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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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tot!«
    Der Wachposten trat einen schnellen Schritt auf ihn zu. Dann stutzte er plötzlich. Über Luks Schulter hinweg warf er einen unsicheren Blick in die Zelle. Nelson sah sich um. Levent lag reglos am Boden. »Schnell!«, rief der Wärter und machte seinem Gefolgsmann ein Zeichen. Dieser nahm einen riesigen Schlüssel vom Bund und öffnete rasch die Tür. Der andere folgte ihm. Beide beugten sich über Levents leblosen Körper.
    Es wäre ihre Chance gewesen!
    Später sollten sie sich bittere Vorwürfe machen, dass sie in diesem Moment zu feige oder zu unentschlossen gewesen waren, um das Heft in die Hand zu nehmen, oder bloß zu dumm, die Gelegenheit zu erkennen.
    Wenn sie die Wärter umgestoßen und mit einer Ladung Pfefferspray bedacht hätten – sie hätten Levent rausziehen und die Wachleute einschließen können! Madonna war so nah! Sie hätten genug Zeit gehabt, zu fliehen – weg von diesem Ort des Grauens, fort aus dieser Epoche der Finsternis!
    Irgendwann war der Augenblick unwiederbringlich vorüber. Die Wärter hatten sich vergewissert, dass der Antichrist noch lebte, und alles andere war unwichtig.
    Ob Levent nur Theater gespielt hatte um seine Befreiung zu forcieren oder wirklich ohnmächtig geworden war, sollten die Freunde nicht mehr erfahren. Roh trieben sie die Wärter fort. Ohne sich noch einmal nach dem Gefangenen umdrehen zu können, stolperten sie Richtung Ausgang, betäubt von einem Gefühl grenzenloser Ohnmacht, in das sich ein Anflug von schlechtem Gewissen mischte. Sie hatten auf ganzer Linie versagt! Wie hatten sie nur so naiv sein können, derart unvorbereitet in diese Aktion zu stolpern?!
    Wie ertappte Gauner kamen sie sich vor, als sie keuchend die letzte Stufe erreichten und den Lagerraum betraten, wo sie bereits vom gesamten Küchenpersonal erwartet wurden. Niemand sagte ein Wort. Aber die Blicke, die man ihnen zuwarf, sprachen Bände.
    Nach einigen stummen Minuten – einer der Wachposten war sofort davongeeilt um Bericht zu erstatten – teilte sich plötzlich die Menge. Zwei Männer traten vor, bei deren Anblick Nelson erschauerte: der eine war ein hagerer Ritter mit einem Kreuz auf der Brust, das zwei Schlangen formten. Der andere aber – Nelson sträubte sich zu glauben, was er sah – war der Mönch aus seinem Traum!
    Nelson zitterte. Während ihn die grauen Augen des Hageren kalt und neugierig musterten wie die Schlange das Kaninchen, das sie gleich zu fressen gedenkt, versuchte sich Nelson vergeblich klar zu machen, was hier geschah. Eine solche Begegnung war unmöglich! Durch nichts zu erklären! Und doch gab es keinen Zweifel: Das teigige Gesicht, die winzigen bösen Augen, die auffällig scharfkantige Tonsur und die filzig-weiße Kutte – genau so hatte der Mönch ausgesehen, der ihm im ersten Traum die Hand abgeschnitten hatte und Levent im zweiten Traum verbrennen ließ.
    »Wer seid ihr?«, bellte der Hagere, in dem Nelson Alpais von Greifenfels vermutete. »Wer schickt euch? Welchen Auftrag hat euch der Antichrist erteilt?«
    Nelson öffnete den Mund um zu antworten. Aber er brachte keinen Ton heraus.
    »Redet!«, schrie der Schlangenritter ungeduldig. »Oder ich werde euch zum Reden bringen!«
    Nelson schluckte. Er zweifelte nicht daran, dass der Ritter seine Drohung wahrmachen würde. Aber der Kloß in seinem Hals war so groß, dass kein Wort an ihm vorbeikam.
    »Niemand schickt uns«, hörte er Judith plötzlich antworten und wunderte sich über die Wut in ihrer Stimme. »Wir sind Franziskaner, wie ihr unschwer erkennen könnt! Was fällt euch ein, uns wie die Inkarnation des Leibhaftigen zu behandeln?! Wer seid ihr, dass ihr euch das Recht nehmt, den Burgfrieden auf solch schamlose Weise zu verletzen?«
    »Hüte deine Zunge«, schäumte der Hagere und blitzte sie gefährlich an. »Ich, Alpais von Greifenfels, wirke im Auftrag Gottes.« Dabei warf er einen kurzen Blick auf den dicken Mönch. »Und der Schutz des Burgherrn gebührt ausschließlich jenen, die ihn auch verdienen.«
    »Was willst du damit sagen?« Judith blickte ihn lauernd an.
    »Dass ihr Boden betretet, der euch verbrennen wird.« Er trat einen Schritt auf Judith zu.
    Diese dachte jedoch gar nicht daran, zurückzuweichen. Zornig sah sie dem Grauäugigen ins Gesicht. »Unser Bruder hatte sich verirrt. Wir haben ihn gesucht. Wir haben ihn gefunden. Auf dem Rückweg sind wir euren Häschern begegnet. Mehr gibt es nicht zu sagen.«
    »Ich habe mich gar nicht verirrt«, nörgelte Luk. »Ihr habt mir

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