1258 - Der Leichen-Skandal
sagte Ihnen doch, dass ich die Leichen verbrenne.«
»Ja, das stimmt. Aber andere Leichen in Ihrer Nähe machen mich schon misstrauisch.«
»Was sollte Sie das angehen?«
»Ich bin für die Umwelt verantwortlich. Und nicht ordnungsmäßig begrabene Tote verschmutzen die Umwelt. Sie haben ihren Platz auf dem Friedhof. Er ist dafür reserviert und nicht das freie Gelände, Mr. Frost. Daran sollten Sie auch denken.«
»Warum sollte ich das? Ich habe damit wirklich nichts zu tun.«
Paine lächelte jetzt, obwohl es ihm in dieser Umgebung schwer fiel. »Es mag so sein, Mr. Frost, aber ich kann Ihnen versichern, dass sich auch die Polizei um die Leichen kümmern wird.«
»Bitte?«
»Ja, die Polizei. Ich muss diesen Leichen-Skandal melden. Das verstehen Sie doch!«
Dave Frost sagte nichts. Er schaute den Förster nur an. Schließlich nickte er und sagte: »Ich denke, dass Sie die Polizei schon verständigt haben.«
»Nein, noch nicht. Ich werde es tun, sobald ich Sie verlassen habe, Mr. Frost.« Die Antwort war kaum gesprochen, als dem Förster klar wurde, dass er einen Fehler begangen hatte. Er hätte nicht zu viel verraten dürfen. Aber die Zeit, sich darüber zu ärgern, blieb ihm nicht, denn Frost griff blitzschnell unter seiner Jackett und hielt plötzlich eine Pistole in der Hand.
»Ich bezweifle, dass es Ihnen noch gelingen wird, die Polizei zu benachrichtigen, Mr. Paine. Irgendwo haben auch Sie Ihre Grenzen, und die sind jetzt erreicht!«
Der Förster begriff die Welt nicht mehr. Er konnte auch nichts mehr sagen und starrte unverwandt in die kleine Pistolenmündung. Allmählich wurde ihm klar, dass er die richtige Spur gefunden hatte, aber er wusste auch, dass er in einer verdammten Klemme steckte, aus der er so leicht nicht mehr herauskam.
Trotzdem versuchte er es. »Bitte, was… was… soll das bedeuten?«
»So wie ich es Ihnen sagte, Mr. Paine. Ich lasse mir das nicht gefallen. Hier schnüffelt keiner herum. Davon mal abgesehen, ich finde es toll, dass Sie den Weg zunächst zu mir gefunden haben. Umgekehrt wäre es nicht so gut gewesen.« Er hob die Schultern an. »Bedaure, aber das Leben ist nun mal nicht berechenbar.«
Der Förster wusste nicht, was er denken sollte. In seinem Körper wallte das Blut hoch. Schweiß trat ihm auf die Stirn, und er hatte Mühe, Luft zu holen. Auch das normale Stehen fiel ihm schwer. Er glaubte, von einer Seite zur anderen zu schwanken und hatte Mühe, die nächste Frage zu stellen.
»Sie… sie… wollen mich wirklich töten?«, fragte er flüsternd.
»Ja.«
»Das ist Mord.«
»Ich weiß.«
»Die Polizei wird…«
»Ach, hören Sie doch damit auf, Paine. Die Polizei wird nichts tun. Sie kann gar nichts tun, denn sie wird von Ihnen nichts finden. Haben Sie vergessen, wo wir uns hier befinden? In einem Krematorium, Mr. Paine. In einer Verbrennungsanstalt, in der Sie verbrannt oder kremiert werden, was sich etwas vornehmer anhört. Trotzdem bleibt es wie es ist. Der Rest ist Asche.«
Dick Paine schwieg. Er fühlte sich noch immer wie in einer anderen Welt. Die Realität war von ihm weggezogen worden. Er hatte das Gefühl, ganz langsam zu fallen, ohne das Ziel zu erreichen, denn es gab einfach keinen Grund.
Plötzlich erinnerte er sich wieder an sein Gewehr. Er gehörte zu den sichersten Schützen, aber er sah auch die Pistole, und ihm war klar, dass eine Kugel aus ihr immer schneller war. In der Zeit würde er sein Gewehr nicht in eine schussbereite Stellung bekommen.
Da gab es noch seinen Hund. Rowdy hockte dicht neben seinem rechten Fuß. Er hatte keine kampfbereite Haltung eingenommen, eher eine ängstliche, als wäre er dabei, den bösen Einfluss des Mannes zu wittern.
Rowdy war so erzogen, dass er gehorchte. Auf ein Wort hin würde er tun, was sein Herr verlangte.
Genau darauf setzte der Förster. Er schielte nach unten. Er starrte auf Rowdys Rücken und dann fegte das Wort wie von selbst über seine Lippen. »Fass!«
Der Hund fegte hoch. Im gleichen Augenblick schoss Dave Frost!
Der Förster erlebte alles, und er durchlitt die folgenden Sekunden im Zeitlupentempo. Er konnte es nicht fassen, aber es war eine Tatsache, die ihm präsentiert wurde.
Die Kugel traf den Hund während des Sprungs mitten im Kopf. Rowdy war nicht mal richtig hoch gekommen, als das Geschoss in den Schädel des Hundes eindrang und es zerstörte. Auch das linke Auge wurde zerstört. Ein fast menschlich anzuhörender Schrei drang aus der Schnauze des sterbenden Tieres, bevor es
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