1244 - Die Besucher
Germaine Duc führte…
***
Auch dort war der Strom ausgefallen. Beide Frauen standen plötzlich im Dunkeln. Beide waren so überrascht, dass sie in den ersten Sekunden nichts sagen konnten. Allmählich klärte sich ihr Blick. Die Dunkelheit verschwand zwar nicht, aber die Augen gewöhnten sich daran. Es waren wieder die Möbelstücke im Wohnzimmer zu erkennen und auch die beiden Fenster.
Vor einem malte sich der Umriss der Hausbesitzerin ab. Sie stand dort, ohne sich zu bewegen.
Maxine Wells hörte ihr Herz überlaut klopfen. Sie wusste auch nicht, was sie noch unternehmen sollte. Wie angewurzelt stand sie auf dem Fleck und schaute nach vorn. Ihre Augen zuckten, die Gedanken rasten hinter der Stirn und es schlich sich auch die Angst in sie hinein.
Wieder dachte sie an John Sinclair und fühlte sich von ihm im Stich gelassen. Bisher hatte sie sich nicht getraut ihn anzurufen. Aber sie kannte seine Handynummer und hatte sie sogar gespeichert. Diesmal wollte sie es einfach wagen. Sie musste es tun, nur dann würde sie sich besser fühlen.
Maxine holte das flache Ding hervor, klappte es auf und stellte fest, dass sich nichts tat. Der kleine Apparat blieb tot.
Kein erleuchtetes Display, keine Zahlen, die grünlich schimmerten, einfach nichts. Das Handy war tot.
Tief holte sie Luft, um sich zunächst mal zu beruhigen. Ein leichter Schwindel erfasste sie. Sie hatte auf diese letzte Chance gehofft, aber sie war auch vorbei. Maxine suchte erst nicht nach einer Erklärung, sie ahnte schon, dass der Ausfall des Handys mit dem des Stromes zusammenhing.
Noch hatte Germaine kein Wort gesagt. Sie hatte sich auch nicht bewegt. Nach wie vor drehte sie ihrer Freundin den Rücken zu, und wie es aussah, blickte sie aus dem Fenster, um zu sehen, ob sich draußen etwas tat.
Auf leisen Sohlen ging die Tierärztin auf Germaine zu. Die Technik hatte versagt. Sie war eben nicht perfekt, und jetzt kam es wieder auf den Menschen an.
Maxine war nicht leise gegangen. Sie musste gehört worden sein, aber erst als sie links neben Germaine stehen blieb, drehte diese den Kopf zur Seite.
»Es ist so weit.«
»Was meinst du damit?«
Germaine lachte nach innen. »Kannst du dir das nicht denken? Es ist die Zeit angebrochen, in der sie kommen. Wenn sie nicht schon da sind, was ich bestimmt glaube. Was denkst du denn, warum das Licht ausgefallen ist? Da stecken sie doch dahinter. Die andere Macht, die fremde Energie. Da haben wir hier keine Chance.«
Maxine wollte nicht widersprechen, obwohl sie die depremierte Freundin gern aufgeheitert hätte, doch das hätte nur zu einer Diskussion geführt, und die wollte sie nicht führen.
»Kannst du dir vorstellen, was sie hier wollen?«
»Ha, das weißt du doch. Sie wollen mich. Und sie werden alles vernichten, was sich ihnen in den Weg stellt. Als Mensch hat man gegen sie keine Chance. Sie haben mich schon einmal geholt, und das wird sich wiederholen, denn meinen Sohn haben sie schon. Er ist ein Teil von ihnen. Sie haben doch… mein Gott!«, keuchte sie, »ich will gar nicht daran denken. Nein, nicht mehr. Ich hatte es doch vergessen und verdrängt und jetzt ist alles wieder zurückgekehrt. Verdammt noch mal, was soll ich denn tun? Ich habe Kevin verloren.«
»Das steht noch nicht fest, Germaine.«
»Danke, Max, dass du mir Mut machen willst. Aber leider sehe ich das anders und auch realistischer. Das kannst du mir glauben. Daran gibt es auch nichts zu zweifeln.«
»Warum sollten sie dich wollen, Germaine? Sie hatten dich schon mal. Was steht da noch aus?«
»Keine Ahnung. Es kann sein, dass ich für sie ein Objekt für Forschungszwecke bin.«
»Und dann?«
»Da musst du sie selbst fragen.«
Maxine Wells fühlte sich hilflos. Das war für die Tierärztin das Schlimme. Sie konnte einfach nichts tun. Beide Frauen standen auf verlorenem Posten.
»Hast du schon mal an Flucht gedacht, Germaine?«, fragte sie. Eigentlich nur, um etwas zu sagen.
Germaine winkte ab. »Was hätte es für einen Sinn gehabt, fliehen zu wollen? Nichts, gar nichts hätte es gebracht. Sie hätten uns überall gefunden. Egal, in welch einem Winkel der Welt wir uns versteckt gehalten hätten. Nein, nein, das sehe ich anders. Ganz anders. Man kann ihnen nicht entkommen Maxine.«
Nach dieser Antwort ging Germaine vor und blieb dicht bei der Fensterscheibe stehen. Sie hob mit einer langsamen Bewegung den Arm und flüsterte: »Schau nach vorn, Max. Schau dorthin. Was siehst du?«
»Moment, ich komme.«
»Aber sag nicht,
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