1252 - Spur in die Vergangenheit
ausweichen konnte, griff er zu. Sie spürte seine Hand wie eine Klammer am Arm. Sie begann zu zittern, aber sie versuchte nicht, sich zu befreien, weil es keinen Sinn haben würde.
»Ich werde dir zeigen«, flüsterte er ihr ins Gesicht, »zu wem du gehörst. Darauf kannst du dich verlassen, Julie.«
Sie stemmte sich gegen den Griff, aber sie hatte nicht die Spur einer Chance. Mit einem heftigen Ruck zerrte er sie zu sich heran. Wieder schien es in seinen Augen dunkel zu glühen, und ein Schatten hatte sich über sein Gesicht gelegt. Für einen Moment überkam Julie der Eindruck, dass sie nicht nur von einer Person, sondern von zweien zugleich angestarrt wurde.
Van Akkeren auf der einen und Baphomet auf der anderen Seite. Das Tier und der Mensch. Wobei sie sich fragte, ob sie van Akkeren noch als einen Menschen bezeichnen konnte. Sicherlich nur nach dem Äußeren. In Wirklichkeit war seine Seele längst infiltriert von den Mächten des Bösen, denn sonst hätte er anders gehandelt.
Er zerrte die Frau brutal zur Seite. Julie hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten, denn sie wäre fast über die eigenen Füße gestolpert. So aber bekam sie noch mal Schwung und wurde auf die Gestalt des Götzen zugeschleudert.
Van Akkeren ließ sie nicht los. Er zerrte sie wieder zu sich heran und flüsterte die scharf klingenden Worte in ihr Ohr. »Du wirst ihn gleich erleben, kleine Maria.« Ein hässliches Lachen strömte aus seiner Kehle. »Du wirst ihn hautnah erleben, und ich werde zuschauen, wie er über die Heilige und die Hure siegt. Das kann ich dir versprechen.«
Wieder erhielt sie einen Stoß, der sie weiter nach vorn brachte und damit näher an den Thron heran.
Sie verkrampfte sich. Sie spürte, dass das Böse so verflucht nahe war und hatte das Gefühl, Karussell zu fahren. Sie versuchte ein letztes Mal, sich gegen den Griff anzustemmen, indem sie mit beiden Hacken so hart wie es ging auf den Boden trat.
Es nutzte nichts. Van Akkeren war stärker. Was er wollte, das zog er auch durch. Und so schob er Julie immer näher an den Thron heran, wobei er hässlich lachte. Für ihn war es eine große Freude.
Er würde siegen, er würde gewinnen, und nichts anderes gab es für ihn. So war es immer, so würde es auch bleiben.
Julie Ritter stolperte mehrmals. Bevor sie gegen den verdammten Götzen fallen konnte, zerrte der Mann sie zurück, denn er bestimmte die Regeln.
Mit nur einer Hand hielt er sie am Nacken fest und zwang ihren Kopf in eine bestimmte Richtung.
»Schau ihn dir an, Maria, schau ihn dir gut an. Es hat ihn schon gegeben, als du ebenfalls auf der Erde gewesen bist. Aber jetzt wird er siegen. Er wird dich besiegen. Er wird die Heilige verspotten.«
Julie konnte nicht anders handeln. Der Griff war einfach zu stark. Er klemmte ihren Kopf fest. Sie schaffte es nicht mal, ihn nach rechts oder links zu drehen, denn die Hand lag in ihrem Nacken wie eine Klammer.
Noch nie zuvor hatte sie den hässlichen Schädel so nahe gesehen. Sie konnte den Blick auch nicht abwenden, und selbst der eigene Wille war ausgeschaltet, weil sie es nicht mal schaffte, die Augen zu schließen.
Und so starrte sie in das glatte, widerliche und feiste Gesicht des Götzen hinein.
Auch in die Augen!
Sie waren zwei kalte, grausame Leuchten, in denen sich alles Böse verfangen hatte, wozu dieser Dämon fähig war.
Julie sah noch etwas.
Die Karfunkelaugen waren nicht starr. Sie bewegten sich, und sie lebten. Sie glitzerten, sie funkelten. Sie waren so präsent, und sie glotzten in das Gesicht der Frau, als wollten sie es sezieren.
Dann zuckte auch der Mund. Die Enden der nach oben gebogenen Winkel bewegten sich leicht, und als Julie es endlich schaffte, den Blick zu senken, da hatte sie den Eindruck, als würde sich auch der Stoff des Umhangs bewegen.
»Er wird dein Herr werden!« flüsterte ihr van Akkeren scharf ins Ohr.
»Dein Herr, verstehst du?«
»Nein!«
»Doch, Maria Magdalena.« In seinem Wahn redete er Julie jetzt immer mit dem anderen Namen an.
»Er wird siegen, auch wenn es sehr lange gedauert hat und sich über die Jahrhunderte hinzog. Aber ich sage dir, dass es nur einen Gewinner gibt und sonst keinen. Nur einen!«, brüllte er, »Und das ist Baphomet!«
Die Hand hielt noch immer ihren Hals fest. Julie stand gebückt, und ihr Kopf wurde durch einen heftigen Ruck noch weiter nach unten gedrückt. »Du wirst ihn ganz sehen!«, flüsterte van Akkeren scharf. »Du wirst ihn einfach anerkennen, und du wirst ihm deine
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