125 - U.S.S. Hope
dem Schauspiel abgelenkt war, das sich drüben auf der Hubschrauberrampe abspielte.
So weit Matt das beurteilen konnte, legte Shaw eine filmreife Vorstellung hin. Laut schreiend und wüste Verwünschungen ausstoßend hüpfte der Mechaniker wie ein wilder Derwisch um den EWAT, zeterte und jammerte.
Die Menschen von der HOPE reagierten unterschiedlich.
Einige lachten, andere machten besorgte Mienen, als fürchteten sie, der Flugpanzer könnte jeden Augenblick explodieren. Aber in jedem Fall waren sie abgelenkt – und das verschaffte Matt und Aruula freie Bahn.
Von dem Posten unbemerkt, erreichten sie das Schott und stießen es auf, stürmten die steile Treppe hinab. Vielleicht, dachte Matt, würden sie hier unten ein paar Antworten finden.
Das Innere eines Flugzeugträgers war schon zu den Zeiten, als er noch unter der Flagge der US-Streitkräfte gefahren war, ein unüberschaubares Labyrinth gewesen. Sich hier zu verlaufen war kein Kunststück, und mit den Jahrzehnten hatte die Übersichtlichkeit nicht zugenommen, weil allerorten Ausbesserungsarbeiten und Umbauten vorgenommen worden waren.
Aber der alte Brand hatte ihnen gesagt, wohin sie gehen mussten: zu den Lower Decks. Und das bedeutete, sie mussten weiter, immer weiter hinab.
Die ersten Decks, die sie passierten, sahen noch halbwegs passabel aus. Zwar hatte die feuchte, salzhaltige Luft auch hier Spuren hinterlassen und an vielen Stellen die Farbe von den Wänden gefressen. Rost kam durch, und an einigen Stellen hatten die Korridore ausgebessert werden müssen. Je tiefer Matt und Aruula jedoch vordrangen, desto düsterer wurde es – und das im wörtlichen Sinn.
Mit jedem Deck, das sie weiter hinab stiegen, wurde die Beleuchtung spärlicher. Die grellen Neonröhren, die die oberen Decks beleuchteten, wurden bald immer seltener, und es gab nur noch einzelne nackte Glühbirnen, die von der Decke baumelten. Der Grund dafür lag auf der Hand – im Lauf der Zeit waren immer mehr Röhren defekt gewesen, und da es keine Ersatzteile gab, wurden sie nur noch auf den oberen Decks verwendet.
Je dunkler es wurde, desto mehr Rost war an den Wänden und desto abgerissener wurden die Gestalten, die in den Korridoren herumlungerten. Die oberen Decks waren vergleichsweise sauber und aufgeräumt; dort waren nur Uniformierte anzutreffen. Hier unten jedoch trugen die Menschen keine Uniformen, sondern zerschlissene Kleidung, die aus allen möglichen Fetzen und Stoffresten zusammengeschneidert war, und überdurchschnittlich viele hatten schwarzes Haar und einen dunklen Teint.
Der Schluss, dass die Höhe des Decks etwas über den sozialen Status der Menschen aussagte, lag nahe. Beklommen fragte sich Matt, was sie erst auf den untersten Decks finden würden.
Die Menschen, denen sie begegneten, musterten die beiden Besucher, sprachen sie aber nicht an. Wortlos fuhren sie mit ihren Tätigkeiten fort, spielten irgendwelche Würfelspiele oder tauschten an schäbigen Tischen ärmliche Waren. Der Gestank, der in den Korridoren herrschte, war unbeschreiblich – eine Übelkeit erregende Mischung aus Schweiß und Exkrementen tränkte die abgestandene Luft.
»Verdammt«, raunte Aruula Matt zu. »Was ist das hier?«
»Das ist die Schattenseite von McNamaras schwimmendem Reich«, gab Matt zurück.
»Und vermutlich der Grund, weshalb er nicht wollte, dass wir hierher kommen.«
Durch einen schmalen Gang, zu dessen beiden Seiten kreisrunde Schotts in dunkle Löcher führten, gelangten sie zu einer weiteren Treppe, die steil nach unten führte. Das Stampfen des Antriebs wurde lauter.
Die Stufen waren an einigen Stellen durchgerostet, sodass sich Matt und Aruula vorsehen mussten. Gelblicher Lichtschein drang ihnen von unten entgegen, dazu verhaltenes Gemurmel. Als sie das untere Ende der Treppe erreichten, nahm es ihnen fast den Atem. Zu all den anderen Gerüchen, die die Luft unter Deck durchsetzten, gesellte sich hier auch noch der Gestank von altem Öl und Brackwasser.
Noch schlimmer aber war der Anblick der Menschen, die hier unten hausten – Zivilisten allesamt, deren Kleidung noch ungleich ärmlicher war als die der Bewohner der Zwischendecks. Aus bleichen, ausgemergelten Gesichtern blickten Matt und Aruula tief liegende Augenpaare entgegen, die voller Resignation und Hoffnungslosigkeit waren.
Matt nahm an, dass viele dieser armen Teufel schon eine ganze Weile kein Tageslicht mehr gesehen hatten, von frischer Luft ganz zu schweigen. Viele der Männer, Frauen und Kinder, die
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