1231 - Im Würgegriff des Grauens
blieb.
Jennifer Flannigan stand auf ihrem Pult und war wieder von den beiden Bildschirmen eingerahmt. Die automatische Waffe hielt sie mit beiden Händen fest. Sie hatte die Pistole von sich aus gesehen nach rechts geschwenkt, denn in dieser Richtung lag ich.
Nur drückte sie nicht mehr ab.
In der Bewegung war sie erstarrt. Sie glich einer Statue. Das Wort »Topar« hatte seine magische Wirkung nicht verfehlt und sie dazu werden lassen. Nichts bewegte sich in ihrem Gesicht, nichts an ihrem Körper, und auch ich konnte mich nicht mehr bewegen, weil ich in den Bannkreis dieser alten Magie geraten war.
Einer allerdings handelte wie immer. Suko war schnell. Es blieben ihm fünf Sekunden Zeit, dann lief die Uhr wieder normal weiter. In dieser Spanne musste er alles verändert und zu unseren Gunsten gedreht haben. Er startete aus dem Stand heraus. Sein Ziel war der Schreibtisch. Er musste ihn noch vor Ablauf der Frist erreichen, was in diesem Fall sogar recht leicht war.
Jennifer Flannigan stand noch immer auf dem Pult, ohne sich zu rühren. Bei ihr war alles anders geworden, und genau diese Chance nutzte mein Freund aus. Er riss und drehte ihr die Waffe aus den Fingern, trat zur Seite, und dann war die Zeit um.
Ab jetzt bewegte auch ich mich wie immer. Es gab keine Gefahr mehr, und Jennifer tat das, was sie auch normalerweise getan hätte, wäre sie nicht gestoppt worden.
Sie wollte schießen.
Nur in diesem Fall mehr eine Pantomime, denn sie hielt keine Waffe mehr in den Händen. Es wirkte beinahe lächerlich, wie sie den rechten Zeigefinger durchzog.
Nach zwei, drei Sekunden merkte sie endlich, was da passiert war, und ich hörte ihren überraschten Aufschrei. Sie wäre sogar beinahe von ihrem Pult gefallen, weil sie sich unkontrolliert bewegte. Dann aber sah sie Suko, der ihr die Waffe zeigte.
»Es reicht nicht, Miss Flannigan. Nicht mehr. Was Sie suchen, das habe ich.«
Die Rothaarige sah aus, als wollte sie schreien. Da musste sie ihrem Frust einfach Luft verschaffen, aber sie sah irgendwie ein, dass es nichts brachte. Sie hatte es versucht, aber sie hatte nicht mit Sukos Cleverness gerechnet.
»Springen Sie zu Boden!«
Zwar hatte sie Sukos Befehl gehört, doch sie ignorierte ihn.
Stattdessen schaute sie mal mich an, dann wieder ihn, und erst als er mit ihrer Waffe ruckte, kletterte sie von ihrem Arbeitsplatz. Sie sprang nicht, sie ließ sich auf ihr Hinterteil nieder, bevor sie zu Boden rutschte, sodass sie auf ihren hohen Absätzen nicht umknickte.
Auch ich hatte meine Waffe gezogen und sprach die Frau an.
»Heben Sie die Arme.«
»Ja, mach ich.«
Es gab keine Schwierigkeiten. Sie legte die Hände auch gegen den Hinterkopf, und ich ging auf sie zu. Suko bedrohte sie von vorn. Eine Waffe hatte sie gezeigt. Ich war nicht sicher, ob sie noch eine zweite bei sich trug, und das wollte ich herausfinden.
Nein, auch als ich sie abtastete, fand ich keine Schusswaffe am Körper. Wenn, dann musste die Pistole in einer Schublade oder woanders gelegen haben.
Ihr Gesicht war blass geworden. Allerdings tanzten auf den Wangen einige rote Flecken. Auch ein Zeichen, dass sie unter einem starken inneren Druck litt.
»Und jetzt«, sagte mein Freund Suko, »werden Sie uns sicherlich erklären können, weshalb Sie auf uns geschossen haben.«
Sie schaute meinen Freund an. Dabei hielt sie die Lippen fest zusammengepresst.
»Wir warten«, sagte ich.
Sie schüttelte den Kopf.
»Hat Ihr Chef Ihnen den Angriff befohlen?«, erkundigte ich mich.
»Chef…?«
Täuschte sie uns? Hielt sie uns zum Narren, oder wusste sie tatsächlich nichts?
»Sie können die Arme wieder weg vom Nacken nehmen.«
»Danke.«
Suko zeigte ihr die Waffe. »Die gehört doch Ihnen, oder?«
Jennifer Flannigan runzelte die Stirn. Dann räusperte sie sich.
»Das weiß ich nicht«, sagte sie mit leiser Stimme.
»Aber Sie haben diese Pistole genommen und auf uns gefeuert«, erklärte Suko.
»Weiß nicht…«
Es kam Leben in sie. Jennifer bewegte ihre Augen. Sie schaute sich in der Umgebung um. Sie zuckte auch mit den Lippen, hob die Schultern an, wurde noch blasser, bevor sie ihre Hände rieb und erneut die Achseln zuckte. Sie schien aus einem Traum zu erwachen, atme te stöhnend und wirkte insgesamt hilflos.
Es stand noch nicht fest, ob wir ihr glauben konnten oder nicht. Aber es gab noch etwas anderes zu regeln. Wir hatten bisher nur sie angetroffen und nicht ihren Chef. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er die Schüsse nicht gehört
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