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1255 - Böser schöner Engel

1255 - Böser schöner Engel

Titel: 1255 - Böser schöner Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie wollte etwas sagen, aber sie brachte nur ein Krächzen hervor. Zugleich spürte sie die Weichheit in ihren Knien, und sie war nicht mehr in der Lage, sich normal auf den Beinen zu halten. Zum Glück stand in der Nähe ein Stuhl, dessen Lehne sie als Stütze nehmen konnte.
    »Bleibt noch eine!«, erklärte Tamara hämisch und nickte Svetlana dabei zu.
    Plötzlich war der Frau klar, dass dies hier der Wahrheit entsprach. Das war kein Traum, das stimmte alles. Ihre Tochter war gesund, aber sie würde etwas von sich geben müssen. Sie würde sterben. Sie würde die Energie, die ihren Körper erfasst hatte und die auch das Leben bedeutete, einfach abgeben müssen. Grauenvoll…
    Tamara lächelte sie an. Svetlana wusste jetzt sehr deutlich, dass hinter dem engelhaften Lächeln ein Teufel steckte. Ein Satan in Verkleidung, der kein Erbarmen kannte.
    »Du bist es«, sagte sie.
    Svetlana konnte nicht mal nicken. Sie war überhaupt nicht in der Lage, sich zu bewegen. Würde ein Toter fühlen können, dann würde sie sich schon als Tote bezeichnen.
    Doch sie lebte, und sie spürte, wie ihr das Blut in den Kopf stieg. Es hatte sich erhitzt, jedenfalls fing ihr Gesicht an zu glühen, und hinter den Stirnseiten tuckerte es.
    Direkt neben ihr stand die alte Ärztin. Svetlana schaute gar nicht hin. Sie hörte das Jammern, und das Geräusch klang, als stünde die Frau weit entfernt.
    Tamara hatte ihr bewusst Zeit gelassen, um die Worte zu verdauen. Sie schaute zu, wie die Röte aus dem Gesicht verschwand und einer kalkigen Blässe Platz schuf. Jetzt erst musste der Schock die Frau richtig erwischt haben. Nun war ihr klar geworden, wie der Hase lief und in welch einer schrecklichen Lage sie sich befand.
    Die Heilerin lächelte weiter, und sie scheute sich nicht, Svetlana anzusprechen. Ihre Worte waren der reinste Hohn, aber so verdammt ernst gemeint.
    »Alles hat seinen Preis. Auch die Heilung deiner Tochter. Ich bin geschwächt worden, und diese Schwäche muss ich wieder ausgleichen. Die eine lebt, sie ist wieder gesund geworden, aber die andere muss den Preis bezahlen. So ist es überall in der Welt.«
    Nach diesen Worten ging Tamara auf die bewegungslos dastehende Svetlana zu. Sie wusste nicht, was sie noch sagen sollte. Bei ihr war alles zu und erreichte beinahe sogar ihr Gehirn. Aber dort wurden die Gedanken immer klarer. Es war grauenhaft und doch eine Tatsache. In den nächsten Minuten würde sie den Preis für die Gesundung ihrer Tochter bezahlen und einen Tod erleiden, wie sie ihn sich nie hätte vorstellen können.
    Tamaras Schritte waren nicht zu hören. Sie berührte den Boden nur leichtfüßig. Das Lächeln blieb auf ihrem Gesicht. Es war so kalt wie auch der Ausdruck der Augen. Sie hätte auch herbeischweben können, doch auf dem Rücken blieben die beiden seltsamen Schwingen zusammengeklappt. Der nächste Schritt brachte sie in die unmittelbare Nähe der Mutter, und sie streckte die Arme aus.
    Svetlana wollte zurückweichen. Mehr als ein Zucken schaffte sie nicht, und noch im gleichen Augenblick spürte sie den leichten Druck der Hände auf ihren Schultern.
    Es war die erste Berührung zwischen den beiden. Svetlana glaubte, von einem leichten Stromstoß erwischt zu werden. Ein Schauer erwischte sie, unwillkürlich verkrampfte sie, und Tamara nahm die Gelegenheit wahr, sie noch näher an sich heranzuziehen, um sie zu umarmen wie eine gute Freundin.
    Plötzlich war es sehr still im Zimmer geworden. Niemand sprach mehr. Auch das Jammern der Ärztin war verstummt. Die Stille war wie eine starke Belastung. Es war das Abwarten, das lange Lauern vor dem Tod, der dann zuschlagen würde.
    Tamara umarmte die andere Frau. Ihr Kinn lag auf der Schulter der Person, deren Kraft sie haben wollte. Sie flüsterte Worte, die Svetlana nicht verstand, und ihr Blick war auf das Bett fixiert, in dem Jamina saß und zu ihnen schaute.
    Das Kind sah zwar alles, aber es wusste nicht, was hier passierte. In den Augen stand eine Frage wie festgeschrieben, und auch ein ängstlicher Ausdruck malte sich darin ab.
    »Bleib locker!«, flüsterte Tamara. »Es wird dir nicht wehtun. Es ist so angenehm. Als würdest du einschlafen. Verlass dich darauf, meine Liebe, verlass dich…«
    Svetlana konnte den Worten nicht entgehen. Aber die letzten empfand sie als nicht mehr so laut, obwohl Tamara keineswegs leiser gesprochen hatte. Es lag einzig und allein an ihr. Etwas passierte mit ihr. Sie hatte das Gefühl,

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