1224 - Das Herz der Hexe
Mücken eine regelrechte Brutstätte.
Ich lenkte den Rover in die relative Einsamkeit hinein und wandte mich an Suko, der neben mir hockte und die Augen halb oder ganz geschlossen hielt, so genau konnte ich das nicht erkennen.
»Was werden wir finden?«
Er hatte mich gehört und antwortete mit einer Gegenfrage.
»Was willst du finden?«
»Die Hexe ohne Herz.«
»Richtig, Alter. Und du meinst, dass sie in der Gegend herumläuft und auf uns wartet.«
»Das nicht gerade. Aber ich rechne nicht damit, dass sie sich unbedingt versteckt hält.«
»Tagsüber schon.«
»Wir haben Zeit.«
Unser Gespräch schlief ein. Ich konzentrierte mich wieder auf die Fahrerei. Es gab kein Schild, das auf ein Gebiet mit dem Namen Moonside hinwies, da mussten wir uns schon selbst durchwursteln und einfach auf unser Glück vertrauen.
An der Südseite des Bushy Parks waren wir vorbeigefahren.
Zur Rechten wühlte sich die Themse durch ihr Bett. Ein großer Strom, der in die entgegengesetzte Richtung floss, in dem Inseln lagen und der sich auch an den Ufern Platz geschaffen hatte.
Die nächsten kleinen Vororte lagen recht weit entfernt. Nur wenige Häuser passierten wir. Sie wirkten in aller Regel sehr verlassen, als wären die Menschen schon vor langer Zeit aus ihnen geflüchtet.
Trotzdem war die Gegend nicht einsam. Ein Wetter wie dieses lockte viele Menschen ins Freie, denn es gab in dieser Umgebung viele Gelegenheiten, um zu baden. Es war manchmal gefährlich, aber das kümmerte die Menschen weniger.
Sie hatten kleine Zelte aufgebaut. Sie grillten, sie fuhren auf kleinen Booten die toten Flussarme ab, und sie marschierten auch über die Straße, über die wir fuhren.
Ich hielt an und winkte.
Zwei junge Frauen mit jeweils einem Kind an der Hand, traten zögernd näher. Sie trugen beide Bikinis und hatten über die Schultern Badetücher gehängt.
Ich setzte mein Sonntagslächeln auf und erkundigte mich nach dem Ziel mit dem Namen Moonside.
»Das ist nicht weit, Mister.«
»Wo müssen wir hin?«
Ein Kind begann zu weinen, weil es unbedingt ins Wasser wollte, deshalb musste seine Mutter lauter sprechen. »Sie brauchen nur weiter geradeaus zu fahren. Verfehlen können Sie das Gebiet nicht. Da findet nämlich ein Kräutermarkt statt.«
»Heute?«
»Ja, und auch in den nächsten beiden Tagen.«
»Herzlichen Dank.«
Die Frauen gingen mit ihren Kindern weiter. Ich fuhr noch nicht an und wandte mich an Suko. »Hast du gehört? Da soll ein Kräutermarkt stattfinden.«
»Ja, habe ich gehört.«
»Hört sich an, als könntest du damit nichts anfangen.«
»Nur wenig, wenn ich ehrlich bin.«
Ich startete den Rover wieder und rollte weiterhin in die gleiche Richtung.
»Ein Kräutermarkt ist das, auf dem eben…«
»Kräuter verkauft werden - oder?«
»Ja«, sagte ich lachend.
»Dann habe ich mal das Wort Kräuterhexen gehört. Passt doch irgendwie. Oder meinst du nicht?«
»Kann sein. Aber so harmlos wie die Kräuterhexen ist unsere Frau ohne Herz wohl nicht. Ich gehe davon aus, dass auf dem Kräutermarkt die Bauern aus der Umgebung stehen, um ihre Produkte zu verkaufen. Und nicht nur Kräuter, auch andere Dinge. Vielleicht erleben wir sogar einen richtigen Trödel.«
»Das hat mir noch gefehlt«, stöhnte Suko. »Ich sollte Shao anrufen, die schaut sich gern auf diesen Trödelmärkten um. Für mich ist das irgendwie nichts.«
Meine Sache war es auch nicht, stundenlang über einen Trödelmarkt zu schlendern, aber es konnte durchaus sein, dass die Dinge hier eben anders aussahen.
Schilder wiesen darauf hin, wie wir fahren mussten. Der Betrieb nahm zu, als wir die Straße gewechselt hatten und praktisch direkt auf das Flussufer zufuhren.
Davor jedoch war der Kräutermarkt aufgebaut worden. In seiner unmittelbaren Nähe wurde ein freies Stück Gelände als Parkplatz benutzt. Dort hatten die Besucher ihre Autos abgestellt, und wir fanden dort auch einen Platz.
Vor unserer Abfahrt hatten wir noch mit unserem Chef, Sir James Powell, gesprochen und ihn in den neuen Fall eingeweiht. Sir James war es auch, der über Handy anrief.
Da ich nicht mehr fuhr, sondern stand und nur den Gurt gelöst hatte, meldete ich mich.
»Sind Sie schon am Ziel, John?«
»Soeben eingetroffen.«
»Das ist gut.« Sir James räusperte sich, bevor er weitersprach.
»Ich habe da eine Meldung auf den Schreibtisch bekommen, die ich nicht richtig einzuschätzen weiß. Sie könnte - ich betone könnte - etwas mit Ihrem Fall zu tun haben. Ich hätte sie
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