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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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schweren Eisenschloss gesichert. Die Gestalt keuchte und begann dann wimmernd auf die Freunde zuzukriechen. Als sie sie erreichte, streckte sie die Hände aus, packte das Gitter und zog sich an den Eisenstäben quälend langsam hoch.
    Nelson zuckte zusammen. Es war eine Frau! Eine uralte Frau! Grauen kroch ihm unter die Haut, als ihn ihr wirrer Blick traf. Verfilzte graue Haare fielen ihr auf die Schultern. Ihre runzelige Haut war übersät mit eitrigen Beulen. Aus entzündeten Augen starrte sie die Freunde wirr an. »Levent«, krächzte sie, »Levent, ja, ja.«
    Entsetzt wichen die Freunde zurück. Nelson fühlte sich wie betäubt. Er empfand Abscheu und Mitleid zugleich. Für diesen Menschen kam jede Hilfe zu spät. Selbst wenn sie die Alte hier hätten rausholen können, wäre sie viel zu schwach gewesen, um den Weg in die Freiheit zu Ende zu gehen. Ihr Blick traf ihn wie der Stich einer heißen Nadel. Hatte sie die Kerkerhaft in den Wahnsinn getrieben? Oder war ihr der Irrsinn zum Verhängnis geworden?
    Sie rannten zurück und blieben bei der ersten Abzweigung keuchend stehen.
    »Wohin?«, fragte Judith.
    Nelson sah sich suchend um. Plötzlich stockte er. »Wo ist Luk?«, fragte er atemlos.
    »Auch das noch«, stöhnte Judith.
    Sie riefen nach ihm. Erst leise. Dann lauter. Niemand antwortete.
    Sie liefen weiter. Wählten da, wo sie das erste Mal abgebogen waren, die entgegengesetzte Richtung. Und landeten in einer Sackgasse.
    Panik erfasste sie. Mittlerweile hatten sie keine Ahnung mehr, wo sie waren. Sie hetzten zurück, bogen an der nächsten Weggabelung in eine andere Richtung ab, landeten wieder in einer Sackgasse und wollten schon aufgeben, als sie plötzlich eine Stimme hörten. Nelson hob die Fackel. Am anderen Ende des Gangs kauerte eine Gestalt. Als sie näher kamen, erkannten sie Luk, der vor einer Zelle hockte und auf jemanden einredete. Im ersten Moment kam es Nelson so vor, als ob sie wieder bei der wahnsinnigen Alten gelandet wären. Doch in der Zelle saß ein anderer.
    Nelson erkannte ihn sofort. Obwohl die jämmerliche Gestalt jenseits des Gitters nicht mehr allzu viel Ähnlichkeit mit jenem Jungen hatte, den er vom Foto her kannte. Die langen schwarzen Haare waren stumpf und verklebt. Sein Gesicht starrte vor Dreck. Aber das Schlimmste war der Ausdruck in seinen Augen. Aus ihnen sprach pure Angst und Verzweiflung.
    »Levent«, japste Judith.
    Der Junge blickte sie irritiert an. »Wer seid ihr?«, flüsterte er schwach. »Woher kennt ihr meinen Namen?«
    »Ich bin’s, Judith. Wir sind gekommen um dich zu befreien.« Judith weinte fast. »Madonna hat uns hergebracht.«
    »Madonna?« Levent schüttelte müde den Kopf. »Das ist unmöglich.«
    In knappen Worten setzte sie ihn ins Bild. Aus Levents Erwiderungen wurde klar, dass sich Madonna in der Tat selbstständig gemacht haben musste und ihr Erbauer von ihrem Verschwinden gar nichts mitbekommen hatte.
    »Wie kriegen wir das verdammte Schloss auf?«, fluchte Nelson und rüttelte an der Tür. Er ärgerte sich, dass sie zwar perfekt gekleidet waren, mit Gold und Waffen ausgestattet, aber an das Wichtigste, nämlich einen Dietrich, nicht gedacht hatten. Dabei hätten sie in Erwägung ziehen müssen, dass Levent irgendwo gefangen gehalten wurde. Was nutzte es, dass sie ihn aufgespürt hatten, wenn sie ihn nicht befreien konnten!
    Plötzlich vernahmen sie Stimmen. Schritte näherten sich. Panisch blickten sie sich um. Doch sie saßen in der Falle. Am Ende des Ganges huschten flackernde Schatten über die Wand. Noch wenige Sekunden, dann…
    »Wir kommen wieder«, flüsterte Nelson schnell, »wir holen dich hier raus.«
    Im nächsten Moment bogen zwei Wachposten um die Ecke. Als sie die Freunde erblickten, zogen sie ihre Schwerter und rannten schreiend auf sie zu.
    »Beeilt euch!«, presste Levent noch hervor. »Sie werden mich umbringen!«
    »Was habt ihr hier zu suchen?!«, brüllte einer der Männer. Erstaunt erkannte er, dass es sich bei den Eindringlingen um Mönche handelte.
    Nelson trat vor. »Unser Bruder« – er deutete auf Luk – »er hat sich verlaufen. Gott sei gedankt, dass wir ihn unversehrt wiedergefunden haben. Der Wein, ihr wisst schon Nelson rollte mit den Augen um anzudeuten, in welch betrüblichem Zustand sich Bruder Gawein befand.«
    Doch der Wachposten hatte seine Order. »Ich muss das melden«, erwiderte er barsch. »Niemand darf zu dem Antichristen Kontakt haben.«
    »Der Antichrist ist tot!«, plärrte Luk. »Tot, tot,

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