1246 - Die Opfergrotte
den Mengen wie weiter oben. Der Wind schien das Zeug über die Schlucht hinweggeweht zu haben, um die Gipfel damit zu bedecken.
Godwin schaute den Gefangenen von der Seite her an. Dessen Verhalten gefiel ihm nicht. Er saß jetzt so nach vorn gebeugt und starrte über die Rückenlehne des Vordersitzes hinweg auf die Frontscheibe, wie jemand, der etwas Bestimmtes sucht. Der gespannte Eindruck ließ den Templer noch misstrauischer werden. Solange Jorge keine Schwierigkeiten meldete, war eigentlich alles in Ordnung. Aber der Frieden konnte trügerisch sein.
»Wohin führt diese Strecke ge nau?«, fragte Godwin den Satansdiener.
»In die Hölle!«
»Ich will eine vernünftige Antwort.«
»Es ist der Weg in die Hölle. Für uns ist sie die Hölle. Und wir sehen sie zugleich als Himmel an. Das unterscheidet uns von euch. Man kann auch von einer Sackgasse sprechen.«
»Aha. Und am Ende der Sackgasse finden wir das Ziel, nicht wahr?«
»Genau.«
Ob das alles so stimmte, wusste Godwin nicht. Es war nicht einfach, sich wieder umzustellen. Sie befanden sich nicht so weit unten, um die ersten Dörfer zu erreichen. Auch dieses Tal erwies sich als Hochtal oder als eine Schlucht, denn an beiden Seiten waren die Felswände dicht zusammengerückt, und es gab praktisch nur diesen einen Weg, der die Schlucht durchschnitt.
Jorge hatte das Fernlicht eingeschaltet. Es schickte seine kalte Pracht nach vorn und hatte innerhalb der Helligkeit eine bläuliche Farbe bekommen. Über Schnee, Eis und Fels strich es hinweg, und an einigen Stellen blitzte das Eis auf wie kostbare Diamanten.
Immer wieder holperte der Geländewagen über die schlechte Wegstrecke hinweg. Nur schaukelnd ging es weiter, bis zu einem Punkt, an dem sich alles veränderte.
Der Schlag traf das Fahrzeug an der linken Seite. Es war ein heftiger Stoß, der den Wagen durchschüttelte und auch den Fahrer erwischte, denn Jorge schrie auf. Er ließ das Lenkrad los, als hätte er einen Schlag bekommen. Das Zerplatzen der Frontscheibe war in diesem heftigen Knall untergegangen, doch das war für Jorge nicht mehr wichtig.
Das Wurfgeschoss hatte ihn erwischt. Er hatte das Gefühl, nicht me hr er selbst zu sein. Sein Kopf fühlte sich an wie aufgerissen. Blut lief in seine Augen. Er wollte sich drehen, auch das schaffte er nicht mehr, denn sein Bewusstsein schwamm weg.
Und so kippte er nach rechts, blieb aber in seinem Gurt hängen, stöhnte noch auf, dann war nichts mehr von ihm zu hören.
Alles war sehr schnell gegangen. De Salier wusste, dass sie in der Falle steckten. Der Wagen stand schräg und mit der Schnauze zur Felswand. Der heftige Schlag hatte ihn voll erwischt, und einen Moment später erfolgte der zweite Angriff.
Wieder krachte etwas auf das Fahrzeug. Diesmal auf das Dach. Der Templer zuckte zusammen. Er duckte sich, drückte sich nach links, hörte den Gefangenen lachen und erlebte, wie die Scheiben um ihn herum barsten. Die Splitter flogen in den Wagen hinein. Schattenhafte Gestalten erschienen, er sah die bösen Gesichter vor seinen Augen tanzen und war in der Enge des Wagens nicht in der Lage, sich zu wehren. Es hätte auch keinen Sinn gehabt, nach dem Schwert zu greifen, und auch die Pistole bekam er nicht mehr richtig in die Hand.
Utrac warf sich auf ihn. Er biss ihn in den rechten Handballen. De Salier fluchte, rammte einen Ellbogen in das Gesicht, packte dann die Haare des Gefangenen und schleuderte ihn herum.
Er drehte sich auf dem Rü cksitz, suchte nach einem weiteren Gegner, aber da ließ sich niemand blicken. Die Helfer des Utrac hatten sich zurückgezogen, durch die zerstörten Fenster glotzte kein einziges Gesicht.
Es wurde plötzlich totenstill. Selbst der Gefesselte bewegte sich nicht mehr.
Godwin spürte, dass es die Ruhe vor dem Sturm war. Trotz der miesen Lage dachte er nicht daran, aufzugeben. Er kam nicht aus dem Wagen heraus, das stand fest, aber er konnte trotzdem noch etwas tun, solange ihm die Zeit blieb.
Er duckte sich zwischen den Sitzen zusammen. Utrac störte ihn nicht. Er wirkte schlaff, als er in seinem Sitz hing. Wahrscheinlich hatte er sich bei der letzten Aktion so hart den Kopf gestoßen, dass er bewusstlos geworden war.
Der Templer holte sein Handy hervor. Die Nummer des Klosters war eingespeichert. Seine Brüder wechselten sich in Schichten ab. Einige waren immer auf den Beinen.
Die Verbindung klappte. Er beglückwünschte sich dazu.
Vielleicht war es ein Wink des Himmels.
De Salier zwang sich zur Ruhe. Mit
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