1246 - Die Opfergrotte
wach?«
Der Templer überlegte. Die Stimme kannte er. Er wusste auch, dass ein Mann zu ihm gesprochen hatte. Nur war er nicht sofort in der Lage, die Stimme auch jemandem zuzuordnen.
Aber sie hatte sich nicht feindlich angehört.
»Alles klar, Godwin?«
Er wollte antworten, aber er war einfach nicht in der Lage, ein Wort hervorzubringen.
»Bitte…«
De Salier krächzte irgendetwas hervor. Er kam sich dabei schon lächerlich vor. Aber er hörte auch ein schabendes Geräusch, das sich ihm näherte, und es dauerte nicht lange, bis er die unmittelbare Nähe eines Menschen spürte.
»He, ich bin es.«
Ein Gesicht beugte sich über ihn.
Es war nicht stockfinster, und als das Gesicht nahe genug bei ihm war, da wusste er, wen er da sah.
»Jorge…«
»Ja.« Der Schmuggler lachte. »Dein alter Kumpel Jorge, der auch noch lebt, obwohl er Mist gebaut hat.«
»Wieso hast du Mist gebaut?«
»Ich fuhr den Wagen…«
»Ach ja, der Wagen«, flüsterte de Salier. Die Stiche im Kopf waren wieder da und malträtierten ihn. »Ich… ich… erinnere mich. Verdammt, wenn ich nur nicht die verdammten Kopfschmerzen hätte.«
»Die legen sich wieder.«
»Das sagst du so einfach.«
»Ist auch bei mir der Fall gewesen.«
»Dann hat es dich nicht so hart erwischt.«
»Kann sein. Aber willst du nicht versuchen, dich zu setzen oder aufzustehen?«
»Meinst du, dass ich das schaffe?«
»Wenn ich dir helfe, schon.«
»Gut, versuchen wir es.«
Jorge stützte Godwin im Rücken ab und schob ihn sehr behutsam in eine sitzende Position.
De Salier riss seinen Mund weit auf, atmete keuchend und wäre wieder zurückgefallen, hätte es nicht die stützende Hand in seinem Rücken gegeben.
»Alles klar?«
»Warum fragst du das?«
»Ist nun mal eine Angewohnheit von mir.«
»Ich lebe noch.« De Salier drückte seine Hände gegen den Kopf und stöhnte leise. »Ich denke, dass sie uns verdammt wehrlos gemacht haben. Sie können mit uns machen, was sie wollen. Oder bist du anderer Meinung?«
»Nein.«
»Gut. Und was ist mit unseren Waffen?«
»Deine sind weg. Das Schwert und auch die Pistole. Ich habe ja keine bei mir getragen.«
»Dann können wir wohl einpacken.«
Jorge gab keinen Kommentar ab, aber das reichte dem Templer. Seine Chancen waren bis auf den Tiefpunkt gesunken. Die andere Seite hielt alle Trümpfe in den Händen.
»Sieht ganz danach aus, als hätte die Hölle diesmal gewo nnen«, flüsterte de Salier. Er fühlte sich wie angeschossen und deprimiert. »Da fällt mir ein«, sagte er mit kaum zu verstehe nder Stimme, »wo befinden wir uns eigentlich genau?«
»In einer Höhle. Sie ist ge waltig und zugleich eine Schlucht.«
Darüber musste Godwin erst nachdenken. »Eine Schlucht in einer Höhle? Kann das stimmen?«
»Ja.«
»Wie hast du das herausgefunden?«
»Kannst du aufstehen?«
De Salier musste leise lachen. »Gute Frage, aber ich will mich auch nicht hängen lassen.«
»Super, ich stütze dich.«
Der Templer kam nur langsam auf die Beine und musste abgestützt werden, um nicht zu fallen oder in die Knie zu sacken. Es folgte eine Zwangspause, in der Godwin immer wieder versuchte, seine Kopfschmerzen in den Griff zu bekommen.
Dabei schaute er sich um. Er wusste ja, dass er sich in einer Höhle befand, aber er hatte keine Ahnung, wie es in seiner Umgebung aussah. Ganz finster war es nicht. Von außen her drang Licht in diese Grotte hinein, aber es war nicht mehr als ein weicher, unruhiger Schleier, der sich dort verteilte.
Wenn überhaupt, dann waren die Wände oder die Decke mehr zu ahnen als zu sehen, doch von vorn her, so glaubte er, traf ihn ein leichter Luftzug.
»Komm, wir versuchen es.«
»Klar.«
So klar war es nicht, denn bei jedem Aufsetzen der Füße hatte Godwin das Gefühl, in seinem Kopf kleine Explosionen auszulösen. Und so schlurfte er nur voran, gestützt von Jorge, der an seiner rechten Seite blieb. Je weiter sie gingen, um so heller wurde es, aber nicht richtig hell.
Godwin hatte seinen Blick stur nach vorn gerichtet, und er entdeckte einen Ausschnitt. Es kam ihm so vor wie ein gewaltiges Loch in einer ebenso gewaltigen Gardine.
Ein Ausgang!
»Vorsicht jetzt, Godwin.«
»Warum? Was ist?«
»Wir sind gleich am Ziel. Da können wir uns alles erlauben, nur keinen Fehltritt.«
»Ja, ich sehe es…«
Nicht mal einen Meter vor ihnen war die Welt praktisch zu Ende oder ging in eine andere über. Es gab kein Hindernis mehr, aber dafür ein neues Geräusch. Beide nahmen das
Weitere Kostenlose Bücher