1261 - Blut aus dem Jenseits
nicht. Vielleicht war er ein Zwischending.
Wie auch immer, wir würden unsere Probleme bekommen, das stand fest. Die Reste wurden zusammengefegt und in dem Sarg verstaut. Fotos waren geschossen worden, der Arzt hatte nichts zu tun gehabt und war schon wieder gefahren.
Suko und ich verließen zusammen mit unserem Freund Tanner die Kirche. Der Chief Inspector sagte zunächst nichts. Erst als wir einige Schritte gegangen waren, schüttelte er den Kopf und übernahm das Wort. Sein erster Satz war eine Feststellung.
»In eurer Haut möchte ich nicht stecken. Was da geschehen ist, das ist nicht eben leicht aufzuklären. Ihr habt keine Spuren und ich frage mich, ob ihr mit eurem Verdacht etwas anfangen könnt.«
»Zunächst mal nicht«, sagte ich. »Der Tote hat auch keine Spuren hinterlassen. Wir wissen nur, dass er gejagt und auch gestellt wurde. Man hat ihn in die linke Halsseite gebissen, und das genau deutet auf einen Vampir hin. Bisher haben Vampire nur Menschen gejagt, denn deren Blut bedeutet Leben für sie. Was das hier allerdings sollte, das steht für uns in den Sternen.«
»Dann glaubt ihr nicht, dass in den Adern Blut geflossen ist?«
Ich schüttelte den Kopf.
Tanner stellte die nächste, sehr berechtigte Frage. »Was hat der Angreifer dann gesaugt?«
Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen. »Das möchte ich auch gern wissen.«
Wir hatten Tanners Wagen erreicht und blieben dort stehen. Unser Freund schaute auf die Uhr. »Ich muss wieder in meine Bude, Freunde. Wir bleiben in Verbindung.«
»Sicher«, sagte ich und schaute zu, wie er sich abdrehte. Tanner war sehr ruhig gewesen. Dieser Fall musste ihm an die Nerven gegangen sein. Vielleicht wurde er auch langsam alt.
»Was machen wir?«, fragte Suko.
Ich hob die Schultern. »Was schon? Wir können nach Hause fahren und nachdenken.«
»Schlafen kann ich nicht. Das hier hat mich aufgewühlt. Wer könnte seine Fäden ziehen?«
»Muss ich dir das noch sagen?«
»Eigentlich nicht. Es könnte einer unserer Freunde etwas Großes planen.«
»Oder eine Freundin!«
»Du denkst an Justine Cavallo?«
»Klar.« Ich nickte heftig. »Ihr traue ich alles zu. Sie geht neue Wege. Sie hat sich von van Akkeren zurückgezogen und sich auf ihre ureigensten Dinge besonnen. In der Vampirwelt fühlt sie sich wohl. Dort kann sie mit Mallmann kooperieren und sie ist eine Person, die sich nicht einfach damit zufrieden gibt, das Blut der Menschen zu trinken. Ich will es nicht beschwören, Suko, aber ich kann mir auch vorstellen, dass sie neue Wege sucht und auch findet.«
»Dann lass uns fahren.«
Ich hatte nichts mehr dagegen. Bevor ich in den Rover stieg, schaute ich noch einmal auf die Kirche und dachte darüber nach, dass wir die Gestalt in einer Kirche aufgespießt gefunden hatten.
Ein Vampir in der Kirche?
Das war unmöglich. Zumindest war es das mal gewesen. Doch darauf konnten wir uns nicht mehr verlassen. Die Entwicklung ging weiter und daran nahmen auch die Blutsauger teil. Sie waren so schlau und raffiniert geworden, dass sie sich immer etwas Neues einfallen ließen. Und damit wuchsen auch unsere Probleme.
»Diese Gestalt ist vor der Gefahr oder dem Verfolger geflohen«, sagte ich, als Suko anfuhr. »Und jetzt stellt sich mir die Frage, ob sie die Einzige gewesen ist.«
»Das bezweifle ich«, sagte mein Freund.
»Leider kann ich dir nicht widersprechen…«
***
Jemand lag flach und bäuchlings auf dem Boden. Es war ein Mensch, aber es war jemand, der keinen Fetzen Kleidung am Leib trug. Eine nackte Gestalt, die ihre Arme vorgestreckt und den Kopf leicht angehoben hatte, um in eine bestimmte Richtung zu blicken.
Das wäre nicht so schlimm gewesen, etwas anderes faszinierte und stieß Tina Steene zugleich ab.
Die Gestalt blutete, und das nicht nur aus einer Wunde. Überall wirkte der Körper wie aufgeschnitten, als hätte jemand mit einem kleinen Beil darauf herumgehackt.
Sofort dachte Tina an das Blut, das in der Etage darunter durch die Decke und die Wände gedrungen war und auch sie erwischt hatte. Es gab für sie keine andere Lösung. Es musste das Blut gewesen sein, das diese nackte Gestalt verloren hatte.
War sie tot?
Zumindest bewegte sie sich. Und Tina traute sich nicht, ihren Platz an der Tür zu verlassen. Sie wunderte sich nur darüber, wie ruhig sie noch immer blieb. Eigentlich hätte sie schreien und durchdrehen müssen, denn dieses Bild war einfach zu unnormal.
Aber sie blieb stehen, und es konnte durchaus sein, dass es der Schock
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