125 - Todesschreie aus dem Blutmoor
Peter Gessler in ihren Adern haben,
werden diese Todesschreie hören, wann immer ein Mord in den Nebeln des Moores
geschieht . aber nicht nur im Moor selbst, auch wenn sich jemand zu einer Zeit,
wo man sich am besten nicht dort oben aufhält, in der Nähe bewegt, muß man
damit rechnen, von den Moorleichen angegriffen zu werden .«
»Erzählen Sie«, stieß er hervor.
»Später«, sagte Petra Gessler mühsam. »Hindern Sie meinen Vater
daran, in die Höhle zu fahren! Was er gesagt hat - er wird ernst machen. Martin
ist des Todes, wenn Vater merkt, daß er irgend etwas in der Höhle manipulieren
wollte. Niemand darf sich dort aufhalten, bevor der Zeitpunkt seiner
>Berufung< gekommen ist .«
»Was meinen Sie damit?«
»Zu einer bestimmten Zeit, meistens nach dem einundzwanzigsten
oder zweiundzwanzigsten Lebensjahr, meldet sich bei uns die Kenntnis, daß wir
Nachkommen des unseligen Hermann Peter Gessler sind. Wir sind die Verfluchten
der dritten Generation nach ihm. Er hat unser Leben verpfändet wie das seine.«
Die Zusammenhänge waren Kunaritschew nach wie vor ein Rätsel. Doch
die ließen sich in diesem Moment und an diesem Ort nicht klären. Durch die
Wohnungstür zu kommen wäre dem Russen möglich gewesen. Nur etwas Gewalt hätte
genügt.
Doch der andere Weg war einfacher, der aus dem Fenster über die
Balkons nach unten.
»Ich bin ein geschickter Fassadenkletterer«, ließ X-RAY-7 die
Wirtstochter wissen. »Auf diese Weise geht’s schneller. Ich werde Ihrem Vater
auf den Fersen bleiben. Das versprech ich Ihnen ... und ruhen Sie sich noch ein
wenig aus. Das, was Sie noch zu erzählen haben, interessiert mich stark. Haben
Sie jemand, der sich in der Zwischenzeit um Sie kümmert?«
Kunaritschew spielte auf Frau Gessler an, die bei der ganzen
Auseinandersetzung nicht in Erscheinung getreten war. Es sah so aus, als ginge
sie das Ganze nichts an.
»Das ist nicht nötig. Und wenn Sie meine Mutter meinen - von ihr
kann ich keine Hilfe erwarten. Sie hat sich in den zurückliegenden Jahren immer
in >diesen< Nächten stets geschickt aus der Affäre gezogen. Wenn Sie sie
jetzt sehen könnten, würde sie das Grauen packen. Sie liegt betrunken in ihrem
Schlafzimmer und wird wohl vor morgen mittag nicht aufwachen. Nur so erträgt
sie das, was unserer Familie aufgebürdet wurde ...«
Welche gewaltigen, geheimnisvollen Abgründe taten sich hier auf
...? Kunaritschew verschwand, kletterte über den Balkon, erreichte ohne
besondere Schwierigkeiten den darunterliegenden und sprang von hier aus - zwei
Meter tief - direkt auf den harten, festgefahrenen Boden.
In diesem Augenblick kam auch Anton Gessler erregt und hastig aus
dem Haus. Schlüssel rasselten. Gessler öffnete die Fahrertür des Opel-Caravan
und klemmte seinen massigen Bauch hinter das Steuer und startete. Iwan
Kunaritschew hechtete geduckt zum Wagenheck, konnte gerade noch den Griff zur
Tür des Laderaums packen und wurde schon von dem nach vorn schießenden Fahrzeug
förmlich mitgerissen.
Der Russe stieß sich ab, sprang mit beiden Beinen gleichzeitig auf
die Stoßstange und Anhängerkupplung und fand dort einen verhältnismäßig guten,
wenn auch unbequemen Halt.
Kunaritschew kauerte hinter der Tür, während der Wagen über den
holprigen Pfad Richtung Straße rollte und Gessler keine Rücksicht auf seinen
ihm unbekannten Mitfahrer nahm.
X-RAY-7 wurde durchgeschüttelt, klammerte sich so fest es ging an
den Türgriff und preßte sich an den Wagen.
Die Abstellfläche, die ihm zur Verfügung stand, war nicht
sonderlich groß. Von dem Russen wurde eine artistische Leistung verlangt, die
zirkusreif war.
Er klebte an dem feuchten, kalten Blech wie ein Stück, das mit ihm
verwachsen war. Der PSA-Agent wagte es nicht, den Kopf ein wenig zu heben, weil
er damit automatisch über den unteren Rand des rückwärtigen Fensters kam und
eventuell von Anton Gessler im Rückspiegel gesehen wurde.
Doch der Wirt aus der »Rhönklause« hatte nur Augen für die Straße.
Anton Gessler jagte im Nebel die gewundene Bergstraße empor, um
seinen Sohn in einer Höhle von etwas abzuhalten, wovon Kunaritschew keine
Ahnung hatte.
●
Durch den unerwarteten Druck, den das Moorgeschöpf auslöste, flog
auch Larry Brent nach vorn. X-RAY-3 mußte los lassen, um nicht selbst in den
Schlammsee katapultiert zu werden. Larry rollte zur Seite und klatschte mit
beiden Händen in den Sumpf.
Der junge Polizeibeamte kullerte über den Holzsteg, sprang wie von
Sinnen auf die
Weitere Kostenlose Bücher
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Online Lesen
von
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt