1242 - Geheimbund Omega
Worte mit Handbewegungen, »wir sind hier so etwas wie eine Auffangstation für Einsame, aber das wissen Sie ja. Die Frauen und Männer kommen zu uns, wenn Sie sich zu sehr allein fühlen, denn hier finden sie Zerstreuung unter Gleichgesinnten. Das muss ich Ihnen nicht erst erklären, Sie haben ja selbst genug für unsere Institution getan.«
»Meinen Sie die Spende?«
»Natürlich. Das war sehr großzügig von Ihnen.«
»Wenn ich etwas Gutes damit tun kann, dann reut es mich nicht. Das Jahr ist bald zu Ende und ich werde mal nachschauen, was ich für Sie tun kann, Mrs. Woodward.«
»Danke sehr. Das ist…«
»Warten wir es ab.«
»Gut.« Die Leiterin trank wieder von ihrem Tee. »Aber Sie sind nicht hergekommen, um nur zu plaudern oder sich zu zerstreuen, nehme ich an.«
»Da haben Sie Recht. Mich haben andere Motive geleitet.«
»Ich höre.«
»Es ist einfach, aber auch auf eine gewisse Art und Weise kompliziert. Mir ist ein Begriff zu Ohren gekommen, mit dem ich im Moment noch nicht viel anfangen kann. Er heißt Omega.«
»Ach«, erwiderte Hilde. »Das ist aber seltsam. Omega bedeutet Ende, wenn mich nicht alles täuscht.«
»Das ist mir auch bekannt. Aber mir geht es schon um etwas anderes, Mrs. Woodward. Kennen Sie vielleicht eine Organisation, die sich Omega nennt? Oder haben Sie davon gehört?«
Die Frau sagte nichts. Aber ihre Haltung veränderte sich.
Sarah hatte den Eindruck, als wäre Hilde die Frage unangenehm gewesen, denn sie sperrte sich innerlich.
Zwar schlugen in Sarahs Kopf keine Alarmglocken an, aber sie nahm sich vor, auf der Hut zu sein.
»Omega…?«
»Genau.«
Hilde versuchte es mit einem Lächeln, aber es war doch etwas krampfhaft. »Den Begriff kennt man ja. Ich weiß nur nicht, was ich damit zu tun haben soll?«
Sarah legte die Hände auf die hölzernen Armlehnen des Stuhls, bevor sie sagte: »Wir lösen Ihre letzten und ganz persönlichen Probleme, Mrs. Woodward.«
Hilde hatte zugehört, aber sie gab keinen Kommentar ab. Es bewegte sich nur ihre Stirn. Sehr bald malten sich dort einige tiefe Falten ab. Sarah bewies Geduld und wartete, bis Hilde das Wort ergriff.
»Ich will Ihnen ja nichts«, sagte sie mit leiser Stimme, »aber dieser Satz hört sich schon seltsam, wenn nicht sogar makaber an. Finden sie nicht auch?«
»Ja, wenn Sie so wollen. Er hat etwas mit dem Tod zu tun. Und den haben die Menschen hier ja alle irgendwie vor Augen. Meine ich jedenfalls. Es wird ja viel über den Tod geredet.«
»Klar, das stimmt. Aber doch mehr in der Theorie, denke ich mir. Oder sehen Sie das anders?«
»Ich denke an Omega und an den Begleittext. Er deutet auf etwas Bestimmtes hin.«
»Was meinen Sie denn?«
Die Frage ärgerte Sarah etwas. Vor Wut ballte sie die Hände zu Fäusten, ließ sie aber auf den Lehnen liegen. »Können Sie sich nicht vorstellen, dass es wie Mord aussehen kann? Wie soll man den Text sonst interpretieren? Letzte persönliche Probleme lösen, das lässt darauf schließen, dass man aus dem Leben scheidet. Wenn das geschehen ist, hat man das Problem gelöst.«
Hilde Woodward war zunächst still. Dann holte sie tief Luft und strich über ihre Stirn. »Ich muss ehrlich zugeben, dass ich Ihre Fantasie bewundere, Mrs. Goldwyn. Also auf eine derartige Lösung wäre ich wirklich nicht gekommen.«
»Warum nicht?«
»Das ist doch unmöglich.«
»Nicht, wenn Sie sich den Text genau durch den Kopf gehen lassen, Mrs. Woodward.«
»Ja, ja, das habe ich schon getan.« Sie war nervös geworden und hatte die Antwort mehr geflüstert. »Dennoch kann ich Ihrer Interpretation nicht folgen, Mrs. Goldwyn.«
»Ich will noch deutlicher werden. Man wendet sich an die Organisation und bestellt dort seinen eigenen Tod. Ist das nun eine Lösung oder nicht? Was meinen Sie?«
Hildes Kopf zuckte vor. »Tod bestellen?«
»Ja.«
»Ermorden lassen?« Sie schüttelte den Kopf. »Darauf läuft es doch hinaus - oder?«
»Nein, nein, Mrs. Woodward, nicht unbedingt. Ich kann auch sagen sowohl als auch. Die Menschen sterben durch die Mitglieder der Organisation Omega. Aber es fällt nicht auf, dass sie ermordet worden sind. So müssen Sie das sehen.«
»Und… und… was soll dann wirklich geschehen sein?«
»Heimtücke. Man kann es aussehen lassen wie Selbstmord. In Wirklichkeit aber sind die Menschen umgebracht worden. So sehe ich das, wenn Sie mich schon fragen.«
Hilde Woodward staunte. Sie konnte nur noch flüstern. »Und das wollen Sie alles aus dem Text herausgelesen
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