1261 - Blut aus dem Jenseits
war, der sie so reagieren ließ.
Natürlich stellte sie sich die Frage, wer die Gestalt war, die da auf dem Boden lag. Die Antwort war nicht wichtig, denn sie war nicht allein in dieser Wohnung.
Als Tina ihren Kopf nach links drehte und gegen die Seitenwand schaute, sah sie die zweite Person.
In dieser Ecke gab es kein Fenster, und deshalb war es dort recht schattig. So sah sie die Person erst bei genauerem Hinsehen.
Ihr Herz raste. Was da in der Ecke hockte und sich trotzdem ausgebreitet hatte, das war nichts anderes als ein Schatten. Sie suchte nach einem Vergleich und dachte - dabei an ein Zelt oder an eine weit gespannte Decke, in deren Mitte sich recht schmal eine Figur abmalte.
Tina konnte damit nichts anfangen, aber für sie stand einfach fest, dass sie in einen Albtraum hineingeraten war.
Er war ebenso unerklärlich wie der nackte Mensch auf dem Boden.
Sie wusste nicht, ob sie von den beiden Gestalten entdeckt worden war. Anzeichen gab es nicht dafür. Und deshalb blieb sie auch wie angenagelt auf der Schwelle stehen.
Der Nackte lag noch immer am Boden. Bestimmt hatte er zu viel Blut verloren und war gar nicht in der Lage, sich aufzurichten. Warum war das Blut durch den Boden und die Wände geflossen, und warum hatte es sich plötzlich mit einem Zischen aufgelöst?
Auf diese Frage erhielt Tina keine Antwort. Dafür nahm die Gestalt in der Ecke ihre Aufmerksamkeit in Anspruch, denn sie hatte sich plötzlich bewegt.
Tina sah das Zucken, dann hörte sie einen krächzenden und zugleich gezischten Laut, und sofort danach hob das Wesen ab.
Was sie dann sah, ließ sie fast an ihrem Verstand zweifeln. Sie konnte nicht glauben, dass es auf dieser normalen Welt so etwas gab. Höchstens in einem Horrorfilm, denn aus einem solchen schien das Wesen entsprungen zu sein.
Es war ein Vogel!
Nein, kein Vogel. Die Schwingen passten nicht dazu. Sie sahen ganz anders aus, denn sie waren zackig, und diese Art von Schwingen fand man bei einer Fledermaus.
Aber das war das Wesen auch nicht. Und wenn, dann eine Fledermaus, die pervertiert war. Obwohl sie so schnell flog, gelang es Tina, auch Einzelheiten wahrzunehmen.
In der Mitte und genau zwischen den beiden zackigen Schwingen sah sie die dürre Gestalt. Hier wurde der Albtraum wirklich zur Realität, denn dieser Körper bestand nur aus dunklen Knochen, die zudem von einer dünnen Haut und mit feinen Härchen bedeckt waren. Hände wie Krallen, Füße ebenso, und das Gesicht konnte als ein solches nicht bezeichnet werden. Es war einfach nur eine böse Fratze, wie sie sich ein Maskenbildner nicht schlimmer hätte ausdenken können.
In die Länge gezogen. Versehen mit einem großen Maul, in dem ein scharfes Gebiss schimmerte.
Hinzu kamen die kleinen rötlichen Augen, in denen die Gier nach Blut stand.
Dann war die pervertierte Fledermaus an Tina vorbei. Ihr Ziel war die helle und nackte Gestalt am Boden, die gesehen hatte, was auf sie zukam und sich mit einer glatten und Drehbewegung erhob, um die Fledermaus abzuwehren.
Beide prallten zusammen.
Schreie und zugleich krächzende Laute erfüllten die Luft. Im Nu entwickelte sich ein wilder Kampf zwischen den beiden unterschiedlichen Feinden.
Tina schaute hin, aber sie war nicht in der Lage auszumachen, wer von den Monstren gewann. Sie hatten sich ineinander verkrallt und auch verbissen. Sie schüttelten sich gegenseitig durch. Mit den scharfen Zähnen riss die Mischung aus Mensch und Fledermaus Stücke aus der Haut des Nackten.
Er spie sie aus. Sie klatschten zu Boden. Blut spritzte, dampfte auf, versickerte, und der Nackte wehrte sich mit dem Mut der Verzweiflung. Es gelang ihm sogar sich loszureißen und zurückzugehen.
Sofort setzte die Fledermaus nach.
Diesmal hätte der andere aufgepasst. Seine Hände schnellten vor, und die Finger legten sich um den dürren Hals der Schreckensgestalt. Das Schreien verstummte, als der andere zudrückte und gleichzeitig den Hals drehte, als wollte er den Kopf vom Körper reißen.
Die Fledermaus gab nicht auf. Sie schlug um sich. Ihre Schwingen wurden zu Waffen, die von zwei Seiten gegen den Nackten schlugen und ihn hart trafen. Er wurde durchgeschüttelt, er konnte seine Hände nicht mehr um den Hals gelegt lassen, und so ließ er die Fledermaus los, die sich sofort auf die neue Situation einstellte.
Diesmal griff sie nach dem Nackten. Er kam nicht weg. Er wurde in die Höhe gerissen, durchgeschüttelt und dann zur Seite geschleudert.
Die Fledermaus wuchtete ihn gegen die
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