1261 - Blut aus dem Jenseits
Straßen. Trotz der Unterhaltung waren die Beamten nicht unkonzentriert. Besonders Ted, der nicht fuhr, schaute immer wieder durch die Wagenfenster und suchte mit geschultem Blick die Häuserfronten oder die leeren Grundstücke ab, an denen sie vorbeifuhren.
Die Gegend nahm allmählich wieder einen wohnlichen Charakter an. Hier fanden sie auch ihr Ziel.
»Es ist die nächste Straße links«, erklärte Ted.
»Ja, ich weiß.«
Zuvor mussten sie noch anhalten, weil zwei ineinandergehakte Betrunkene die Straße überquerten.
Als die Männer den Polizeiwagen sahen, stoppten sie und verbeugten sich. Dabei wären sie fast hingefallen.
Ted schüttelte den Kopf. »Manche können es eben nicht lassen«, kommentierte er.
»Wieso? Gibst du dir nicht auch mal die Kanne?«
»Mehr ein Kännchen.«
»Das ist bei mir anders. Ich muss ab und zu mal einen richtigen Zug machen. Sonst merke ich nicht, dass ich noch lebe.«
»Wenn's dir Spaß macht, tue es, Mike.«
Er grinste. »Darauf kannst du dich verlassen.«
Ihr Gespräch endete, weil sie die Einmündung der Straße erreicht hatten. Sie fuhren langsam. Außerdem mussten sie noch nach der Hausnummer Ausschau halten.
Ted öffnete das Fenster an der Beifahrerseite. Er griff zum Scheinwerfer, um die Hausfronten ableuchten zu können, aber das Gerät wurde nicht eingeschaltet, denn es passierte etwas anderes, und das riss die beiden Beamten aus ihrer Ruhe.
Die Stille der Straße wurde zerrissen!
Der Schrei gellte auf, und Ted wusste sofort, dass er von einer Frau stammte, die in höchster Todesnot geschrieen hatte.
»Was war das?«, rief Mike.
Ted schleuderte die Lampe zurück in den Fond. »Los, fahr weiter! Das kam von vorn.«
Mike gab Gas. Er hatte von Action geträumt und gesprochen. Jetzt war sie zum Greifen nah.
Er schaltete das Fernlicht ein und verfolgte die helle Flut mit seinen Blicken. Sie holte das Pflaster aus der Dunkelheit hervor, sie strich über die an den Rändern geparkten Wagen hinweg, tanzte im Rhythmus des fahrenden Streifenwagens, und plötzlich hörte Mike einen Laut, wie er ihn von seinem Kollegen nicht kannte.
Aber irgendwie verstand er das Wort »anhalten« und stoppte.
Ted schleuderte schon die Tür nach draußen. Beim Aussteigen fingerte er nach seiner Waffe und Mike blieb noch für einen Moment im Wagen sitzen. Er wollte sehen, in was sie da hineingeraten waren und bekam große Augen, denn das Geschehen spielte sich auf seiner Seite und auf dem Dach eines geparkten Volvos ab.
Er wollte es nicht glauben. Es war einfach verrückt, aber es stimmte tatsächlich. Vor nicht ganz einer Minute noch hatten sie von Außerirdischen gesprochen, und was er jetzt zu Gesicht bekam, das passte irgendwie in das Gespräch hinein.
Auf dem Dach befand sich eine Frau in höchster Not. Bedrängt wurde sie von einem… von einem… Ihm fiel kein Vergleich ein zu dem Monster, das er da sah. Das war unglaublich. Das war kein richtiges Tier, das war kein Mensch, das war beides zusammen, eine grauenerregende Mutation, die dabei war, die Frau zu töten. So zumindest sah es im Licht der Scheinwerfer aus.
»Ach du Scheiße!«, keuchte er nur und sprang ebenfalls aus dem Wagen.
Mikes Kollege Ted hatte einen Vorsprung herausgeholt. Er musste noch einen Schritt gehen, um den Wagen zu erreichen. Seine Pistole hielt er in der Hand, aber er schoss noch nicht sofort. Erst sollte die Lage mit anderen Mitteln entschärft werden. Der Schuss war nur der letzte Versuch.
Mit einem letzten Satz sprang er auf den Kofferraum des Wagens. Er hörte das Dröhnen unter seinen Schuhen, dann brüllte er mit einer Stimme los, die ihm selbst fremd vorkam:
»Lass die Frau los!«
Er blieb auf dem Kofferraum stehen und zielte mit der Waffe auf das Geschöpf. Ted hatte es gesehen, doch er hatte es nicht richtig wahrgenommen, weil er auf die Frau fixiert war. Jetzt sah er, welch eine Gestalt die Frau bedrohte, und er verlor fast den Glauben an die Menschheit.
Dass er zitterte, dagegen konnte er nichts tun. Das war nun mal so bei einem Schock. Er hatte selbst in seinen schlimmsten Träumen noch niemals so ein Tier gesehen.
Tier?
War es überhaupt ein Tier?
Wenn ja, dann war es ein Wesen, das auf dieser Erde wohl nicht zu finden war. Ein Affe, ein Vogel, ein Hund mit langer Schnauze, da war eigentlich alles vereint. Eine schreckliche Fratze mit zwei besonders langen Zähnen, die aus dem Maul hervorstachen. Augen, die gelb und blutig zugleich aussahen. Haare auf einem dünnen, mit
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