122 - Der Geisterwolf
Bäume.
»Claudette!« rief Bruce O'Hara. »Claudette, wo bist du?«
Sie antwortete nicht, aber er vernahm ein verdächtiges Geräusch hinter dürren Büschen.
»Claudette?«
Er trat aus dem Haus und ging durch den kleinen Gemüsegarten, mit dem sich seine Schwester in der warmen Jahreszeit sehr viel Mühe gab. Sie verbrachte viele Stunden damit, Pflänzchen zu setzen, Samenkörner auszustreuen, Unkraut zu jäten.
Der Gemüsegarten war ihr Hobby. Wenn Bruce Zeit hatte, half er ihr bei der Arbeit, denn auch ihn erfreute es, die eigenen Pflanzen wachsen und gedeihen zu sehen. Im Winter war hier nichts zu tun.
Bruce blieb stehen. Ihm waren die Abdrücke von großen Hundepfoten aufgefallen. Trieb sich in der Gegend etwa ein herrenloser Hund herum?
Wieder ein Geräusch! Bruce O’Hara fuhr herum, und sein Herz schlug schneller. Er fühlte sich hier draußen plötzlich unbehaglich. Was mochte Claudette aus dem Haus gelockt haben? Für gewöhnlich war sie froh, bei Einbruch der Dunkelheit zu Hause zu sein. Sie war kein besonders mutiges Mädchen, aber darin sah ihr Bruder keinen Makel.
Im Gegenteil, er begrüßte das, denn dadurch war Claudette immer vorsichtig, und vorsichtigen Menschen stößt nicht so schnell etwas zu.
An einem Strauch hing noch welkes Laub. Selbst der heftigste Wind hatte es nicht abzureißen vermocht. Und hinter diesem Strauch schien sich jemand mi befinden.
Der Hund vielleicht, dessen Spuren Bruce O’Hara vorhin entdeckt hatte? Der junge Mann ging rechts am Busch vorbei. Seine Nervenstränge strafften sich.
Er ballte die Hände zu Fäusten und biß sich auf die Unterlippe. War es ratsam, weiterzugehen? Das Tier konnte Tollwut haben. Bruce O’Hara wäre ins Haus zurückgekehrt, wenn sich seine Schwester darin befunden hätte.
So aber wollte er wissen, wo sie war und wieso sie nicht antwortete, wenn er sie rief. Allmählich machte er sich Sorgen um Claudette. War ihr irgend etwas zugestoßen?
Hatte dieser Hund vielleicht… Bruce O’Hara dachte diesen Gedanken lieber nicht zu Ende. Er ging mit vorsichtig gesetzten Schritten um den Strauch herum, und in der nächsten Sekunde übersprang sein Herz einen Schlag.
Da war der Hund! Oder nein - kein Hund… Es war ein Wolf!
***
Spencer Douglas hatte die Ohnmächtige zu seinem Wagen getragen, den Kofferraum geöffnet und das Opfer hineingelegt, Er klappte den Deckel zu und nahm, wieder menschliches Aussehen an.
Vor dem Kaufhaus befand sich sehr viel Polizei. Douglas wollte nicht, auffallen, In menschlicher Gestalt konnte er die Beamten täuschen. Sie würden keinen Verdacht schöpfen.
Er stieg in den Wagen und startete den Motor, Langsam ließ er das Fahrzeug die Abfahrt hinunterrollen. Ein Polizist stand vor der Ausfahrt, mit dem Rücken zu Douglas, Der Schwarzblütler mußte anhalten. Am liebsten hätte er Gas gegeben und den Polizisten über den Haufen gefahren, doch er beherrschte sich und wartete.
Als der Uniformierte keine Anstalten machte, sich umzudrehen oder zur Seite zu treten, tippte Spencer Douglas kurz auf die Hupe, um sich bemerkbar zu machen.
Jetzt drehte sich der Beamte um, und Douglas setzte ein entschuldigendes Lächeln auf. Er wies auf die Straße. Der Polizist verstand und trat zur Seite.
In dem Moment, als Douglas weiterfahren wollte, trat jemand an die Beifahrertür und öffnete sie. Es war Bob Miller, der Chef der hauseigenen Werbeabteilungg Er streckte den Kopf herein und fragte: »Nimmst du mich mit?«
Douglas wollte ablehnen, aber das hätte zu einer Diskussion geführt, denn, er nahm Miller häufig mit, weil sie ungefähr denselben Heimweg hatten.
Heute kam ihm das höchst ungelegen, doch ehe er Miller irgendeine Antwort geben konnte, saß dieser bereits neben ihm und gurtete sich an, »Was ist?« fragte der Polizist. »Warum fahren Sie nicht?«
»Ja, warum fährst du nicht?« fragte Bob Miller, der kein eigenes Fahrzeug besaß. Er war viermal zur Führerscheinprüfung angetreten und immer wieder durchgerasselt.
Douglas ließ seinen Wagen an dem Beamten vorbeirollen. »Entschuldigung«, sagte er zum halb offenen Seitenfenster hinaus.
»Du bist ein bißchen durcheinander«, stellte Bob Miller fest, »Wundert dich das? Man hat Clark erschossen«, gab Douglas zurück.
»Schlimme Sache. Nun ist man schon an seinem Arbeitsplatz seines Lebens nicht mehr sicher. Handelte es sich bei dem Killer um einen Verrückten oder um einen Terroristen?«
»Das werden wir wissen, sobald ihn die Polizei gefaßt hat.«
»Du
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