1244 - Die Besucher
Fortpflanzungsgewohnheiten dieser Fremden?
Ich schaute in das Licht. Es war möglich, denn es blendete mich nicht trotz seiner Helligkeit.
Es war auch nicht klar. In seinem Innern bewegte sich ein helles Geriesel, das das Licht nicht eben durchsichtig machte.
Ich konzentrierte mich auf den Jungen. Kevin ging es nicht schlecht. Er stand zwischen ihnen, er wurde von ihnen geha lten, und ich sah, dass er auch keine Verletzungen aufwies. So weit war alles in Ordnung, doch über seinen seelischen Zustand konnte ich mir kein Bild machen.
Was sollte ich tun?
Mit der Frage hatte ich mich schon länger beschäftigt, doch die Lösung war mir nicht eingefallen. Ich war auch jetzt wie vor den Kopf geschlagen. Es waren keine Dämonen. Ich konnte nicht mein Kreuz gegen sie einsetzen. Wäre ich mit ihm in der Hand auf sie zugelaufen, wäre ich mir lächerlich vorgekommen.
Aber etwas musste ich unternehmen. Ich wollte nicht, dass der Junge, seine Mutter und auch Maxine entführt wurden. Sie zurückhalten? Gegen sie kämpfen?
Das war möglich. Nur würde ich immer den Kürzeren ziehen, denn ich war nur ein Mensch.
Mir fiel der Druck an meiner rechten Schulterseite wieder auf. Dort hatte ich das Gewehr übergehängt. Ich ließ es von der Schulter rutschen, um irgendetwas in der Hand zu halten. Eine Kugel auf sie abzuschießen wäre eine Möglichkeit gewesen, aber ließ sich ein Außerirdischer tatsächlich mit einer Gewehrkugel töten?
Daran konnte ich einfach nicht glauben. Und trotzdem würde ich es tun. Ja, ich wollte schießen und konnte sie möglicherweise ein wenig aufhalten oder sie…
Meine Gedanken stoppten als ich sah, dass sich Kevin bewegte. Er zuckte leicht zusammen und die beiden Gestalten ließen es auch zu, dass er seine Hände aus ihren Griffen hervorzog. Er streckte die Arme vor, er lächelte plötzlich. Beides - das Vorstrecken der Arme und sein Lächeln - war auf einen bestimmten Punkt fixiert.
Auf das Haus und auf die Haustür, die sich tatsächlich öffnete, denn ich vernahm ein entsprechendes Geräusch.
Dann dauerte es nicht mal zwei Sekunden, bis tatsächlich eine Person das Haus verließ.
Meine Augen weiteten sich, denn es war Germaine Duc, die auf ihren Sohn zuging…
***
Ich hatte wirklich das Gefühl, neben mir zu stehen. Wieso ging sie freiwillig auf Kevin und die beiden Besucher zu? War die Liebe zu ihrem Sohn so groß?
Maxine Wells verließ das Haus nicht. Darüber war ich schon froh, aber sie hatte sich nicht versteckt, sondern musste in der Nähe der Tür stehen. Sie meldete sich, und als ich ihre zittrige Stimme hörte, da rann mir der Schauer vom Kopf bis zu den Füßen.
»Bitte, Germaine, bitte. Tu es nicht. Du kannst Kevin ihnen nicht so einfach wegnehmen. Komm zurück. Sei vernünftig!«
»Nein, Max, nein«, erwiderte Germaine mit brüchiger Stimme. »Das kannst du nicht von mir verlangen. Wir alle haben unser Schicksal zu tragen, auch ich. Was vor ungefähr zehn Jahren begonnen hat, muss ich jetzt vollenden. Ich habe ihn geboren. Die Väter oder der Vater…«
»Aber das ist nicht sicher, verdammt!«
»Ich war unfruchtbar.«
»Ja, ja!«, schrie Maxine jetzt. »Das bist du gewesen. Aber das heißt nicht, dass der Vater deines Kindes ein Außerirdischer ist. Sonst würde Kevin ganz anders aussehen. Verstehst du das?«
»Nein.«
»Vielleicht hat sich bei dir etwas verändert nach der Entführung. Da bist du dann fruchtbar geworden. Himmel, wer weiß, was man mit dir bei den Untersuchungen angestellt hat. Wenn das so ist, und das glaube ich bestimmt, dann ist Ralph doch der Vater.«
Die letzten Sätze hatten bei Germaine Duc tatsächlich einen Teilerfolg erzielt. Sie hatte nicht nur zugehört, sie war auch stehen geblieben, und mir kam sie jetzt leicht verunsichert vor.
»Warum sagst du das, Max?«
»Weil ich es glaube.« Germaine schüttelte den Kopf. Maxine ließ sich nicht beirren. »Ja, ich glaube fest daran, dass keines dieser Wesen der Vater deines Jungen ist. Schau dir Kevin an. Sieht er so aus, als hätte er eine dieser schrecklichen Gestalten zum Vater? Denk mal nach!«
»Das habe ich, Max. Es ist alles okay. Ich habe nachgedacht, und ich glaube dir sogar.«
»Na endlich!«
»Aber ich werde trotzdem zu ihnen gehen, denn ich kann Kevin nicht im Stich lassen. Sie wollen ihn haben. Sie wollen ihn holen. Sie wollen ihn mitnehmen. Sie betrachten ihn als ihr Eigentum, und ich lasse ihn nicht im Stich. Ich will in seiner Nähe bleiben. Tut mir Leid für dich, Max. Du
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