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1253 - Aufbruch nach Erendyra

Titel: 1253 - Aufbruch nach Erendyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Staub dehnten sich bis zum Horizont, Hier und dort lugte ein Stück Straße aus den Dünen hervor. Hin und wieder war der Lauf eines Flusses zu sehen, der sich im Lauf der vergangenen fünf Jahrzehnte einen neuen Weg durch die drastisch veränderte Geographie gebahnt hatte. Seen glitzerten trüb aus dem Staubmeer empor. Weite Flächen kleinmaßstäblicher Unebenheiten verrieten die Orte, an denen früher Städte gestanden haben mochten.
    Bergzüge erschienen in unregelmäßigen Abständen im Blickfeld. Sie wirkten alt und abgeschliffen.
    Die mörderischen Druckwellen der Kernexplosionen hatten ihnen die Gipfel abgerissen und das Gestein zu Staub zermalen - jenem Staub, der die gesamte Oberfläche des Planeten bedeckte. Ein kleines Binnenmeer hatte der Verbund der 25 Segmente überflogen. Das Wasser leuchtete in unschuldigem Blau, aber die Messungen der EXPLORER ließen unzweideutig erkennen, daß auch unter den Wogen kein organisches Leben mehr existierte.
    In drei Kilometern Höhe bewegte sich der Verband der Virenschiffe über die Oberfläche der toten Welt. In der Umgebung des ersten Peilpunkts hatte sich nichts gefunden, was als Ausgangsort des Gravoschocks in Frage gekommen wäre. Zwar bestand die Möglichkeit, daß der Projektor, der den Gravoimpuls abgestrahlt hatte, unterirdisch installiert war. Reginald Bull indes hatte entschieden, daß man, bevor man sich die Mühe des Grabens machte, den zweiten Peilpunkt auf der anderen Seite des Planeten anfliegen solle. Beide Punkte lagen in unmittelbarer Nähe des Äquators. Der Umfang des Planeten betrug 36000 Kilometer. Die EXPLORER mit ihren Begleitschiffen flog dreifache Schallgeschwindigkeit. Es würden sechs Stunden vergehen, bis der Verbund der Virenschiffe den zweiten Peilpunkt erreichte - sechs Stunden, die Reginald Bull zu nutzen gedachte, seinen Chaoten und Anarchisten einzuhämmern, was ihm auf der Seele lag. „Seht euch an, was unter euch liegt", hörte man seine Stimme in sämtlichen 25 Fahrzeugen. „Seht euch an, welch entsetzliche Narretei ein Krieg ist, der mit nuklearen Waffen geführt wird. Wir wissen nicht, wer hier gekämpft hat, aus welchem Grund gekämpft wurde. Aber wir sehen das Ergebnis, und es läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ..."
    Er wußte nicht, welchen Eindruck er auf seine Zuhörer machte. Es kümmerte ihn nicht. Es ging ihm darum, sich etwas von der Seele zu reden. Daß intelligente Wesen Mittel und Wege finden müßten, Zwistigkeiten und Gegensätze auf gewaltlose Weise zu beseitigen. Daß jeder Krieg, wie plausibel auch immer der Anlaß sein mochte, der ihn auslöste, die Zivilisation ein paar Schritte zurückwarf.
    Daß es kein deutlicheres Symptom der Dummheit gebe, als wenn ein Krieg mit Waffen geführt wurde, die unweigerlich beide Parteien auslöschen mußten.
    Die Wirkung, die Bulls Ansprache erzielte, wurde nie gemessen. Aber eines mußte man ihm zugestehen: Er sprach mit der Überzeugungskraft und aus dem bitteren Herzen dessen, der einst der Katastrophe, die er schilderte, nur um Haaresbreite entgangen war.
    Lange nachdem er geendet hatte, überquerte die EXPLORER die Küste eines Ozeans. Sie hatte die Sonne überholt: Im Westen wurde es allmählich Nacht. Der Verbund hatte bereits mehrere hundert Kilometer der ausgedehnten Wasserfläche hinter sich zurückgelassen, als die Stimme des Schiffes sich meldete. „Ich registriere niederenergetische Oszillationen, die fast ohne Zweifel von organischen Zellen und Zellverbänden ausgehen. Es sieht so aus, als gäbe es in der Tiefe des Meeres noch primitives Leben."
    Das war der Kontrapunkt zu Reginald Bulls von gerechtem Zorn erfüllter Ansprache. Die Natur hatte der Dummheit des intelligenten Wesens die Spitze abgebogen, das Allerschlimmste verhindert. Die primitivsten aller Lebensformen, die in der Tiefe des Ozeans lebten, waren der Vernichtung entgangen. Der Planet erhielt eine neue Chance.
    Freilich würde es rund eine Milliarde Jahre dauern, bis abermals intelligentes Leben entstand, und es mochte durchaus sein, daß es der zweiten Generation der Intelligenz nicht besser erging als der ersten. Daß sie dieselbe Dummheit beging und sich selbst auslöschte. Daß die Natur ein drittes Mal mit dem Aufbau beginnen mußte, ohne viel Hoffnung diesesmal; denn bis dahin würde sich der Zeitpunkt nähern, an dem der Sonne der nukleare Brennstoff ausging
     
    4.
     
    Es war Nacht über der. geschundenen Welt, als sie sich dem zweiten Peilpunkt näherten. Der Ozean, in

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