1218 - Dämonenflucht
feststellte.
Ein letzter Blick noch, dann war ich bereit, durch das Fenster in den Raum zu steigen.
Auch im Zimmer empfing mich die Stille. Ich schob mich nach rechts und kletterte an dem Knochensessel vorbei. Dann streckte ich das rechte Bein aus, fand Halt auf dem Fußboden und schlich auf die Tür zu. Der Schlüssel steckte tatsächlich von innen. Ich drehte ihn zwei Mal um, jetzt war die Tür wieder offen.
Auf dem Tisch brannten nur noch zwei Kerzen. Eine war bereits erloschen, aber wesentlich dunkler war es trotzdem nicht geworden. Mit einem schnellen Rundblick überzeugte ich mich davon, dass hier alles in Ordnung war, und wandte mich dem Nebenraum, dem Schlafzimmer des Abbé, zu.
Wie so oft achtete ich auch hier auf mein Bauchgefühl.
Obwohl weder etwas zu hören noch zu sehen war, fühlte ich mich nicht unbedingt sicher. Ich hatte das Gefühl, mich durch eine Enge zu bewegen, die inmitten einer Schattenwelt lag.
Einen Seitenblick gönnte ich auch dem Knochensessel.
Täuschte ich mich oder fluoriszierte er tatsächlich in einem unnatürlichen Grün?
Es war möglich, dass das Licht der zwei noch brennenden Kerzen ihn dazu gebracht hatte, ansonsten war er inaktiv.
Zumindest kannte ich ihn nicht anders.
Ich näherte mich der Schlafzimmertür. Noch immer wurden meine Trittgeräusche geschluckt. Die Tür war nicht völlig geschlossen. Handbreit stand sie offen.
Ich spähte in das Schlafzimmer.
Diesmal ärgerte ich mich darüber, dass der Abbé keine Kerze angezündet hatte. Er lag im Dunkeln, und auch das Licht aus dem ersten Raum reichte nicht bis zu seinem Bett. Seine Gestalt war zuerst nicht zu sehen. Ich musste schon genau hinschauen, um überhaupt einen Umriss zu erkennen.
Es passte mir überhaupt nicht, dass ich keine Schlafgeräusche hörte. Normalerweise wehen die Atemzüge eines Schlafenden durch das Zimmer, hier war jedoch alles still.
Zu still - totenstill!
Der Vergleich gefiel mir gar nicht. Sehr behutsam drückte ich die Tür so weit auf, dass ich mich hindurchschieben konnte.
Noch einmal tief Luft geholt, dann hielt ich den Atem an. Ich musste mich leicht nach links drehen, um auf das Bett zuzugehen. Erst jetzt, da ich recht nahe herangekommen war, erkannte ich den Abbé. Er lag auf dem Rücken, und mir fiel sein blasses Gesicht auf, das sich von der übrigen Umgebung abhob.
Ich ging einen Schritt weiter.
Nichts warnte mich. Wie auch, denn es gab nur diese Stille.
Ich hätte mich jetzt umdrehen können, um das Schlafzimmer so gut wie möglich zu durchsuchen, aber dazu kam ich nicht mehr.
Hinter mir hörte ich ein leises Knirschen, das entsteht, wenn Lederkleidung bewegt wird, und noch im gleichen Augenblick fuhr an meiner rechten Gesichtshälfte eine Hand entlang, die sich nur einen Moment später hart auf meinen Mund legte.
Während ich nach hinten gerissen wurde, hörte ich das Lachen, das ich verdammt gut kannte.
Sofort wusste ich, wer mir aufgelauert hatte - Justine Cavallo!
***
Sie stand plötzlich vor Vincent van Akkeren, als er die Mauer überklettert hatte. Sie kam schnell, und der Grusel-Star zuckte zusammen, bevor er eine entspanntere Haltung einnahm und die Person aus schmalen Augen anschaute.
»Justine, verdammt!«
»Genau.« Die blonde Sex-Bombe mit den Vampirzähnen lächelte breit. »Freust du dich?«
»Was willst du hier?«
»Nicht dich!«
»Kann ich mir denken. Warum bist du gekommen? Oder hat Mallmann dich geschickt?«
»Teils, teils. Ich bin hier, weil ich nicht vergessen kann, dass man mich reingelegt hat. Außerdem gehöre ich zu den Leuten, die eine Beute so leicht nicht aufgeben.«
»Also Sinclair.«
»Genau.«
»Weißt du, wo er steckt?«
Sie fuhr mit den gespreizten Fingern durch ihr blondes Haar.
»Das kann ich mir denken.«
»Und du willst allein hinein?«
»Ist das ein Problem?«
»Sie passen verdammt gut auf.«
»Das ist mir egal. Ich habe keine Angst. Wer will mir etwas antun? Und Sinclairs Helferin ist auch verschwunden. Also habe ich freie Bahn und werde mir sein Blut holen.« Sie lachte und zeigte ihre beiden Eckzähne. »Bis auf den letzten Tropfen werde ich ihn aussaugen.«
Van Akkeren hatte alles verstanden. Er sagte allerdings nichts, sondern hing seinen Gedanken nach. Natürlich, er konnte sich vorstellen, dass die blonde Bestie ihr Vorhaben in die Tat umsetzte.
Wenn es möglich war, ging sie ihren Weg und ließ sich durch nichts stören. Radikal, ohne Umleitungen.
Auch wie sie vor ihm stand, hatte ihre Haltung etwas
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