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1255 - Böser schöner Engel

1255 - Böser schöner Engel

Titel: 1255 - Böser schöner Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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waren auch die Heiligen. Ich habe zu ihnen gefleht. Ich habe sie angerufen, und sie haben mich nicht im Stich gelassen. Weißt du eigentlich, dass ich sie gespürt habe?«
    »Nein, das weiß ich nicht.«
    Plötzlich strahlte das Gesicht der Kleinen. »Es war so toll, Mamutschka. Es war so herrlich, als ich es spürte.«
    »Wie? Du hast sie gespürt?«
    »Ja, in mir. Ich war so leicht. Ich hatte viel Kraft. Ich hätte die ganze Welt umkippen können. So ist das gewesen, schon ein richtiges Wunder…«
    »Ja, mein kleiner Liebling, es ist wirklich ein Wunder gewesen. Der Himmel hat uns geholfen.«
    »Ich habe auch nach Vater gerufen.«
    »Und… und?«
    »Ich glaube, er ist auch dabei gewesen. Jemand hat mir gesagt, dass ich keine Angst haben müsste. Aber das war keine richtige Stimme, denn ich habe sie nicht in den Ohren gehört, sondern woanders. Aber es ist alles so gewesen.«
    »Wir leben, Liebling, wir leben. Keiner hat uns töten können - keiner. Das glaub mir mal.«
    »Und ich bin nicht mehr krank. Ich bin wieder gesund. Ich kann mich so bewegen wie früher. Ich bin auch nicht mehr schwach. Jetzt wird alles besser.«
    Die Witwe drückte sich etwas zurück. »Ja, es wird alles besser. Und wenn wir richtig darüber nachdenken, ist es sogar gut gegangen. Es hat dich gesund gemacht, und du hast den bösen Engel vertrieben.«
    Jamina schaute ihre Mutter etwas länger an, bevor sie eine Antwort gab. »Nein, das ist kein Engel gewesen. Das war ein böser Engel, ein Teufel eigentlich. Wie in einem Märchen, das ich gelesen habe. Da hat sich der Teufel verkleidet. Da ist er als schöner Mann gekommen und hat die Prinzessin geraubt. Dann aber ist jemand gekommen, der hat sie befreit. Ein schöner Mann, auch ein Prinz. Er hat den anderen mit einer Lanze getötet, und dann hat sich dieser Teufel sogar in Feuer und Rauch aufgelöst.«
    »Ja, das war ein Märchen, mein Schatz. Aber heute ist für uns auch ein Märchen wahr geworden, was ich nie gedacht hätte. Mein Gott, es ist alles so wunderbar. Wir haben das Leben geschenkt bekommen, hast du verstanden?«
    »Ja, das habe ich.«
    »Es ist einfach wunderbar.« Sie musste wieder weinen und schnäuzte in ihr schon feuchtes Taschentuch. Dann erst drehte sich die Witwe von ihrer Tochter weg, weil ihr eingefallen war, dass sich noch jemand im Raum aufhielt.
    Die Ärztin hatte sich wieder hingesetzt und den Stuhl so gedreht, dass sie zum Bett schauen konnte.
    Die Blicke der Frauen trafen sich, und die Ältere sprach aus, was beide dachten.
    »Wir leben…«
    »Ja, Veruschka, wir leben.«
    »Deine Tochter hat uns gerettet. Aber ich… aber ich… ich habe sie geholt. Es hätte alles nicht so weit kommen müssen, wenn ich nicht… wenn ich nicht…«
    »Nein, hör auf, so darfst du nicht reden. Du hast es nur gut gemeint, Veruschka. Und ich bin darauf eingegangen. Ich hätte auch sagen können, lass es sein, aber das habe ich nicht getan. Und jetzt ist alles wieder geregelt worden.«
    Die Ärztin schüttelte den Kopf.
    »Nicht?«, fragte Svetlana.
    »Ja. Nur für den Moment. Ich habe Angst, dass sie wieder zu uns zurückkommt und nachholt, was sie versäumt hat.«
    Svetlana wusste selbst nicht, woher sie ihren Optimismus nahm. »Keine Sorge, Veruschka, ich bin gewarnt. Ich weiß jetzt, wer sich hinter ihrer Kleidung versteckt. Sie ist ein Teufel, und ein Teufel hat Angst vor den Gebeten und den Kreuzen. Ich habe noch Kreuze in der Wohnung. Meine Eltern haben mir zwei zur Hochzeit geschenkt. Sie sind wunderbar, und sie werden diese Teufelin vertreiben.«
    »Das ist zu hoffen.«
    Svetlana nickte ihr zu. »Ich an deiner Stelle würde mir auch Kreuze besorgen und sie aufhängen. Schütze deine Wohnung, Veruschka, denn man muss sich vorsehen.«
    »Warum? Meinst du, dass sie zurückkehrt?«
    »Sie hat verloren. Sie hat eine Seele verloren. Sie hat etwas umsonst gemacht. Sie hat meine Tochter geheilt, aber sie hat ihren Lohn nicht bekommen. Genau den wird sie sich holen wollen, damit rechne ich fest. So wird es sein.«
    Veruschka war nachdenklich geworden. Sie sann vor sich hin, und schließlich hob sie die Schultern.
    »Kannst du mir denn sagen, was wir tun sollen?«
    »Nein, das kann ich auch nicht. Eben bis auf die Kreuze.«
    »Kennst du niemanden, der uns helfen kann?«
    Traurig schüttelte Svetlana den Kopf. »Du denn?«
    Die Ärztin rieb ihr Gesicht. »Ich denke mal nach. Es ist so, Svetlana. Ich bin über siebzig Jahre alt. Ich habe manchen Umbruch in diesem Land erlebt, und ich

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