1261 - Blut aus dem Jenseits
Erleichterung wahr, dass es keinen Verfolger gab.
Dann stürzte sie in ihre Wohnung hinein und wusste noch immer nicht so recht, ob sie die Szene geträumt oder real miterlebt hatte…
***
Tina Steene fand sich in ihrem Bett wieder. Sie lag auf dem Bauch wie der Nackte oben auf dem Speicher. Aber sie hatte das Gesicht zur Seite gedreht, um atmen zu können.
Durch den offenen Mund saugte sie die Luft ein und gab sie auch durch den offenen Mund wieder ab. Es war alles so schrecklich gewesen, und jetzt, wo die Stille der Wohnung sie umgab, kehrte sie allmählich wieder zurück in die Realität, die ihren Schrecken verloren hatte. Er war nicht mehr sichtbar, aber er steckte noch in ihrer Erinnerung und würde daraus auch nicht verschwinden.
Die normalen Gedanken kehrten zurück und sorgten dafür, dass sie sich abstemmte und auf die Knie kam.
Zuerst schaute sie nur nach unten. Sie sah zwischen den gespreizten Händen das Streifenmuster des Bettbezugs, aber es gab keinen Tropfen Blut darauf zu sehen.
Alles war so normal. Der kleine Raum, mehr eine Kammer, das winzige Fenster als Quadrat in der Wand, und sie merkte auch, dass sich auf ihrem Rücken ein Schweißfilm gebildet hatte, der inzwischen zu einer kalten Schicht geworden war.
Noch immer hatte sie das Gefühl, nicht allein im Raum zu sein. Aber es war wirklich nur sie selbst, die laut atmete und keine zweite Person. Danach war sie wieder in der Lage, sich zu bewegen. Die Starre wich von ihr, und sie strich mit der Hand über ihre Stirn, um dort den Schweiß zu entfernen.
Sie rutschte vom Bett, richtete sich auf und blieb mit zitternden Knien stehen.
Ihr Blick fiel auf das Fenster, und sie zuckte zusammen, weil sie Angst davor hatte, dass die Scheibe jeden Augenblick zersplittern und das Monster in das Zimmer eindringen konnte.
Es war eine schlimme Vorstellung für sie, die jedoch nicht in die Tat umgesetzt wurde.
Sie ging aus dem Schlafzimmer. Die Kleidung klebte auf der kalten Schweißschicht.
Im engen Flur blieb sie stehen. Auch jetzt wusste sie nicht, wie es weitergehen sollte. Sie schaute sich um, aber sie sah nichts, was auf einen Verfolger hinwies.
Tina hatte es überstanden. Zumindest die erste Begegnung. Tief in ihrem Innern baute sich schon jetzt die Furcht auf, dass es nicht die letzte gewesen war.
Das Wohnzimmer war nur geringfügig größer. Normale Möbel hatte sie nicht aufstellen können, so hatte sie sich für zwei schmale Sessel entschlossen, die einen gelben Stoff erhalten hatten, damit sie etwas größer wirkten.
In einem Sessel blieb sie sitzen und schaute auf den leeren Bildschirm des Fernsehers. Tina lebte allein. Sie wusste nicht, was sie machen sollte, aber ihr war klar, dass sie die Entdeckung nicht auf sich beruhen lassen konnte. Da musste etwas passieren. Davon mussten auch andere Personen erfahren.
Es kam ihr nur eine Lösung in den Sinn - die Polizei!
Dort musste sie anrufen und erklären, was sie erlebt hatte. Alles von Anfang an. Von ihrem Bad, vom Blut, das aus den Wänden und der Decke gelaufen war und von…
Sie unterbrach sich selbst durch ein hartes Lachen. Unsinn, es war alles Unsinn. Wer immer auch abhob, man würde sie auslachen oder für verrückt erklären. So etwas glaubte ihr niemand, und sie selbst hätte es auch nicht geglaubt, wenn eine Freundin es ihr erzählt hätte. Das wäre eher der Inhalt eines Films gewesen, denn die Wahrheit war einfach unerträglich. Die hätte sie höchstens einer Person erzählen können, die sie sehr gut kannte.
Aber sie gab es nicht. Jeder würde sie auslachen und sich über sie lustig machen.
Ohne zu einem Entschluss gekommen zu sein, stand sie auf und schaltete die beiden Wandleuchten ein. Tina wollte es in ihrer Wohnung so hell wie möglich haben. Nur dann könnte sie sich richtig wohl fühlen. So klein das Wohnzimmer auch war, es besaß trotzdem zwei Fenster. Hinter den Scheiben hatte sich die Dunkelheit ausgebreitet wie ein pechschwarzes Tuch, auf dem nur hin und wieder helle Lichtflecken wie Sprenkel zu sehen waren.
Sie nagte an ihrer Unterlippe. Tina wusste, dass sie zu einer Entscheidung kommen musste. Den fürchterlichen Vorgang konnte sie zwar nicht ungeschehen machen, aber sie durfte ihn auch nicht für sich behalten, und deshalb musste etwas unternommen werden.
Zuerst trank sie einen Whisky, und den direkt aus der Flasche. Es ging ihr nach dem Schluck psychisch zwar nicht besser, abgesehen von der Wärme, die sich in ihrem Körper ausbreitete, aber sie hatte
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