1216 - Drei Ritter der Tiefe
fügte hinzu, als er Atlans fragenden Blick merkte: „Wir haben beschlossen, dich zu begleiten."
„Du bekommst einen Stufenmörser!", sagte Dhazenyoek zu Chulch, zu Wöleböl sagte er: „Und du eine Lanzenschleuder."
Der Stufenmörser war ein dickes, drei Meter langes Rohr, das dreißigfach unterteilt war, jeder Teil eine pulvergefüllte Kapsel von Mörserform, die über einen Abzug entzündet wurde. Dadurch entlud sich eine Schrotladung, die leere Kapsel fiel ab.
Die Lanzenschleuder war die kleinere und leichtere Ausführung eines Stufenmörsers.
„Habt ihr diese Waffen vom Stahlherrn?" erkundigte sich Atlan.
Dhazenyoek klapperte mit dem Schnabel.
„Status Eins macht erfinderisch", sagte er nur.
Sie machten sich auf den Weg. Der Nadrusker führte sie in eine tiefere Region der Kavernen und dort zu einem Portal ohne Tor, das zehn Meter lang und nur einen Meter hoch war. Es war ein schmaler Schlitz, dessen einstige Funktion unmöglich zu erkennen war. Vielleicht hatte es sich einst um einen Materialschacht gehandelt, durch den die Ausrüstung der Tiefengänger in die Kaserne gebracht oder durch den Abfall ausgestoßen wurde. Ein Zugang für Besucher war es aber nie gewesen.
Hinter dem Schlitz lag unergründliche Schwärze. Plötzlich sah Atlan einen schwachen Lichtschein und eine Bewegung. Bevor er noch die anderen warnen konnte, tauchte ein knorriges Wesen auf, das mit leuchtendem Moos überzogen war.
„Zoke!" rief Chulch überrascht aus, der den TeDe-Fe als erster erkannte.
Der ehemalige Treumann von Ar'Gentov wandte sich ihnen überrascht zu.
„Geht da besser nicht hinein", sagte er. „Es ist ein schrecklicher Ort - ein Graugebiet. Während der Untergrund von Strömen aus Vitalenergie belebt wird, ist hier oben alles grau."
Zoke erzählte, daß er auf der Suche nach der Quelle der Vitalenergie in die Kaserne eingedrungen war und dort beinahe dem Tiefeneinfluß zum Opfer gefallen wäre. Als er merkte, daß er Atlan nicht von seinem Vorhaben abhalten konnte, schloß er sich ihm an.
*
Die Zone der Finsternis, durch die sie kamen, bestand aus einem verwinkelten Röhrensystem, einem wahren Labyrinth. Zoke leuchtete ihnen den Weg. Darüber hinaus deponierte er an exponierten Stellen Ballen des leuchtenden Mooses.
Vom Graueinfluß war lange nichts zu merken. Zoke, der offenbar einen eigenen Sinn dafür entwickelt hatte, klagte nur, daß die Kraft der Vitalenergie immer ferner wurde, bis sie für ihn überhaupt nicht mehr zu spüren war.
„Gleich kommen wir in die Grauzone", warnte Zoke. „Weiter habe ich mich nicht vorgewagt."
Die Röhre, durch die sie sich vorgetastet hatten, endete abrupt. Dahinter war alles grau in grau. Durch die nebeligen Schleier sah Atlan in eine Halle mit fremdartigen Maschinen.
Atlan hob die Hand, um den anderen Halt zu gebieten, und trat hinaus. Nichts passierte. Graue Nebel umwallten ihn wie die ruhelosen Seelen jener, die von der Tiefe eingeatmet worden waren.
Statt dich in mystifizierenden Vergleichen zu ergehen, solltest du die Sache analytisch betrachten, meldete sich sein Extrasinn. Der Nebel ist nur eine optische Täuschung, der unzulänglichen Anpassungsfähigkeit deines Auges zuzuschreiben. Werde grau, und du siehst den Nebel nicht mehr.
Manchmal entwickelte sein Extrasinn eine seltsame Art von Humor.
„Folgt mir", sagte Atlan zu den anderen. „Aber vorsichtig."
Dhazenyoek kam als erster, Chulch, Zoke und Wöleböl folgten. Das Moos, mit dem Zoke seinen Körper bedeckt hatte, leuchtete nicht mehr. Der TeDe-Fe gab ein Stöhnen von sich, er krümmte seinen wurzelstockartigen Körper und stürmte nach vorne.
Chulch machte einen Satz durch die Luft und dann noch einen, was den Anschein erweckte, als springe er einen unsichtbaren Gegner an.
„Atme ein, Tiefe! Atme ein!" rief Dhazenyoek und stürmte auf abgewinkelten Beinen nach vorne. Dabei ließ er einen Raketenpfeil nach dem anderen von der Sehne seiner Armbrust schnellen, bis das Magazin leer war.
Die Geschosse zogen ihre feurige Bahn und verursachten an den Einschlagstellen ein knatterndes Feuerwerk. Ein Krachen, und irgendeine der Maschinen brach in Trümmer.
Atlan wußte nicht, was seine Kameraden zu dieser Raserei veranlaßte. Er spürte keinen wie auch immer gearteten Einfluß und konnte keine Bedrohung entdecken. Er blickte sich nach Wöleböl um, aber der Meykatender war nicht mehr hinter ihm.
Auf der linken Seite erfolgte eine Explosion. Atlan sah, wie Chulch das dicke Rohr hochhielt
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