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1226 - Das Versteck

1226 - Das Versteck

Titel: 1226 - Das Versteck
Autoren: Jason Dark
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auf die Leichen wartete, das war nicht gelogen, denn das hätte ich ihr angesehen. Es gab demnach keinen Friedhof, sondern irgendjemanden im Wald versteckt, der sich auf die Toten freute.
    Ein Ghoul?
    Darauf deutete eigentlich alles hin. Denn diese mit am Schlimmsten abartige Dämonenart liebte Leichen. Nicht umsonst wurden Ghouls auch Leichenfresser genannt, und mir blieb für einen Moment die Spucke weg. Ich hatte plötzlich den schlechten Geschmack im Mund, als wäre dieser widerliche Leichengeruch bereits in meiner Kehle hoch bis zur Zunge gestiegen.
    Die Frau hatte die Veränderung bei mir bemerkt und fing an zu lachen. »Jetzt weißt du nicht mehr weiter, wie? Es ist für einen Bullen besonders schwer zu fassen, was da passiert, wie? Dass es viele Dinge gibt, die sich außerhalb der Bullenkontrolle befinden und…«
    Ich ließ sie nicht ausreden und stellte mit lauter Stimme die knappe Frage: »Ist es ein Ghoul?«
    Ich hatte damit gerechnet, eine Antwort zu bekommen, auch wenn es nur eine Nachfrage war, aber das Wort Ghoul schien sie aus der Fassung gebracht zu haben, denn sie schüttelte leicht den Kopf wie jemand, der das Wort noch nie gehört hat.
    Ich präzisierte mich. »Ein Leichenfresser, zum Beispiel. So kann man einen Ghoul auch bezeichnen.«
    »Sie haben eine große Fantasie.«
    »Nicht groß genug, wie mir scheint.«
    Heather Plummer wischte wieder über das Bügelbrett hinweg.
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er Nahrung braucht. Er liebt die Menschen, verstehen Sie? Aber Leichen?« Sie zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich nicht genau.«
    »Aber Jenny hätte dort hingeschafft werden sollen! Zu IHM, nicht wahr?«
    »Wir haben keinen Friedhof.«
    »Tolles Argument. Man hätte schließlich leicht einen anlegen können.«
    »Das wollten wir nicht.«
    »Was haust da im Wald?«, flüsterte ich. »Wer ist es? Oder wer ist er? Reden Sie!«
    »Nein.«
    »Okay, dann werden wir uns gemeinsam auf den Weg machen, Mrs. Plummer. Sie sind von hier. Sie kennen sich hier aus. Sie sind für mich die perfekte Führerin.«
    Der Vorschlag gefiel ihr nicht. Sie war plötzlich nervös und suchte nach einer Ausrede.
    »Ziehen Sie sich andere Schuhe an und…«
    »Nein!« schrie sie mich an. »Ich werde nicht mit Ihnen in den Wald gehen. Verstanden?«
    »Ja, das habe ich. Ich möchte Sie auch nicht mit Handschellen bestücken. Wenn Sie mir das Versteck nicht zeigen wollen, muss ich mich an eine andere Person wenden. An Ihren Bruder, zum Beispiel. Und sagen Sie nicht, dass er nicht informiert ist.«
    Plötzlich lachte sie. Scharf und laut. Als hätte ich einen besonderen Witz gemacht. »Sie wollen zu meinem Bruder?«
    »Er weiß anscheinend mehr.«
    »Aber er ist nicht hier!«, sagte sie hämisch.
    »Das weiß ich, Mrs. Plummer. Nur werden Sie mir sicherlich sagen können, wo ich ihn finde.«
    Ihre Augen glänzten plötzlich. Ich erkannte, dass sie Bescheid wusste. Zugleich kroch in mir ein ungutes Gefühl hoch, das wie von zahlreichen Spinnenbeinen transportiert wurde.
    Wahrscheinlich würde mir die Antwort nicht gefallen, und ich hatte mich nicht geirrt, denn sie schrie sie mir voller Härte entgegen.
    »Er ist in der Scheune. Er ist hingegangen. Er kann Jenny nicht laufen lassen. Er holt sie sich zurück, um unseren Freund endlich zu füttern…«
    ***
    Das war wieder der berühmte Schlag in den Magen. Ich musste zusehen, wie Mrs. Plummer Oberwasser bekam. Sie freute sich, rieb ihre Hände, und es hätte nicht viel gefehlt, dann hätte sie auf der Stelle und hier in ihrer Wohnküche ein Tänzchen gemacht.
    In mir kroch der Verdacht hoch, genau das Falsche getan zu haben. Ich hätte nicht in das Dorf gehen, sondern in der Nähe der Scheune bleiben sollen, aber im Nachhinein ist man ja immer schlauer. Jedenfalls hatte Heather ihren Spaß, und ihr Lachen hörte sich einfach widerlich an.
    »Halten Sie Ihr Maul!«, brüllte ich sie an.
    Sie hatte sich gebückt. Jetzt kam sie wieder hoch, nachdem sie sich vom Bügelbrett abgestützt hatte. Sie wischte Speichel von ihren Lippen und nickte mir zu. »Na, nervös geworden?«
    »Er war also an der Hütte?«
    »Ja, Mason hat nur darauf gewartet, dass einer von Ihnen verschwindet. Er ist natürlich nicht allein. Es gibt immer Menschen, die ihm helfen, weil sie ihm verpflichtet sind. Mein Bruder ist der heimliche Herrscher hier bei uns.«
    »Nur bin ich auch nicht allein gekommen.«
    »Ich weiß«, gab sie lächelnd zu. »Aber Ihr Kollege wird für meinen Bruder kein
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