Nähe merkte, schlug er die Augen auf und starrte sie leeren Blicks an; er blickte durch sie hindurch, in irgendwelche unergründlichen Fernen.
„Was ist dir passiert, Illor?" fragte Wöleböl den Interpreten.
Der Melukke richtete sich auf. Eine Weile bewegten sich seine Lippen noch lautlos, bis er endlich die Sprache wiederfand.
„Die Wolke hätte mich beinahe. eingeatmet", sagte er stockend. „Alle, die ihr nicht rechtzeitig entfliehen konnten, sind zu Grauleben geworden, zu Nichtleben - wie die Krieger, die der Transmitter ausgesetzt hat.
Ich war einem von ihnen ganz nahe. Abgesehen von seiner Farblosigkeit, wirkte er wie ein ganz normales Lebewesen. Er sagte zu mir: ,He, du Zwerg, wir könnten Freunde werden. Genau so. Und er kam auf mich zu. Erst seine Nähe hat mir gezeigt, was ihn tatsächlich vom wirklichen Leben unterschied. Er strahlte eine unheimliche Kälte aus, die meinen Geist vereiste. Meine Gedanken froren richtiggehend ein und begannen sich dabei, auf erschreckende Weise zu verändern. Ich spürte die beginnende Verwandlung, hatte aber kaum die Kraft, dagegen anzukämpfen. Erst ein Ereignis, das ich am Rand wahrnahm, riß mich aus meiner Lethargie. Ich beobachtete, wie einer der Grauen einen erstarrten Stahlsöldner berührte und dieser unter seinem Griff in sich zusammenfiel Er implodierte. Es war, als entziehe ihm der Graue die Energie und sauge sie in sich ein. So muß es sein, wenn man von der Tiefe eingeatmet wird... Da wußte ich, daß dasselbe mit mir geschehen würde, und floh. Irgendwie schaffte ich es, mich in Sicherheit zu bringen. Aber wie vielen gelang das nicht mehr?"
„Wir müssen weiter", drängte Chulch, als er sah, wie Emser und das verloren wirkende Häufchen seiner Getreuen sich in Bewegung setzten. „Du kannst bei mir aufsitzen, Illor."
Während des Marsches stießen immer mehr von Emsers Leuten zu ihnen, die aus den noch nicht betroffenen Gebieten der Peripherie kamen. Sie berichteten von einer wahren Flüchtlingswelle aus den Statusbezirken, die jedoch schlagartig abbrach, als die Entstehung des Graugebiets bekannt wurde.
Obwohl sie ohne Rast marschierten, konnten sie die Distanz zu der grauen Wolke nicht vergrößern. Sie folgte ihnen mit der fast gleichen Geschwindigkeit.
Illor war der einzige Interpret in ihrer Gruppe, aber er konnte die Fragen nach dem Stahlherrn nicht beantworten. Sie trafen nicht einmal auf Stahlsöldner, es schien, als seien sie aus der Peripherie verschwunden.
Rechts von ihnen erstreckte sich ein langgestreckter und hoher Bunker. Er bestand aus einem dunklen, fast schwarzen Material, wies keinerlei Fensteröffnungen auf und schien keinen Zugang zu haben. Es war der größte und wuchtigste Gebäudekomplex, den Chulch in der Peripherie gesehen hatte. Ähnliche Bauwerke kannte er nur aus dem Areal der Alten Tiefenschule.
„Was ist das für ein Gebäude?" erkundigte er sich. „Es erscheint mir als sehr wehrhaft und als Unterschlupf geeignet."
„Bestimmt nicht", antwortete ihm ein Hegete. „Es gibt nur einen einzigen Zugang, aber keinen Ausgang.
Keiner, der die Kaserne jemals betreten hat, ist zurückgekehrt. Darum nennen wir sie das Labyrinth des Todes."
„Wieso Kaserne?" wollte Chulch wissen, dessen Interesse geweckt war.
„Weil früher einmal vermutlich alle jene hier kaserniert wurden, die ins Tiefenland geschickt werden sollten", antwortete der Hegete. „Dhazenyoek hat eine ganze Reihe unverbesserlicher Statusbürger hier kaserniert", fügte der Hegete lachend hinzu.
„Wer ist Dhazenyoek?" erkundigte sich Chulch. „Das ist er!"
Der Zug kam auf halber Länge der sogenannten Kaserne ins Stocken, als sich ihnen eine wahre Phalanx bewaffneter Peripheriebewohner
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