1244 - Die Besucher
dass es nur dunkel ist.«
»Keine Sorge, das werde ich nicht. Außerdem stimmt es nicht. Es gibt da etwas Helles.«
»Genau, Max, aber es ist nicht dort, wo es eigentlich hätte sein können oder sollen. Wohin wir es uns gewünscht hätten. Es ist zwischen den Häusern. Das kannst du sehen, wenn du den Blick auf die Kirche richtest. Dort schimmerte es in Bodenhöhe, und ich täusche mich nicht, wenn ich dir sage, dass es auf uns zukommt.«
Maxine konzentrierte sich. In der Tat sah sie das helle Schimmern. Und sie erkannte auch, dass es sich nicht um ein normales Licht handelte, sondern um ein fremdes, ein kaltes Licht, das sich auch innerhalb seines eigenen Scheins bewegte, was für die Frauen kaum zu erklären war.
»Hast du es so in Erinnerung, Germaine?«
»Ich denke schon.«
In den folgenden Sekunden baute sich das Schweigen zwischen ihnen auf. Aber beide Frauen verließen den Platz am Fenster nicht, und Maxine merkte, wie ihr ein kalter Schauer über den Rücken rann.
»Sollte ich das hier je überstehen«, flüsterte Germaine, »dann ziehe ich mit Kevin weg. Dann können sie das verdammte Haus meinetwegen haben. Hier will ich nicht länger bleiben.«
Maxine stimmte zu. Aber nur innerlich, denn nach außen hin blieb weiterhin ihr Schweigen.
Noch war nichts passiert, aber es war für die Frauen trotzdem schlimm, den Weg des Lichts zu verfolgen. Sie hatten längst auch die Richtung herausgefunden und festgestellt, dass sich das ungewöhnliche Licht ihrem Haus näherte.
Es kam…
Es bewegte sich lautlos…
Es hüllte hin und wieder den Teil eines Hauses mit seinem Schein ein. Keiner von ihnen konnte sich vorstellen, dass dieses Licht auch eine gewisse Wärme abgab. Es war kein gelber Schein zu sehen. Dieses Licht war einfach nur kalt, wie das, das durch das Weltall zog, von wo es wohl auch gekommen war.
»Es ist so kalt und heiß zugleich«, flüsterte Germaine. »Wer sich ihm in den Weg stellt, wird verbrannt. Das habe ich zwar nicht selbst erlebt, aber man fand die Reste von Owen Donnel. Heller Staub und ein paar Knochen, verstehst du?«
»Klar. Aber warum sagst du mir das?«
»Weil ich nicht will, dass es auch mit dir passiert.«
»Danke. Aber was wäre die Alternative?«
»Flucht, Max. Etwas anderes gibt es für dich nicht, um dein Leben zu retten. Du musst fliehen, und zwar so schnell wie möglich. Noch ist Zeit genug.«
»Und dann? Was meinst du, was dann geschieht? Soll ich dich hier ganz allein zurücklassen. Wenn das Licht in dein Haus kommen sollte? Und mit ihm die Besucher?«
»Willst du sterben?«
»Nein, das will ich nicht. Noch lebe ich, und da habe ich auch Hoffnung.«
Germaine gab nicht auf. »Denk doch mal an deinen Schützling Carlotta. Was ist denn mit ihr, wenn du plötzlich nicht mehr da bist? Was wird aus ihr?«
»Hör doch auf.«
»Das ist aber kein Spaß, Max.«
»Ja, Germaine, das weiß ich. Das weiß ich alles. Es ist hier alles kein Spaß. Aber ich bin noch nie vor etwas geflüchtet, und das werde ich auch jetzt nicht tun.«
»Wie du willst. Ich…«, Germaine sprach kein Wort mehr, dafür holte sie tief Atem und stieß einen jammernden Laut aus.
»Es ist zu spät, Maxine, jetzt ist es zu spät.«
Die Tierärztin wusste ge nau, was ihre Freundin damit gemeint hatte. Das Licht hatte es geschafft, die Umgebung der Häuser zu verlassen und bewegte sich nun über eine freie Fläche hinweg, so dass es gut sichtbar war.
Bildete es eine Kugel? Ein Viereck? Ein Oval?
Nichts von dem stimmte. Oder alles, weil es sich in ständiger Bewegung befand, sich aber nicht verzog und in das All zurückfuhr. Es blieb, und es zeigte, wen es mitgebracht hatte.
»Nein«, ächzte Germaine. »Nein, das kann und darf nicht wahr sein! Bitte nicht, nein…«
Sie schwankte und suchte reflexartig nach einem Halt, der nicht vorhanden war. Maxine stützte die Frau schließlich ab, die tief aufstöhnte und nichts mehr sagen konnte.
Es war auch zu schrecklich, denn nicht nur das Licht wanderte weiter auf das Haus zu, in ihm bewegten sich auch drei Gestalten.
Und eine von ihnen war Kevin!
***
Es kam Maxine Wells so vor, als würden unsichtbare Hände ihren Kopf halten und sie zwingen, nach vorn zu schauen. Eben durch das Fenster und dorthin, wo dieses fremde und zugleich schreckliche Bild zu sehen war.
In ihrem Leben hatte sie bisher noch keine Außerirdischen gesehen. Sie hatte bis vor kurzem nicht mal daran geglaubt und sogar noch in den letzten Minuten daran gezweifelt.
Was man ihr
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