1257 - Gezeichnet durch den Höllenfluch
erinnert habe.«
»Nein, nein«, sagte Suko schnell. »Sie brauchen uns keinen Bescheid zu geben. Wir werden zu Ihnen kommen.«
»Ja? Und dann?«
»Bleiben wir bei Ihnen. Vor allen Dingen auch in der Nacht, wenn Sie schlafen.«
»Sie wollen mich erleben?«
»Vielleicht werden wir Sie auch wecken, sollten wir merken, dass Sie unter einem Albtraum leiden.«
Er sagte nichts mehr, denn es hatte ihm die Sprache verschlagen. »Ja, dann… dann… darf ich mich schon jetzt bei Ihnen bedanken. Ich bin hoch erfreut, dass Sie mich ernst genommen haben.« Er lächelte.
»Ich muss Ihnen noch meine Adresse geben, damit Sie wissen, wo Sie mich finden können. Das ist wichtig.«
»Natürlich.«
Er kramte eine Visitenkarte hervor und überreichte sie mir. Ich schaute sie mir an und fragte: »Wie lange sind Sie schon in dieser Gemeinde als Pfarrer tätig?«
»Seit über zehn Jahren. Es war meine erste Stelle, die ich bis heute behalten habe.«
»Sie kamen gut zurecht?«
»Ja.«
Das wollte ich nicht so recht glauben. »Keine Probleme mit irgendwelchen Leuten?«
»Nein, die hatte ich nur selten. Sie hielten sich allerdings im Rahmen.« Er erhob sich und wurde kalkblass.
Wie ein Stück Holz fiel er wieder zurück auf den Sitz, und wir beide hatten das Gefühl, eine völlig andere Person vor uns sitzen zu sehen.
»Was ist los?«, rief Suko.
Es dauerte eine Weile, bis wir die Antwort bekamen. »Da war etwas«, flüsterte der Pfarrer. »Ja, da ist etwas gewesen.« Mit einer heftigen Bewegung schlug er die Hände vors Gesicht und ließ uns etwas ratlos zurück…
***
Sein Zustand dauerte nicht lange. Etwa eine halbe Minute behielt er die Haltung bei. Er sagte kein Wort, aber er war dabei, nachzudenken, das sahen wir ihm an.
Schließlich war er wieder in der Lage uns anzuschauen, und er begleitete den Blick mit einem Stöhnen.
»Als Sie mich vorhin gefragt haben, da hatte ich das Gefühl, als hätten Sie einen Schalter in mir umgedreht, damit das Licht angeht. So ist es gewesen, denn jetzt erinnere ich mich wieder. Mein Gott, dass ich nicht vorher daran gedacht habe!«
»Was war es denn?«, fragte Suko.
»Nun ja, es liegt auch schon Jahre zurück und es passierte an dem kleinen See in der Nähe.«
»Was geschah dort?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich kann mich nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern, aber jetzt, wo Sie mich gefragt haben, kommt das meiste wieder hoch.«
»Wir haben Zeit«, sagte ich.
»Danke.« Gallo holte tief Luft. »Das finde ich toll. Kann ich jetzt wohl einen Kaffee haben?«
»Gern.« Ich stand auf und störte Glenda, die vor ihrem Bildschirm saß.
»Und? Ist der Mann interessant?«
»Sehr. Aber jetzt braucht er einen Kaffee.«
»Du auch?«
»Ich denke schon.«
»Dann bringe ich ihn.«
»Nein, nein, ich nehme die Tassen mit.«
Glenda stand auf und trat hinter mich, als ich den Kaffee einschenkte. »Du wirkst so nachdenklich. Ich weiß, dass der Mann kein Spinner ist. Aber was steckt wirklich hinter ihm? Hast du das herausgefunden?«
»Nein, noch nicht im Einzelnen. Aber ich gehe mittlerweile davon aus, dass er verflucht ist.«
Von der Seite her schaute mich Glenda an. »Als Pfarrer?«
»Ja, es deutet alles darauf hin.«
»Gott, das ist ja… dann kann er seinem Beruf nicht nachgehen.«
»Doch, das kann er. Der Fluch trifft ihn anders. In der Nacht wird er von schrecklichen Wahrträumen gequält. Genau das ist sein Problem. Er sieht die Verbrechen, die genau zu diesem Zeitpunkt passieren, und es sind immer wieder Morde.«
Glenda schauderte es. »Kann man überhaupt mit einem derartigen Druck leben?«
»Das ist verdammt schwer. Aber Francis Gallo ist nichts anderes übrig geblieben. Er musste damit leben, bis zum heutigen Tag, wo ihm alles zu viel geworden ist.«
»Siehst du eine Chance, John?«
»Mal schauen. Aber er ist jetzt soweit, dass er sich an etwas Bestimmtes erinnert, was mit seinen verfluchten Träumen in einem direkten Zusammenhang steht.«
»Dann stelle ich mal keine Gespräche durch.«
»Ich bitte darum.«
Glenda öffnete mir noch die Tür, weil ich beide Tassen zu tragen hatte. Der Pfarrer saß noch immer in der steifen Haltung auf dem Stuhl. Aber er lächelte, als ich die Tassen abstellte.
Glenda schloss die Tür leise.
Francis Gallo trank den Kaffee schwarz. Zwei Schlucke nahm er, auch noch einen dritten und deutete anschließend auf seine Stirn. »Ich habe es geschafft und mich so stark konzentriert, dass ich mich auch wieder an den Abend erinnere. Es
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