125 - U.S.S. Hope
nicht die US Navy war, die er kannte…
Der Weg zum Deckhaus wurde gesäumt von Schaulustigen, die aus allen Richtungen zusammenströmten, um einen Blick auf die Besucher zu erheischen. Menschen mit heller und dunkler Hautfarbe waren darunter, Asiaten und Mischlinge. Es gab Männer und Frauen, Kinder und Erwachsene. Nur alte Menschen waren nicht zu sehen. Keiner der auf Deck Versammelten schien älter zu sein als fünfzig Jahre.
Ein Zufall?
»Was fühlst du, Aruula?«, raunte Matt der Barbarin zu, die neben ihm ging und sich sichtlich unwohl fühlte unter den Blicken der Menge.
»Staunen«, gab sie zurück, »und auch Furcht.«
»Vor uns?«
»Ich denke nicht. Es scheint noch etwas Anderes zu geben, vor dem diese Menschen Angst haben. Eine Bedrohung, der sie sich ausgesetzt fühlen.«
Matt musste an die fünf Leichen denken. Hatte die Furcht der Menschen damit zu tun?
Endlich erreichten sie das Deckhaus. Über dem großen Schott, das hineinführte und von schwer bewaffneten Soldaten bewacht wurde, prangte ein Schild aus rostigem Metall, in das folgende Worte eingraviert waren:
»Seid vorsichtig, denn euer Feind kann überall lauern. Traut niemandem und seid wachsam.«
Adm. Gordon O’Reilly, 12/07/06
Der siebte Dezember 2006, dachte Matt.
Wenn er sich richtig erinnerte, war dies exakt das Datum, an dem die RANGER zerstört worden war, auf den Tag genau fünfundsechzig Jahre nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor.
Die Zerstörung des Flugzeugträgers, die einer Gruppe islamischer Fundamentalisten angelastet worden war, hatte die amerikanische Nation bis ins Mark getroffen. Selbst jene, die bis dahin noch zögernd gewesen und den Kampfhandlungen ablehnend gegenüber gestanden hatten, hatten danach einen offenen Krieg gefordert. Eigentlich musste allen klar gewesen sein, dass man die wahren Drahtzieher eines solchen Anschlags nicht zu fassen bekommen würde, aber der erregte Zorn des Volkes hatte Konsequenzen gefordert, und die Politiker, stets auf Wählerstimmen aus, hatten sich dazu drängen lassen. Die Bombardierung einiger Städte im Mittleren Osten war der Auftakt gewesen zu einem blutigen Konflikt, der zwei Jahre lang getobt hatte.
Matt, der damals auf der Air Force Base in Berlin Köpenick stationiert gewesen war, erinnerte sich gut an die Verlustmeldungen in den Zeitungen und die immer neuen Schreckensberichte von der Front. Nun an Bord des Schiffes zu stehen, dessen Vernichtung der eigentliche Anlass zu der blutigen Auseinandersetzung gewesen war, kam ihm vor wie bitterer Hohn.
Es war, als würde man hinter die Kulissen der Weltgeschichte blicken und feststellen, dass alles nur Schein gewesen war, nur Lug und Trug…
Man führte sie in eine Kammer, deren Wände aus dickem Stahl bestanden. Dort warteten sie, bis von draußen der feste Tritt von Kampfstiefeln zu hören war. Das Schott wurde geöffnet, und in Begleitung zweier Bewaffneter trat ein Mann ein, dessen Alter Matt auf etwa vierzig Jahre schätzte und dessen Uniform mit einer Menge Abzeichen und Orden dekoriert war – zweifellos der Admiral. Die rechte Hand hatte er in das Revers seiner Uniformjacke gesteckt, sodass sich der Vergleich mit Napoleon förmlich aufdrängte.
Der Mann war groß gewachsen und kräftig, sein Schädel hatte eine kantige Form. Sein blondes Haar war kurz geschnitten, was den militärischen Eindruck noch verstärkte.
Seine stahlblauen Augen hatten etwas Stechendes, mit dem er Matt und seine Begleiterinnen musterte. An Aruula blieb sein Blick hängen, und seine Mundwinkel fielen missbilligend herab.
»Eine Barbarin«, stellte er fest. »Was hat sie hier zu suchen? Habe ich nicht angeordnet, dass jeder verdammte Nordmann, der dieses Schiff betritt, sofort aufgeknüpft werden soll?«
»Aruula gehört nicht zu den Nordleuten«, stellte Matt klar, dem dämmerte, wer die fünf bedauernswerten Gestalten am Kran gewesen waren. »Sie gehört einem skandinavischen Inselvolk an und ist mit den Nordmännern aufs Blut verfeindet.«
»So?« Der Admiral zuckte mit den Schultern. »Ehrlich gesagt ist mir das ziemlich gleichgültig. Diese Barbaren sind für mich einer wie der andere. Tot sind sie mir am liebsten, dann richten sie wenigstens keinen Schaden an.«
Matt konnte sehen, wie sich Aruulas Fäuste ballten. Die Kriegerin sagte kein Wort, und das war beinahe noch schlimmer, als wenn sie den Offizier laut beschimpft hätte.
»Sind Sie der Befehlshaber dieses Schiffes?«, erkundigte sich Matt, um das Thema zu
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