1252 - Spur in die Vergangenheit
den Kopf. Sie war eine Büßerin, so klein und gering kam sie sich vor.
»Es ist unser aller Herr!«, flüsterte van Akkeren. »Es ist der, den wir anbeten.« Er hob seine Stimme an und sagte dann nur ein Wort. »Baphomet!«
Julie Ritter senkte den Kopf. Diese Antwort hatte sie wie einen Schlag empfunden, obwohl sie nicht zu sehr hätte überrascht sein müssen, denn die Spur des Baphomet gab es auch auf dem Altarbild. Er schien über allem zu schweben. Er hatte in der Vergangenheit seine Spuren hinterlassen, und nun waren Menschen dabei, sie wieder zusammenzufügen.
»Hast du gehört?«
»Ja.«
»Warum sagst du nichts?«
»Ich kenne ihn nicht.«
»0 doch, Julie, du kennst ihn. Baphomet ist der wahre Herr. Er hat uns Schutz und Unterschlupf gegeben. In seiner Umgebung fühlen wir uns wohl. Da können wir aufblühen und erhalten auch die Kraft, um unser Ziel zu erreichen.«
»Er ist nur eine Figur. Er ist nichts anderes als ein Götze. Er kann keine Macht haben…«
»Hör auf«, flüsterte van Akkeren. »Er hat Macht. Er ist ich, und ich bin er. Wir beide sind eine Symbiose eingegangen, denn ich habe viel von ihm übernommen. Er führt mich, und ich werde in seinem Namen regieren, wenn ich erst die Gebeine der Maria Magdalena entdeckt habe. Dahin wirst du mich führen.«
»Nein, nein!« Julie schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht. Das ist unmöglich. Ich weiß nichts. Ich kann mich nicht erinnern, verdammt noch mal!« Sie hatte ihre Angst verloren, und sie schrie die Worte hinaus. »Ich weiß nichts. Ich bin eine normale Frau, und auch wenn ich etwas wüsste, würde ich davon ausgehen, dass jemand wie Maria Magdalena sich niemals mit diesem widerlichen Götzen abgegeben hätte. Sie war anders, das weiß ich.«
»Oh, da bist du doch schlauer, als ich gedacht habe.«
»Ich habe es gefühlt!«, schrie sie hervor. »Sie kann nicht seine Dienerin gewesen sein.«
»Das habe ich auch gar nicht behauptet«, sagte van Akkeren, als Julie nicht mehr weitersprach. »Sie ist trotzdem sehr wichtig für uns, denn wir werden ihre Gebeine finden und sie ihm zu Ehren widmen. Dann wirst du einen Zusammenhang erleben, Julie, das kann ich dir versichern. Es ist der Sieg über sie. Vor langer Zeit sind die Templer verschiedene Wege gegangen. Einige haben sich Baphomet zugewandt, andere wiederum haben sich mit Maria Magdalena beschäftigt und sie als Heilige verehrt. Sie bildete das Gegenstück zu ihm, aber er war trotzdem stets präsent. Oder muss ich dir das noch extra sagen?«
»Nein, das musst du nicht.«
»Im Hintergrund hat er gelauert. Er hat seine Zeichen gesetzt. Sogar auf dem Bild, das du den Menschen erklärst. Aber ich bin sicher, dass du nie die ganze Wahrheit gesagt hast. Du hast vieles für dich behalten. Du bist schon jemand, der etwas weiß, es aber nur nicht zugeben will. Es sei denn, du bist mit jemandem zusammen, der Sinclair heißt. Ihr beide habt euch ja gut verstanden.«
»Ich will ihn nicht!«
»Das ist mir egal, meine Liebe. Ob du ihn willst oder nicht, entscheide ich und auch er. Denn wir werden es sein, die über dein Leben bestimmen.«
»Wieso?«
»Wenn du nicht auf unserer Seite stehst, bist du tot. Und ich weiß nicht, ob du noch mal wieder geboren wirst, denn darauf kann man sich nicht verlassen.«
Tot! dachte Julie. Sie werden mich umbringen, wenn ich nicht mitspiele und nicht genau das tue, was sie von mir erwarten.
Sie wurde gezwungen, van Akkeren ins Gesicht zu schauen. »Nun, hast du mich verstanden?«
»Ja, das habe ich.«
»Dann ist es ja gut.«
»Aber ich kann euch nicht helfen!«
Van Akkeren hatte sich bisher zusammengerissen. Die letzte Antwort aber hatte ihm gar nicht gepasst. In seinen Augen funkelte es auf wie in denen des Götzen. Er starrte die Frau an, dann schüttelte er den Kopf, und Julie sah es als kein gutes Zeichen an.
»Du musst dich entscheiden!«, flüsterte er.
»Ich habe mich entschieden!« Julie erschrak über die eigene Antwort, die ihr so locker über die Lippen gerutscht war. Sie war ein ehrlicher und spontaner Mensch. Da konnte sie einfach nicht anders antworten.
Sie sah an van Akkerens Blick, dass ihm diese Antwort nicht gefallen hatte. Seine Lippen zuckten, und er strahlte etwas ab, das Julie erschreckte und sie einen Schritt nach hinten weichen ließ. Er war plötzlich so bösartig und widerlich. In den Augen schien ein neues Feuer zu tanzen, und Julie wusste, dass sie zu weit gegangen war.
Van Akkerens Geduld war am Ende. Bevor Julie noch
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