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1227 - Verschollen im Mittelalter

1227 - Verschollen im Mittelalter

Titel: 1227 - Verschollen im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Smith
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herüber und unterbrach sich abrupt, als sie ihre Freunde erkannte. Luk klopfte Nelson auf den Rücken, bis dessen Hustenreiz allmählich nachließ. Einige der Umstehenden blickten die beiden missbilligend an.
    »Ich denke«, war Schwester Clothildes Stimme zu vernehmen, »wir sollten uns noch ein wenig ausruhen, bevor uns die Fanfaren zum Finale rufen. Wenn die Herrschaften entschuldigen wollen…« Sie wandten sich ab und schwebten über den Platz davon. Judith drehte sich noch einmal um und warf Nelson einen wütenden Blick zu.
    »›Augen, türkis wie ein Bergsee‹!«, wiederholte dieser angewidert. »Der ist wohl die Perücke nass geworden.«
    »Vielleicht hat sie sich ja verknallt«, mutmaßte Luk und grinste.
    »Sie hat doch noch nicht mal sein Gesicht gesehen.« Nelson schnitt eine Grimasse. »Wahrscheinlich sieht er aus wie Meatloaf. Und… Mann, der ist doch bestimmt zehnmal so alt wie sie.« Luk sah ihn befremdet an. »Ist ja auch egal«, sagte Nelson schnell. »Wollen wir weiter?«
    Sie schlenderten noch ein wenig umher, sahen einem alten Fakir zu, der sich, auf der Schneide zweier Dolche balancierend, einen Spieß durch die überschüssige Haut seines faltigen Halses bohrte, lauschten einige Sekunden lang dem Vortrag eines Wanderpredigers, der das unmittelbar bevorstehende Ende der Welt verkündete, beobachteten irritiert, wie sich ein aufgetakeltes Weib, allem Anschein nach eine Hure, ungeniert an einen Kesselflicker heranwarf, um mit diesem wenig später in einem der Ställe zu verschwinden, und stärkten sich an einem der üppig bestückten Erfrischungsstände mit Brot, Wurst und Met.
    Als sie von fern her die Fanfaren vernahmen, lief es Nelson kalt den Rücken hinunter. Plötzlich war ihm flau zumute. Ob der blaue Reiter die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen würde? »Jetzt kannst du zeigen, was du draufhast«, murmelte er.
    Sie reihten sich in den Strom ein, der zum Turnierplatz wogte. Die Stimmung war ausgelassen. Nelson schnappte Wortfetzen auf, die ihm bestätigten, dass der blaue Reiter der unangefochtene Publikumsliebling war, aber auch, wer als klarer Favorit galt. Fast alle setzten auf Sir Brian.
    Bruder Tadeus erwartete sie bereits und hatte ihnen ihre Plätze freigehalten. Neben ihm saß der junge Dominikaner, der sie bei ihrer ersten Begegnung nach Franz von Assisi gefragt hatte. Die Art, wie er Nelson ansah, ließ in diesem die Vermutung keimen, dass Tadeus das Geheimnis des heiligen Zahns inzwischen mit dem Großteil seiner Ordensbrüder teilte.
    Diesmal war es dem Marschall vorbehalten, das Publikum auf die Finalkämpfe einzustimmen. Gemeinsam mit seinen Knechten präsentierte er den fiebernden Zuschauern das fürstliche Gestüt, darunter prächtige Araberhengste, fuchsfarbene englische Vollblüter und eine schneeweiße Lipizzaner-Zucht. Zuletzt gab es noch einige spektakuläre Vorführungen und Nelson war überrascht, in einem der Pferdeakrobaten einen jener Mongolen wiederzuerkennen, die als Abgeordnete des vor wenigen Tagen dahingeschiedenen Khans an der Einweihungsfeier der Burg teilnahmen.
    Dann war es endlich so weit. Während einige der Knappen mit großen Besen den aufgewühlten Platz herrichteten, trabten die Ritter ins Rund, allen voran Sir Brian, gefolgt von Graf Ingolf und als Letzter der blaue Reiter. Ein Jubelsturm brach los, der durch die gesamte Arena fegte und auch jene von den Sitzen riss, die üblicherweise darauf bedacht waren, in der Öffentlichkeit die Etikette zu wahren.
    Die Ritter lenkten ihre Rösser zunächst zur Ehrenloge, verbeugten sich vor dem Fürstenpaar und den Repräsentanten der Herrscherhäuser und nahmen schließlich aus der Hand des Waffenschmieds je drei Streitäxte in Empfang. Damit trabten sie zurück auf den Platz, wo man inzwischen drei Strohpuppen auf drehbare Holzscheiben montiert und in verschiedenen Abständen davon Linien gezogen hatte.
    Fürst von Rosenstoltz erhob sich. Augenblicklich trat Ruhe ein. »Wohlan, nun lasst uns denn zum Finale blasen!«, rief der Burgherr. »Drei Tage wurden wir auf das Gefälligste unterhalten und wollen heute den Sieger unter jenen Helden küren, die vor den Augen der Welt ein eindrückliches Zeugnis ihrer Kühnheit, Gewandtheit und Entschlossenheit abgelegt haben: Graf Ingolf von Reinhardtsheim, Sir Brian Lancaster und der, den wir als den blauen Reiter kennen!«
    Tosender Beifall brandete auf. Zuschauer sprangen auf, manche kreischten hysterisch, andere schickten sich an, den Platz zu stürmen. Wie

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