1261 - Blut aus dem Jenseits
es geschafft, sich zu einem Entschluss durchzuringen.
Sie wollte die Polizei anrufen! Egal, ob man sie für durchgedreht hielt, sie musste diesen Vorgang einfach melden und darüber mit Jemandem reden.
Im privaten Bereich hatte sie noch nie mit der Polizei zu tun gehabt, wohl aber im dienstlichen, wenn es um Steuersachen ging. Und da war sie mit den Leuten eigentlich immer gut ausgekommen.
Die Namen des einen oder anderen Beamten hatte sie vergessen, darüber ärgerte sie sich auch, aber es fielen ihr auch keine mehr ein.
So suchte sie sich die Nummer des nächsten Reviers aus dem Telefonbuch heraus und bekam plötzlich einen Schreck, als sich eine Männerstimme meldete.
Der Mann stellte sich als Sergeant Fraine vor und erkundigte sich nach dem Grund des Anrufs.
»Ich heiße Tina Steene. Ich möchte etwas melden und…« Ihre Stimme versagte, und darüber ärgerte sie sich.
»Bitte, Mrs. Steene, was wollen Sie melden?«
»Ein Monster…«
»Ha! Was bitte?«
»Ja, ich meine. Ich… ich… habe es gesehen.«
»Wo denn?«
Tina merkte, wie sie zu schwitzen begann. »Nicht in meiner Wohnung, da ist nur das Blut aus der Decke und den Wänden gequollen. Aber über der Wohnung, unter dem Dach. Da bin ich hochgelaufen und habe den Nackten gesehen…«
»Nicht das Monster?«, fragte der Sergeant mit ruhiger Stimme.
»Doch, doch, auch das!« Tina schlug mit der freien Hand mehrmals in die Luft. »Beide, verstehen Sie?«
»Nicht so richtig, Mrs. Steene, wenn ich ehrlich sein soll. Sie haben einen Nackten und ein Monster gesehen, das wollen wir mal fest halten. Ist das richtig?«
»Genau.«
»Und weiter?«
Tina hatte sich wieder etwas gefangen. »Beide haben miteinander gekämpft. Der Nackte und das Monster.«
»Interessant. Und wer hat gewonnen?«
Deutlich hörte Tina den Spott aus der Stimme, und das regte sie wieder auf. »Sie glauben mir nicht, wie?«, schrie sie in den Hörer.
»Nun ja, es fällt mir zumindest schwer.«
»Klar, ich weiß. Es ist auch Scheiße, was ich da sage…«
»Das habe ich nicht behauptet.«
»Aber es stimmt.« Sie schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich diese Scheiße rede, sondern das andere. Es hat den Nackten und das Monster gegeben. Das müssen Sie mir glauben. Über mir in der Wohnung, die leer steht. Sie haben gekämpft, und das Monster hat dem Nackten das Blut ausgesaugt. Es hat sich an dessen Hals festgebissen. Dann ist es mit ihm in die Höhe gestiegen. Unter der Decke…«
»Hatte es Flügel?«
»Wie… wie bitte?«
»Ob das Monster Flügel hatte?«
»Ja, stimmt. Es hatte Flügel oder Schwingen. Es war eine verfluchte Fledermaus…«
»Sind die nicht kleiner?«
»Ja, verdammt, die sind auch kleiner. Zumindest normal. Aber die hier war nicht normal. Die ist ein blutgieriger Vampir gewesen. Verstehen Sie jetzt, Sergeant?«
»Ha, Sie wollen mir also erklären, das Sie einen Vampir gesehen haben, Mrs. Steene?«
»Ja, so ungefähr. Aber keinen Vampir, wie man sie aus dem Kino her kennt. Es war kein Dracula-Typ. Es war nur eine überdimensionale Fledermaus, einfach grauenhaft. Sie hat sich an dem Nackten festgebissen und ist mit ihm bis an die Decke gestiegen. So und nicht anders hat es ausgesehen, Sergeant.«
»Wo passierte das?«
»Bei mir.«
»Pardon, Mrs. Steene. Ich dachte, Sie würden mir Ihre Anschrift durchgeben.«
»Pardon, ich bin noch immer durcheinander.«
»Kein Problem, wir kriegen das schon hin.«
Tina hatte das Gefühl, als würde der Polizist mit einer Irren sprechen. Es war auch fast unmöglich, was sie da sagte. Da mussten die Leute ja den Kopf schütteln. Sie gab ihre Anschrift trotzdem durch, und der Beamte war zufrieden.
»Und was werden Sie unternehmen, Sergeant?«
»Ich habe ihren Anruf auf Band aufgenommen. Da können Sie wirklich beruhigt sein.«
»Unsinn, das beruhigt mich nicht. Ich möchte, dass Sie herkommen und sich das ansehen, verstehen Sie?«
»Natürlich verstehe ich das, Mrs. Steene. Aber Sie müssen auch mich verstehen.«
»Wieso?«
»Ganz einfach. Im Moment sind alle Beamten unterwegs zu Einsätzen. Ich habe wirklich keine Leute frei.«
Fast wäre ihr der Hörer aus der Hand gefallen. Tina umklammerte ihn noch im letzten Augenblick.
Das Blut schoss ihr in den Kopf und rötete ihr Gesicht.
»He, sind Sie noch dran?«
Sie drückte den Hörer wieder gegen das Ohr. »Ja, ich bin noch dran. Aber Sie brauchen mir nichts mehr zu sagen, Mister.«
»Wieso?«
»Ich merke doch, dass Sie mir nicht glauben. Sie halten mich
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