1258 - Der Leichen-Skandal
Augen glänzten. »Ja, ich habe ihn gesehen. Und ich kann sagen, dass er uns allen überlegen ist. Ich weiß, dass er uns beobachtet. Er hat lange keine Nahrung mehr bekommen. Das wird sich bald ändern.«
»Für Ghouls sind nur Tote wichtig«, hielt ich dagegen und wollte ihn auch aus der Reserve locken.
»Na und? Sie glauben gar nicht, wie schnell Sie tot sein können. Der Ghoul ist mit allen Tricks vertraut. Wenn er keine Leichen in der Nähe hat, wird er sich welche schaffen. So einfach ist das. Und diese Rechnung geht immer auf.«
»Sie wissen gut Bescheid, Frost.«
»Ja, ich kenne mich aus.«
»Wie bei Partnern - oder?«
»Genau.« Seine Augen glänzten wie bei einem Menschen, der unter Fieber leidet. »Ich kann Ihnen sagen, Bulle, so leicht kommen Sie nicht raus. Und der Chinese auch nicht.«
Es war klar, dass er auf den Ghoul setzte, der hatte sich jedoch bisher nicht gezeigt, und so befürchtete ich, dass wir unter Umständen noch die Nacht abwarten mussten, denn ich hatte die Erfahrung gemacht, dass Ghouls oft in der Nacht unterwegs sind.
Suko kehrte von seinem Inspektionsgang zurück. Er zuckte mit den Schultern. »Von unserem Freund habe ich nichts gesehen.«
»Ja… und was hältst du von den Leichen? Ich meine, du hast sie dir ja genau angeschaut.«
»Er hat sie schon benutzt.« Suko deutete über die Schulter hinweg nach hinten. »Einige haben zumindest so ausgesehen. Die waren abgenagt bis auf die Knochen.« Er schüttelte sich.
»Wie sieht es denn mit einem Versteck aus?«, fragte ich. »Hast du in diese Richtung etwas entdeckt?«
»Nein. Es gab weder eine Höhle noch einen Zugang dazu, der mir auf gefallen wäre. Dabei denke ich schon, dass er sich an die Regeln hält und sein Versteck aufsucht.«
Es ärgerte mich, dass wir keinen Hinweis gefunden hatten. Deshalb fuhr ich Frost an: »Wo hält er sich auf? Sie müssen das wissen, wo Sie doch so etwas wie sein Partner sind.«
»Ich habe keine Ahnung.« Der Triumph in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Aber keine Sorge, er wird noch kommen. Ihr beide seid ein viel zu gutes Futter.«
»Manche Menschen sind unverdaulich«, erklärte ich ihm. »Bisher hat es noch kein Ghoul geschafft.«
Während ich sprach, hatte ich die Blickrichtung gewechselt. Jetzt war der alte Friedhof für mich interessant geworden. Er lag etwas tiefer, nicht allzu weit entfernt, und wir hatten von unserem Standort einen guten Blick auf die Gräber mit ihren Kreuzen und Steinen. Die beiden Frauen hielten sich auch weiterhin auf dem Gelände auf. Sie waren ahnungslos. In mir baute sich das Gefühl auf, dass wir sie vertreiben mussten.
»Zum Friedhof«, sagte ich.
Suko lachte leise. »Das hatte ich auch vorschlagen wollen.«
Bevor wir gingen, schaute ich Dave Frost an. Ich wollte sehen, ob er reagierte, aber sein Gesicht blieb ausdruckslos. Wir brauchten ihn nicht erst zu bitten, er ging von allein in Richtung Friedhof.
Der Weg war leichter, denn wir brauchten nicht bis zum Ende des Hangs gehen. Wir konnten auf halber Höhe bleiben und würden dann direkt auf den Friedhof von Wexham zugehen, der außerhalb des Ortes angelegt worden war.
Die gefesselten Hände behinderten den Mann beim Gehen. Er schwankte öfter und hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Aber er rutschte auf dem feuchten Boden nicht so weg, dass er hingefallen wäre.
Bäume gab es hier nicht mehr. Sträucher ragten kahl aus dem Boden hervor. Eine Mauer umgab den Friedhof nicht. Irgendwann hatte man einen Zaun um das Gelände errichtet. Die Längs- und Querstäbe hatten im Laufe der Zeit eine dicke Rostschicht angesetzt und sahen aus wie mit brauner Soße übergossen.
Nachdem wir die Hälfte der Strecke hinter uns gelassen hatten, konnten wir auf einem schmalen Trampelpfad weitergehen, der uns direkt bis zum Friedhof brachte.
Ein Tor gab es an dieser schmaleren Seite des Totenackers nicht. Da mussten wir schon nach vorn, zur breiteren hingehen. Von dort führte der normale Weg nach Wexham hinein. Er war breit genug, um auch mit einem Auto auf ihm fahren zu können.
Hier stand ein Tor offen. Die beiden Frauen hatten es nicht geschlossen. Sie standen auch nicht mehr an den Gräbern, sondern kamen uns entgegen.
Beide waren um die 70, trugen dunkle Mäntel und hatten die Riemen ihrer Handtaschen in die Armbeugen geklemmt. Als sie uns sahen, verlangsamten sie ihre Schritte. Die Kavalkade von drei Männern war ihnen wohl nicht geheuer.
Suko stellte sich so hin, dass er Frosts Körper
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