1252 - Spur in die Vergangenheit
Lenkrad, Godwin nahm neben ihm Platz und ich quetschte mich nach hinten.
»Du musst sagen, wohin ich fahren soll.«
»Alles klar. Gib Gummi!«
Wir hatten Alet-les-Bains schnell hinter uns gelassen und fuhren auf einer relativ schmalen Straße weiter. Ich kannte mich in der Gegend hier aus und erinnerte mich an manch heißen Sommertag, den ich hier erlebt hatte. Da war die Straße durch das Fahren vom hoch gewirbelten Staub wie in einen Nebel gehüllt gewesen.
Das war jetzt vergessen, und schon bald mussten wir nach Rennes-les-Bains abbiegen, um von dort aus dann zu unserem eigentlichen Ziel zu gelangen.
Zwischen uns wurde nicht viel gesprochen. Ein jeder hing seinen Gedanken nach, und ich dachte an einen alten Abbé mit dem Namen Sauniere, der hier vor fast hundert Jahren gelebt hatte und etwas entdeckt haben musste, was bis heute ein Geheimnis war. Der Abbé hatte es mit ins Grab genommen, aber sein Grab und die Umgebung, in der er gelebt hatte, war zu einer Pilgerstätte geworden, denn viele Menschen wollten genau wissen, was Sauniere herausgefunden hatte.
Auch ich machte mir darüber meine Gedanken, und ich war davon überzeugt, dass es etwas mit Maria Magdalena zu tun hatte. Sauniere war derjenige gewesen, der sie hochverehrt hatte, und nicht nur das, denn ihr zu Ehren hatte er den Magdalenenturm in Rennes-le-Château errichtet, finanziert von Geldgebern, deren Existenz bis heute im Dunkeln lag.
Fakt blieb, dass es ein Geheimnis gab. Und es war weiterhin Fakt, dass gewisse Kreise alles taten, wobei ich bezweifelte, dass es um die Todesstätte der Heiligen direkt ging. Das wäre zu simpel gewesen. Das eigentliche Geheimnis dieser Gegend war etwas anderes, von dem manche Menschen behaupteten, dass es die Grundfesten der Kirche erschüttern konnte.
Soweit wollte ich nicht gehen, denn mich interessierte einzig und allein der Turm.
Er stand auf einem Bergrücken. Wir mussten in einen recht schmalen Weg einbiegen, der hochführte, aber irgendwann kamen wir nicht mehr weiter, mussten aussteigen und zu Fuß gehen.
Als Godwin die Wagentür zuschlug, deutete er in die Höhe. »Da ist der Turm.«
Auch Suko und ich blickten hin. Er sah auf dem Berg aus wie angeklebt. Ein Viereck mit Zinnen, wobei an einer Seite ein runder Turm angebaut worden war, der wie ein Schornstein wirkte. Auch er war mit Zinnen bestückt, und ich dachte wieder an die Zahl 22, hatte aber keine Lust, die Zinnen nachzuzählen.
Godwin drehte sich zu mir hin. »Du weißt, wer den Turm erbaut hat, John?«
»Ja, der Abbé Sauniere.«
Der Templer nickte. »Man weiß, dass Sauniere dort einen großen Teil seiner Freizeit verbracht hat. Er hat sich im Turm eine Bibliothek eingerichtet, und bei entsprechender Sicht ist er auf die Terrasse des Turms geklettert, um seinen Blick über die Landschaft schweifen zu lassen. Denn von dieser Stelle aus konnte er in ein Tal hineinsehen, das man Tal Gottes nennt.«
»Warum das?«
»Keine Ahnung.«
»Aber sollten wir hier nichts finden, dann müssten wir in die von Sauniere renovierte Kirche St. Marie-Madeleine gehen und dort weitersuchen. Wenn die Heilige tatsächlich in eurer Freundin wieder geboren ist, dann müsste was zu finden sein.«
»Und hoffentlich auch sie.«
»Ja, gern.«
Wir sprachen nichts mehr und machten uns auf den Weg zum Turm. Der Feldweg war wirklich zu schmal. Hier hätte es auch ein noch so kleiner Wagen nicht geschafft. Es sei denn, man verließ sich auf ein Fahrrad.
Hier oben war es kühler. Ich empfand die Luft als noch klarer und besser. Der Wind trieb uns den Geruch des alten Mauerwerks entgegen, um das sich so große Geheimnisse rankten.
»Kann man den Turm ohne weiteres betreten?« fragte ich.
Godwin, der vor mir herging, drehte den Kopf. »Wenn nicht, müssen wir uns Eintritt verschaffen.«
»Du bist der Boss.«
»Ja, ja, ich weiß«, erwiderte er lachend.
Wir setzten den Weg fort. Kahle Sträucher und dürres Gestrüpp begleiteten uns an der rechten Seite.
Wer einen Blick darüber hinwegwarf, schaute einen Abhang hinab, der recht steil war und dessen Ende ich nicht genau sah.
Die Lage des Turms war wirklich mit einem Adlerhorst zu vergleichen. Von hier oben hatte man den perfekten Überblick. Ich konnte den Abbé verstehen, dass er sich hier eingenistet hatte.
Während Suko hochschaute, drehte sich Godwin von ihm weg, um nach dem Eingang zu sehen. Ich folgte ihm und fragte: »Bist du schon mal hier gewesen?«
»Nein, John, es ist das erste Mal. Den Turm habe ich
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