122 - Der Geisterwolf
nicht mehr lebte, blickte Douglas mit einer gewissen Unruhe in die Zukunft.
Wenn man den Killer erwischte, würde ihm zunächst niemand glauben. Aber dann würde man in Clark Dern schwarzes Blut entdecken, und das konnte einen Stein ins Rollen bringen…
Ungeduldig wartete Douglas, bis Miller draußen war. Kaum war der Chef der Werbeabteilung ausgestiegen, fing Vicky Bonney im Kofferraum zu schreien an.
Gleichzeitig gab aber Douglas kräftig Gas. Der Motor heulte auf und deckte die gedämpften Schreie des Mädchens zu. Jedoch nicht ganz. Bob Miller glaubte, Hilferufe zu hören, aber er war sich nicht sicher.
Er wollte Douglas am Weiterfahren hindern, doch das gelang ihm nicht. Das Fahrzeug schoß wie eine Rakete davon, und Bob Miller trat kopfschüttelnd auf die Fahrbahn und blickte dem davonrasenden Wgen verwirrt nach.
»Merkwürdig«, sagte er und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger das Kinn. »Heute benahm er sich ganz eigenartig.«
Aber daß Spencer Douglas ein Mädchen im Kofferraum transportierte, wollte Bob Miller denn doch nicht glauben. Er mußte sich die Rufe eingebildet haben.
***
Ein Wolf!
Aggressiv zog das Tier die Lefzen hoch und entblößte das kräftige Gebiß. Auf dem Rücken war das Fell gesträubt, und Bruce O’Hara -wußte, daß ihn das Raubtier gleich anspringen würde.
Verstört dachte er an Claudette. War seine Schwester diesem Wolf zum Opfer gefallen? Seine Angst uferte aus. Er wandte sich um und ergriff die Flucht.
Das Tier stieß sich kraftvoll ab und sprang. Krallen trafen O’Haras Rücken und zerfetzten seine Kleidung.
Er stöhnte auf, stolperte und wäre beinahe gestürzt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hastete er weiter, doch er erreichte das Haus nicht. Ein Biß ins Bein warf ihn nieder. Aufschreiend stürzte er zwischen die Beete.
Sofort war das Biest über ihm. Geifer tropfte ihm ins Gesicht Er riß die Arme hoch, als der Wolf abermals zubeißen wollte, wehrte den Angriff ab, trug eine schmerzhafte, blutende Verletzung am linken Unterarm davon, schaffte es aber dennoch, das Tier mit kräftigen Tritten zurückzubefördern, aufzuspringen und weiterzuhumpeln.
Neben der Küchentür lehnte ein Besen. Damit bewaffnete sich Bruce O’Hara. Er drehte ihn um und schlug mit dem Stiel auf den gefährlichen Angreifer ein.
Das Tier wich zurück, und O’Hara hastete ins Haus. Er warf die Tür zu und schob den Riegel vor. Dann holte er sich das schwere Fleischbeil, mit dem sie die Knochen zerhackten.
Er war entschlossen, bis zum letzten Atemzug um sein Leben zu kämpfen, falls es dem Wolf gelingen sollte, in das Haus emzúdringen. Das Tier schnellte an der Tür hoch.
»Bleib draußen, du verfluchter Mörder!« schrie O’Hara.
Er hörte, wie der Wolfskörper gegen die Tür prallte, sah die glühenden Lichter der Bestie, die ihn mordlüstern anfunkelten.
»Verschwinde!« brüllte O’Hara. »Oder ich haue dich in Stücke!«
Der Wolf zog sich zurück, aber O’Hara traute dem Frieden nicht. Bestimmt lag das tückische Tier irgendwo auf der Lauer und wartete darauf, daß er hinauskam, um Claudette zu suchen.
Er würde nicht hinausgehen. Damit half er seiner Schwester nicht. Es war vernünftiger, im Haus zu bleiben und die Polizei anzurufen. O’Hara legte das Beil nicht weg.
Heftige Schmerzen durchtobten ihn, als er die Küche verließ. Immer wieder fiel er gegen die Wand. Er atmete schwer und wollte nicht daran denken, welches Schicksal seine Schwester möglicherweise ereilt hatte.
Sie war nicht so kräftig wie er, konnte sich nicht so heftig wehren. Er befürchtete deshalb das Schlimmste. Die Polizei mußte schnellstens kommen und diese Bestie unschädlich machen.
O’Hara wankte zum Telefon. Der Raum begann sich zu drehen, zuerst langsam, dann immer schneller. Alles schien um ihn zu rotieren. Als das Telefon »vorbeikam«, griff er mit beiden Händen zu.
Das Beil entfiel ihm dabei. Er verlor das Gleichgewicht, fiel auf das Telefontischchen und riß den Apparat mit. Von glühenden Schmerzen gepeinigt, lag er auf dem Rücken.
Die Decke schien sich einige hundert Meter über ihm zu befinden. Entfernungen und Perspektiven entsprachen nicht mehr der Realität. Eine bleierne Schwärze legte sich auf seine Augen.
Er konnte nichts mehr sehen - und er spürte auch nichts mehr. Die Schmerzen hatten ihm die Besinnung geraubt.
***
Vicky Bonney stemmte sich mit Händen und Füßen gegen den Kofferraumdeckel, doch er ließ sich nicht hochdrücken. Ruhig bleiben! Keine Panik! redete
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