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1253 - Angst vor dem eigenen Ich

1253 - Angst vor dem eigenen Ich

Titel: 1253 - Angst vor dem eigenen Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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trotzdem nicht da. Sie schaute nach vorn, und ich glaubte, dass sie uns gar nicht sah. Der Blick glitt ins Leere oder durch uns hindurch. Gedanklich musste sie mit völlig anderen Dingen beschäftigt sein.
    Wir ließen einige Sekunden verstreichen, um ihr Gelegenheit zu geben, sich an die neue Lage zu gewöhnen. Es änderte sich nichts. Ihre Haltung blieb gleich, sie wirkte wie eingefroren.
    »Ist sie ansprechbar?«, fragte Suko leise.
    »Sieht nicht so aus«, meinte ich.
    »Sie muss weggetreten sein«, flüsterte Godwin. »Geistig weggetreten. In eine andere Welt abgetaucht.«
    »Als Doppelgängerin?«, fragte ich.
    »Ja.«
    Ich hatte da meine Zweifel. »Wenn es der Fall gewesen wäre, hätten wir ihn sehen müssen. Du, Godwin, hast uns selbst vorgelesen, dass er in Sichtweite bleibt.«
    »Sicher. Aber…«, er wusste auch nicht weiter und zuckte mit den Schultern.
    Suko fragte: »Oder sollten wir es doch mit einer Bilokation zu tun haben?«
    Er bekam von uns keine Antwort. In diesem Fall war wirklich nichts auszuschließen.
    Wir warteten ab. Mindestens eine weitere Minute verstrich, ohne dass sich die Frau nur ein einziges Mal bewegt hätte. Sie war tief in sich selbst versunken oder in die Bilder, die nur sie sah und die sie uns auch nicht erklären wollte.
    Suko ging zu ihr. Als er nahe genug an Julie herangetreten war, hob er die Hand und berührte mit den Fingerspitzen ihre Wange. Er drehte uns seinen Kopf zu. »Kalt«, berichtete er. »Verdammt kalt, wie es beschrieben wurde.«
    »Wie eine Tote?«, fragte Godwin.
    »Nein, das glaube ich nicht. Sie atmet ja, auch wenn man genau hinschauen muss.« Suko war auch mit seinem Latein am Ende. Er schaute mich an und sah, dass ich ebenso ratlos war.
    »Sollen wir sie in ihrer Welt lassen?«, fragte der Templer.
    »Gegenfrage. Wie willst du sie erwecken? Sie ist nicht hypnotisiert. Es gibt kein Codewort, das das schaffen könnte. Schreien, schütteln? Nein, das ist zu gefährlich.«
    »Oder durch dein Kreuz!«
    Suko hatte den Vorschlag gemacht, und ich schaute ihn zunächst perplex an. »Ist das dein Ernst?«
    »Warum nicht, John? Was kann denn passieren? Sie gehört nicht zur schwarzmagischen Seite. Sie ist keine Dämonin. Sie ist auch nicht davon beeinflusst worden. Sie hat nur eben das Pech oder das Glück, schon mal als eine exponierte Person gelebt zu haben. Das ist ihr Problem, aus dem sie wohl jetzt nicht mehr ohne Hilfe richtig rauskommt.«
    Es war natürlich eine Möglichkeit, es mit dem Kreuz zu versuchen. Es besaß bestimmte Kräfte, die sich dann bemerkbar machten, wenn sie mit der Gegenseite in Kontakt kamen. Aber hier war für mich keine Gegenseite vorhanden, und das war das Problem.
    »Ich würde es tun«, sagte auch Godwin.
    »Okay.«
    Beide schauten zu, wie ich die Kette über den Kopf streifte. Wohl war mir bei dieser Aktion nicht, denn ich befürchtete auch, etwas kaputtzumachen. Nichts ist ohne Risiko. Sehr glatt läuft nur selten etwas, und in diesem Fall war Julie Ritter von anderen Kräften gefangen genommen worden, die sie von selbst nicht freilassen wollten, sondern warteten, bis ihre Zeit gekommen war.
    Ich spürte das Gewicht des Kreuzes auf meiner Hand. Es kam mir schwerer vor als sonst, was auch Einbildung sein konnte. Ich stand hier eben zu stark unter Stress.
    Suko und Godwin traten zur Seite, damit sie mich nicht behinderten. Für einen Augenblick dachte ich daran, dass der Templer sich im Besitz des Würfels befand. Auch seine magische Kraft wies ihm öfter den Weg zum Ziel, doch in diesem Fall hatte er ihn nicht eingesetzt. Möglicherweise hatte er den Versuch gestartet, aber der war wohl erfolglos geblieben, sonst hätte er uns etwas gesagt.
    Da Julie auf dem Bett saß und ich nicht vor ihr stehen wollte, holte ich mir den Holzstuhl herbei. Ich stellte ihn vor Julie auf und nahm dann Platz.
    Unsere Gesichter befanden sich jetzt ungefähr auf einer Höhe. Ich würde jede Reaktion an ihr erkennen können, ohne mich erst anstrengen zu müssen.
    Vom Kreuz her erlebte ich keine Reaktion. Kein Kribbeln, keinen Wärmestoß, es blieb völlig neutral und normal.
    Noch zögerte ich, es einzusetzen, denn ich wollte es zunächst auf eine andere Weise versuchen.
    »Julie«, sprach ich sie leise an, denn sie sollte sich auf keinen Fall erschrecken.
    Eine Reaktion erlebte ich nicht. Nicht mal ein Zucken der Wangen. Ich hätte sie anschreien können, es wäre wohl die Gleiche geblieben.
    Der zweite Versuch. Diesmal nahm ich die Hand. Suko hatte bei

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